Die Insel der Krieger
umkreiste den Jungen, während dieser förmlich in die Bibliothek stürmte. Hato, der mit einem Stapel Bücher in den Armen vorbeiging, musterte ihn verwundert. »Ich suche Mariks Tagebuch«, erklärte Nalig. Hato nickte und kam nach kurzer Zeit mit dem kleinen schwarzen Buch zurück. »Kann ich es mitnehmen? « »Wenn du es wieder zurüc k bringst. « Hato hatte gerade den Mund aufgemacht, um eine Frage zu stellen, als der Junge schon wieder verschwunden war. Lei der konnte er nur einen kurzen Blick hineinwerfen, da es längst an der Zeit war, sich im Innenhof einzufinden. Das Training zog sich quälend in die Länge, bis Nalig endlich G elegenheit hatte, mehr von Mariks Beric h ten über die Kämpfe vor 800 Jahren zu lesen. Dass er die Waffe b e rührt hatte, mit der Marik damals gekämpft hatte, machte die Berichte für Nalig beinahe greifbar. Von den Umständen, unter denen Marik zu seiner Waffe gelangt war, erfuhr Nalig zu seiner Enttäuschung nichts aus dem Tagebuch. Eigentlich hätte er es wissen müssen, dachte Nalig, denn offensichtlich beinhaltete das Buch Berichte über Mariks letzte Tage. Weshalb also hätte er dort etwas über den Silberweidenstab schreiben sollen? So führte Naligs Weg am Nachmittag wieder in die Bibliothek. Hato schrieb seine zahlreichen Besuche Naligs neu gewo n nener Begeisterung für Bücher zu und schien sehr erfreut. »Du kannst dir so viel Zeit lassen, wie du möchtest. Der Geschichts unterricht fällt heute aus. Stella und Zalari sind nicht hier. « »Davon wusste ich gar nichts. Beim Mittagessen war Zalari noch da. « Hato zuckte die Schu l tern und schreckte damit seine alte Krähe auf. »Soweit ich weiß, sind sie sehr überstürzt aufgebrochen. « Beunruhigt, doch in dem Wissen, dass er im Augenblick nichts tun konnte, machte Nalig sich auf die Suche nach Büchern, die Neuigkeiten über Marik versprachen. Da Marik über 2000 Jahre auf der Insel gelebt hatte und eine Menge über ihn geschrieben worden war, hatte er es schwer zu finden, wonach er suchte. In einem Buch, das ausschließlich von Mariks Jugend handelte, offensichtlich von einem Bruder Mariks geschrieben, stand schließlich alles was e r wissen wollte. Das ann ähernd 2000 Jahre alte Buch zerfiel beinahe zwischen Naligs Fingern und er hatte Mühe, die Schrift zu entziffern. Während Nalig las, saß sein Falke auf dem Fenstersims und überwachte seine Studien. Der Junge erfuhr, wie Marik im Alter von nicht einmal 100 Jahren seinem Begleittier Merlin das Leben gerettet hatte, indem er mit dem Ast einer Silberweide eine angreifende Wil d katze in die Flucht geschlagen hatte. Naligs Nackenhaare sträubten sich, als er las, wie Mariks Begleittier anschließend darauf bestanden hatte, dass er den Weidenast behielt. Der Junge musterte den Falken auf dem Fenstersims eingehend. Er war noch immer nicht sicher, was der Vogel bezweckte und wohin all das noch führen sollte, doch er beschloss, es herauszufinden. Neuerdings fühlte er eine seltsame Ve r bundenheit zu Marik, wann immer er dessen Namen las. Leider wurde an keiner Stelle erwähnt, was für ein Begleittier Marik hatte. Nur de s sen Name tauchte mehrfach auf. »Merlin«, murmelte Nalig und blickte seinen Falken an. »Was hältst du von diesem Namen? « Da sein Begle i ter offenbar so erpicht darauf war, ihn zu Mariks Nachfolger zu m a chen, weshalb sollte er sein Spiel dann nicht mitspielen? Der Vogel raschelte mit dem Gefieder und flog auf Naligs Schulter. »Dann werde ich das wohl als Zustimmung auffassen. « Er streichelte dem Vogel über den Flügel und las weiter. Mariks Bruder beschrieb, wie der junge Gott den Ast in jene Waffe verwandelt hatte, die nun oben in Kayas Zimmer lag. Den Rubin, der in den Stab eingelassen war, hatte Zari ihm einst zum Geschenk gemacht. Marik hatte stets beteuert, dass die Verbundenheit zu Zari und Merlin seine Waffe im Kampf so stark gemacht hatte. Ergriffen von diesen Worten, schnappte Nalig den Goldzedernast und eilte damit zur Schmiede. Jiro war gerade dabei, einen Schwertgriff zu fertigen und nahm Nalig kaum zur Kenntnis, als er in der Schmiede erschien. Der Junge hatte jedoch keine Lust, sich von dem griesgrämigen Mann abweisen zu lassen. »Ich sagte dir b e reits, dass es nicht möglich ist aus diesem Ast einen Bogen zu fert i gen. « »Darum geht es auch nicht«, entgegnete Nalig. »Kennt Ihr die Waffe eines Gottes namens Marik? « Der Schmied sah auf. »Selbstve r ständlich. Was soll die Frage? « Nalig zog den grünen
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