Die Insel der Krieger
Schwierigkeit besteht darin, seine Antwort richtig zu deuten. Zudem könnte es geschehen, dass das Orakel dir Dinge über dich verrät, die du gar nicht wissen möchtest. Ich selbst befrage das Orakel nur dann, wenn es darum geht, einen neuen Krieger für ein Königreich zu wählen. Und wie du weißt, habe auch ich schon mehrfach die An t wort des Orakels entsetzlich fehlgedeutet. « Ja, das wusste Nalig. »Wo befindet sich das Orakel? « , fragte er, statt etwas über Kayas Verfehlu n gen zu sagen. »Tief in den Wäldern Kijertas«, antwortete die Göttin. »Ein weiterer Grund, weshalb ich diesen Ort selten aufsuche. Es ist nicht möglich, dorthin zu fliegen. Die Bäume sind zu dicht. « »Und wie weit ist es, wenn man zu Fuß geht? « »Das Orakel befindet sich genau in der Mitte zwischen dem nördlichen und südlichen Haupthaus des Tempels. Wenn du die Reise machen willst, wirst du sicher einige Tage unterwegs sein. Und du solltest dich vorsehen. Es ist leicht, sich in den Tiefen der Wälder zu verlaufen. Die Tiere in diesem Teil des Waldes sind außerordentlich groß und daran gewöhnt, dass man sie in Ruhe lässt. « Nalig wusste nicht recht, ob er sich auf diese Reise begeben wollte. Zurzeit wusste er nicht, was er überhaupt wollte. Doch gab es nichts, was er sonst tun konnte, als hier zu sitzen und auf den nächsten Angriff zu warten. Wenn er sich auf den Weg machte, um das Orakel zu befragen, hätte er wenigstens wieder eine Aufgabe. Und womöglich würde er tatsächlich ein paar Antworten bekommen. »Ich würde dir nicht dazu raten, wenn ich nicht den Eindruck hätte, dass dieses U n terfangen für dich von Nutzen sein kann«, erklärte Kaya. »Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, Ilia hier alleine zu lassen, solange das Grauen sein Unwesen treibt«, erwiderte Nalig. »Ich gebe dir mein Wort, dass dem Mädchen nichts geschehen wird, solange du fort bist. «
»Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass du alleine durch die Wälder streifst, solange das Grauen sein Unwesen treibt«, meinte Ilia, als Nalig ihr von seinem Vorhaben berichtete. Der Junge musste l ä cheln. »Ich werde mich vorsehen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Außerdem ist das vielleicht die letzte Möglichkeit zu erfahren, wo Stella ist. « Ilia war nicht glücklich. Doch sie wusste, dass sie Nalig nicht umstimmen konnte und dass es ungerecht wäre, es zu versuchen. »Wann wirst du aufbrechen? « »So bald wie möglich. Vielleicht schon heute. « »Versprich mir, dass du nicht gehst, ohne dich von mir zu verabschieden. « »Versprochen. « Nalig ging, um sich auf die Reise vorzubereiten. Er würde einige Nächte im Wald schlafen müssen. Daher packte er eine Decke und einige wetterfeste Kleidungsstücke zusammen. Seine Rüstung nahm er nicht mit. Er hatte nicht vor, sich mit dem Orakel zu duellieren und unnötiges Gepäck würde sein V o rankommen nur erschweren. Lina packte ihm etwas zu Essen ein. Obgleich Nalig inzwischen recht genau wusste, welche der Pflanzen, die Kijerta ihm bot, genießbar waren, hielt er es für klug, einen kleinen Vorrat mitzunehmen. Kaya erklärte ihm den Weg so gut wie möglich. Viele markante Punkte gab es im Wald nicht. »Du solltest dir gut übe r legen, wie du dein Anliegen in Worte fasst. Denn je präziser deine Frage ist, desto vager wird die Antwort des Orakels ausfallen. « Nalig bedankte sich und ging, um sich von Ilia zu verabschieden. Das Mä d chen kämpfte mit Mühe die Tränen hinunter. »Ich werde so schnell wie möglich zurückkommen. Ich bin nicht zum ersten Mal in Kijertas Wäldern und schließlich habe ich Merlin bei mir. « Ilia nickte mit ni e dergeschlagenen Augen. Nalig legte einen Finger unter ihr Kinn und hob ihren Kopf, bis sie ihn ansah. »Ich komme zurecht. Wirklich. Und du hältst dich von Kaninchen fern, die du nicht kennst, und passt auf euch beide auf. « Er ging vor Eldo in die Hocke, der neben Ilia stand. »Und du lässt sie keinen Moment aus den Augen. Besonders nachts nicht«, wies er den Wolf an und bemerkte, dass er tatsächlich ein wenig nach Lavendel roch. Eldo setzte sich auf die Hinterbeine und warf sich in die Brust. Nalig umarmte Ilia und holte dann sein Gepäck. Als er die Tür hinter sich schloss und sich zum Gehen wandte, hielt er inne. Er wollte wenigstens Zalari darüber in Kenntnis setzen, dass er für eine Weile fortging. Nalig klopfte an die Tür seines Freundes, doch es kam keine Antwort. Vorsichtig öffnete der Junge die Tür und spähte in das Zimmer.
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