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Die Insel der Krieger

Die Insel der Krieger

Titel: Die Insel der Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Manz
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das wusste Nalig, musste Stella sein. Er klappte den Spiegel beiseite und trat durch das Loch in der Wand. Tatsächlich war Stella dort. Sie lag am Boden, doch sie war nicht alle i ne. Jemand beugte sich über sie. Nalig trat näher und erkannte, dass es das Grauen war, das wieder seine Gestalt angenommen hatte. Doch als es den Kopf hob, sah Nalig, dass es ein Gesicht hatte – sein Gesicht. Es grinste ihn aus seinen Augen höhnisch an, und als der Junge aufsah und in einen der Spiegel blickte, sah er, dass es sein Gesicht war, das fehlte. Merlins Schrei ließ Nalig aus dem Schlaf fahren. Es dauerte nur einen Herzschlag, bis ihm klar war, dass er geträumt hatte. Dann e r kannte er, dass jemand bei ihm war. Neben ihm stand Stella. Ohne Gesicht und so nah, dass Nalig beinahe die Hand nach ihr ausstrecken konnte.
    Zalari machte häufig Rast auf seinem Weg durch Eda. Zwar drän g te die Zeit, doch mussten er und besonders Kir noch in der Lage sein zu kämpfen oder zu fliehen, wenn sie die Insel der Ferlah erreicht hatten. Kirs Flügel war auf dem Weg der Besserung, doch ihre Höchstform hatte sie noch nicht wiedererlangt. Zudem musste sie neben Zalari auch den Sack mit dem Kornblumenpulver tragen. Daher landeten sie hin und wieder, um sich etwas auszuruhen. In Eda brach gerade der Frühling herein. Die Sonne stand an einem wolkenlosen Himmel und es war ein warmer Tag. Zalari hielt sich fern von Städten und Dörfern. Er wollte nicht, dass irgendetwas seine Reise verzögerte. Die erste Rast machten sie in einem Wäldchen, das einen Tagesmarsch hinter Serefil lag. Zalari mochte die Landschaft Edas. Hier gab es weite Felder und Wiesen und die Wälder waren überschaubar. In seinem eigenen Königreich gab es vornehmlich Moor und finstere Kiefer n wälder. Zahllose Schauermärchen hatten sich allerorts die Mütter au s gedacht, um ihre Kinder von den Sümpfen fernzuhalten. Wahrschei n lich war eben das der Grund, weshalb Zalari mit seinen Freunden so viel Zeit dort verbracht hatte. Der Junge griff sich einen langen Ast vom Boden und benutzte ihn als Wanderstock. Kir lief neben ihm her, die langen Flügel unter den Bäumen eng an den Körper gelegt, und trug den Pulversack. Zalari nahm alles um sich her viel intensiver wahr als sonst: das Grün der Blätter, den Gesang der Vögel und die Wärme der Sonne hoch über sich. Blätter, Vögel und Sonne gab es auch auf Kijerta. Doch hier lag kein tiefer Zauber über allem und das verlieh der Umgebung eine gewisse Leichtigkeit. Alles wirkte einfacher und weniger bedeutsam und Zalari gelang es, den Gedanken zu verdrä n gen, dass dies womöglich die letzte Wanderung war, die er unternahm. Als er von Kijerta losgeflogen war, hatte auf Eda der Tag gerade erst begonnen. So kam es, dass schon um die Mittagszeit drückende M ü digkeit von ihm Besitz ergriff. »Was hältst du von ein wenig Schlaf? « , fragte der Junge seine Begleiterin, als sie über ein Tal hinweg flogen. Kir war einverstanden. Zalari wollte nur ungern mit einem aufgebrac h ten Bauern aneinandergeraten und so landeten sie auf einer Wiese, die niemand zu nutzen schien. Das Gras stand hoch und der einzige Weg, der an der Wiese entlang führte, sah nicht so aus, als würde er von großen Fuhrwerken befahren. Hinter ein paar Brombeersträuchern nahm Zalari Kir das Kornblumenpulver ab, sodass sie sich zurückve r wandeln konnte. Zalari legte seine Rüstung und sein Schwert ab. Let z teres behielt er in Reichweite und zog ein paar Brombeerranken dar ü ber, damit es nicht sofort zu sehen war. Gerade als sich der Junge niederlegen wollte, kroch Kir aus seinem Ärmel hervor, sprang auf den Boden und huschte aufgeregt ins Dickicht. »Kir«, rief Zalari ihr hinte r her. Es war nicht die Art des Drachen, einfach davon zu laufen. Der Junge bog Halme beiseite, doch der grüne, schuppige Schwanz war längst zwischen den Pflanzen verschwunden. »Lass den Unsinn. Wo steckst du, mein Mädchen? « Zalari suchte im Geiste nach seiner B e gleiterin, doch Kirs Verstand war völlig vor ihm abgeschirmt. Was konnte sie nur so aus der Fassung bringen und das in einer derart ernsten Lage? Diese Frage klärte sich bald, als Kir wieder aus dem Gestrüpp hervorkam, gefolgt von einer roten Echse gleicher Größe. Jeder andere hätte das Tier wohl für eine Eidechse gehalten, doch Zalari erkannte einen Drachen, wenn er einen sah. »Kir, wir haben jetzt wirklich keine Zeit für so etwas«, meinte Zalari halb tadelnd, halb belustigt. »Du solltest dich

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