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Die Insel der Mandarine

Die Insel der Mandarine

Titel: Die Insel der Mandarine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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der Stimmung, seinen Scherz mit einem angemessenen Kichern zu honorieren.
Ich bezweifle, daß eine kaiserliche Audienz beeindruckender hätte sein können.
Ein Trompetenchor und ein dröhnender Trommelwirbel kündeten das Öffnen des
mächtigen vergoldeten Tores an, dann schritt ein zauberhaftes Wesen mit einem
goldenen Räuchergefäß vor uns her über einen Drachenläufer. Zu beiden Seiten
standen Soldaten in Uniformen aus rotem, perlenbesetzten Brokat Spalier, deren goldgesprenkelte Turbane mit dem Emblem des Doppelphönix
geschmückt waren. Die Wände des Audienzsaals waren mit Türkisen, Turmalinen,
Topasen, Malachiten und Opalen übersät, und auch vor ihnen standen Soldaten
aufgereiht: rote Rüstung und gelbes Banner mit grünem Drachen an der Westwand,
blaue Rüstung und weißes Banner mit gelbem Drachen an der Ostwand. Li die Katze
saß wie ein Kaiser auf einem Thron, der nach Süden blickte, und der Thron
zeigte wie der eines Kaisers auf der Rückenlehne das Muster der sieben
Edelsteine, und an den Armlehnen fünf Klauen. Der Eunuch selbst war allerdings
ganz schlicht gekleidet in ein rotes, mit Blumen und Sternen besticktes Gewand
und einen Hut mit einer einzigen geraden Feder, die einen Eunuchen des Kaisers
kennzeichnete. Wie es einem Mann geziemte, dem es erlaubt war, dem Kaiser
aufzuwarten, war sein Gesicht glänzend von Zeremonienseife, und sein Atem
duftete süß nach Hühnerzungen-Aroma, also Nelken. Der einzige Schmuck, den ich
an ihm entdecken konnte, war die Kristallphiole, die an einer goldenen Kette um
seinen Hals hing und seine konservierten Teile enthielt. (Kastration bedeutet
in China die vollkommene Entmannung, die mit einem speziellen Instrument, einer
kleinen Sichel ähnlich, durchgeführt wird, und die geschlechtslose Person
bewahrt ihre Organe auf, damit sie mit ihnen begraben und in der Hölle wieder
vollständig gemacht werden kann.) Als Meister Li nähertrat, ging ein
aufgeregtes Verneigen durch die Reihen der niederen Würdenträger, während Li
die Katze würdevoll vom Thron herabstieg und den Besucher mit einer höflichen
Begrüßung wie einen Ebenbürtigen empfing. Man konnte unmöglich den Charme
seines Lächelns übersehen, betont noch durch seine vollkommenen Grübchen,
dennoch bemerkte ich, daß das Lächeln seine Augen nicht erreichte. Sie waren
völlig ausdruckslos und so kalt wie Muscheln im ersten Mond. »Nun,
Hochgepriesener - meinen Glückwunsch zu der kürzlichen Beförderung -, wie steht
es mit Euren wissenschaftlichen Forschungen zur Kraft der quadratischen Löcher ?« erkundigte sich Meister Li, der sich mühelos der
höfischen Phrasen bediente.
    Mit quadratischen Löchern
meinte er natürlich Geld, und der Eunuch hob bescheiden seine unberingten
Hände. »Arme Schlukker und Prahlhänse sind gezwungen, Wolken herauszuwürgen und
Dunst auszuspucken, und da das Gold meine Finger immer noch meidet, bemühe ich
mich nach Kräften mit Nebel .« »Und kein Mensch im
ganzen Reich kann eine Sache besser vernebeln«, entgegnete Meister Li herzlich.
»Ich bin offensichtlich einem Irrtum aufgesessen, da man mir sagte, Ihr hättet
es mir gleichgetan und im Teegeschäft investiert .«
    »Ach, wirklich? Und wieviel
habt Ihr investiert ?« erkundigte sich der Eunuch
höflich.
    »Zu viel«, entgegnete
Meister Li. »Tatsächlich habe ich mir gerade überlegt, ob ich meine Anteile
nicht gegen einen entsprechenden Wert im Blumengeschäft eintausche, obwohl man
die Ware, wenn man Geld in Blumen anlegt, zuerst nach Läusen und anderem
Ungeziefer untersuchen muß. Es ist empörend, sich vorzustellen, wieviel
beschädigte Ware zum Verkauf geboten wird .« »Empörend
und dumm«, warf Li die Katze verständnisvoll ein. »Man hört immer wieder von
derartigen Dingen, dabei ist es eine wirklich törichte Geschäftspraxis!
Schließlich kann man für Blumen, deren Schönheit unbeeinträchtigt ist, einen
viel höheren Preis erzielen. Der Tauschhandel, an den Ihr dachtet, beinhaltet
keine weiteren Bedingungen ?«
    »Nein. Vorausgesetzt, die
Ware ist unbeschädigt«, erklärte Meister Li. »Vielleicht gebe ich sogar noch
einen Bonus zu, aus dem einfachen Grund, daß ich mich seit einiger Zeit für
gewisse ungewöhnliche Teesorten begeistere und einige Ideen zur Verbesserung
des Geschmacks habe.«
    »Es wird immer besser«,
sagte der Eunuch wohlwollend. »Der Geschmack, den wir bisher erreichen konnten,
ist nur einen Deut besser als grauenhaft .«
    Ich wußte nicht, was ich
davon halten sollte.

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