Die Insel der Krieger
und Erde bröckelte zwischen den Wurzeln hervor. So sachte wie möglich arbeitete Nalig sich zu Arkas vor und stieß ihn sanft an. Er regte sich nicht. Doch Nalig sah, wie sich seine Brust unter zaghaften Atemzügen hob und senkte. Wenn er es schaf f te, Arkas auf seinen Rücken zu ziehen, könnte er vielleicht mit ihm an den Wurzeln hinaufklettern. Nalig packte den verdrehten Körper seines Freundes und versuchte, ihn hochzuziehen. Arkas’ linkes Bein hatte sich jedoch im Geflecht aus Wurzeln verfangen. Trotz aller Kraftanstrengung gelang es Nalig nicht, die Wurzeln herauszureißen. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und überlegte, ob er zurück zum Tempel laufen sollte, um Hilfe zu holen. Beunruhigt nahm er die zunehmende Dunkelheit um sich her wahr und auch das Blut, das von Arkas’ Fingerspitzen tropfte. Zurückzulaufen würde zu lange dauern. Verzweiflung umfing Nalig. Dann fiel ihm das Messer in seiner Tasche ein, das Jiro ihm geliehen hatte. Es dauerte nicht lange, bis Nalig damit Arkas’ Bein aus dem Klammergriff der Wurzeln befreit hatte. Ke u chend zerrte er den schlaffen Körper auf seinen Rücken und war au s gesprochen dankbar dafür, dass Arkas so leicht war. Mit einigen Schwierigkeiten schaffte Nalig es, den Abhang hinaufzuklettern. Sand und kleine Steine rutschten unter seinen Füßen weg und fielen lange, bis sie irgendwo in der Tiefe aufschlugen. Der Rückweg kam Nalig unendlich weit vor. Mit Arkas auf dem Rücken kam er nur langsam voran. Würde er den Wald nicht bald verlassen, wäre es zu dunkel, um hinauszufinden. Merlin kreiste um die Jungen und Nino, der während der ganzen Rettung musterhaft still gewesen war, wuselte hinter Nalig her. Gegen die Erschöpfung ankämpfend, schleppte der Junge sich und seinen Freund weiter. Er wusste, dass er keine Zeit verlieren dur f te. Arkas’ Blut durchnässte warm seine Kleidung. Eine gefühlte Ewi g keit später gelangte Nalig zu Miras Hütte. Nachdem er zweimal kräftig mit der Faust gegen die Tür geschlagen hatte, brach er unter seiner Last zusammen. Mira begriff rasch, was los war. Darüber war Nalig ausgesprochen dankbar. Im Augenblick fehlte ihm die Kraft für lange Erklärungen. Mit überraschender Leichtigkeit hob Mira Arkas von Naligs Rücken. Sie brachte ihn hinein und legte ihn auf ihrem Bett ab, während Nalig einfach vor der Tür auf dem Boden liegen blieb. Als er es schaffte, sich aufzurichten, war Mira schon fast damit fertig, Arkas zu versorgen. »Wie schlimm ist es? « , fragte Nalig, entsetzt über die Menge an Blut, die sich auf den Bettlaken ausgebreitet hatte. »Nicht so schlimm, wie es aussieht. « Mira wandte sich Nalig zu. »Und was fehlt dir? « »Gar nichts«, versicherte der Junge und hob abwehrend die Hä n de. »Setz dich«, befahl Mira. »Ich werde den Jungen über Nacht hie r behalten, um ein Auge auf ihn zu haben. Du wirst das hier trinken und kannst dann gehen. « Sie reichte Nalig einen Becher, in dem sie g e trocknete Blätter mit heißem Wasser übergoss. Nalig trank den Tee, der abscheulich bitter schmeckte, ihn jedoch auf sonderbare Weise wärmte und stärkte. Während er sich an den Becher klammerte, kon n te er den Blick nicht von Arkas abwenden. Er war so entsetzlich blass und ohne sein heiteres Lächeln wirkten seine Züge fremd. »Er wird wieder gesund. Aber er hatte Glück, dass du ihn so schnell gefunden hast. « Nalig wusste, dass die Kräuterfrau keine leeren Worte sprach, um andere zu beruhigen und hoffte daher inständig, dass sie Recht behielt. »Du solltest dich etwas ausruhen und den Affen nimmst du am besten mit. « Nino hockte am Fußende des Betts und wirkte ebenso erschöpft wie der Junge, der darin lag. »Ich glaube, Arkas würde ihn gerne bei sich haben, wenn er aufwacht«, wandte Nalig ein. »Mir würde es genauso gehen. « Er kraulte Merlin das Gefieder und stand auf. Mira widersprach nicht. Erst als er ein paar Schritte gegangen war, bemerkte Nalig, wie zittrig seine Beine sich anfühlten. Mit den Gedanken noch in Miras Hütte, erschrak Nalig entsetzlich, als er auf dem Gang zu seinem Schlafzimmer Zalari begegnete und er erschrak noch mehr, als er erkannte, dass dieser noch blutbeschmierter war als Arkas. »Was zum… « Zalari kam auf Nalig zu und trat in den Schein einer Kerze. »Keine Sorge, das ist nicht von mir«, beruhigte er ihn. Es dauerte eine Weile, bis Nalig seinen Schrecken überwunden und eingesehen hatte, dass Zalari unverletzt war. »Was ist geschehen? « »Es gab
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