Die Insel der Mandarine
Schakal. »Gebt... mir... meine...
Augen... wieder.«
»Das ist die Grille. Seine
Hun-Seele hat sich verirrt«, flüsterte Hyäne. »Hörst du es nicht? Sie sucht
ihren Körper, nur haben wir ihm das alles abgeschnitten .«
»Warum konntet ihr den
Mistkerl nicht erwürgen !« rief einer der Männer.
»Hun-Seele, Hun-Seele«,
äffte Wildschwein verächtlich nach. Betont würdevoll erhob er sich und nahm
seine Armbrust zur Hand. »Hört zu, ihr unwissenden Affenärsche, die Hun-Seele
hat ihren Sitz in der Leber, und wir haben die Leber der Grille nicht
angerührt. Ich habe die Lunge des Miststücks herausgeschnitten, und es
ist die niedere Seele, die in der Lunge beheimatet ist, und wenn ihr
euch einbildet, daß ich vor der Seele einer solchen Laus Angst habe...«
»Gebt... mir... meine...
Lunge... wieder.«
Hyäne und Schakal machten
Anstalten, sich davonzustehlen, doch Wildschwein gebot ihnen Einhalt und
sammelte seine Männer um sich.
»Tot oder lebendig, die
Grille hat nicht mal so viel Mumm in den Knochen wie ein Spatz !« rief er. »Kommt schon, Leute, wir geben diesem Miesling
etwas, worüber er wirklich jammern kann !« Er riß eine
Fackel von der Wand und stürmte dann zur Tunnelöffnung. Nach kurzem
unentschlossenem Zögern folgten ihm Hyäne, Schakal und die übrigen
Mordgesellen, die sich mit Johlen und Fluchen Mut zu machen versuchten und mit
ihren Dolchen in der Luft herumfuchtelten. Als sie im Tunnel verschwanden,
hallten ihre Rufe nach: »Zeig dich, du Feigling !« und:
»Wir jagen deine wurmzerfressene Seele bis nach Tibet!« Das Sirren und
Aufschlagen eines Armbrustbolzens ließ ahnen, daß ihnen die Phantasie Bilder
vorgaukelte, auf die sie schössen. Meister Li brummte zufrieden vor sich hin,
während er aus seinem Versteck hervortrottete und durch das Höhlengewölbe zu
der rückwärtigen Tür ging. »Es würde mich nicht wundern, wenn sie weiterlaufen,
bis sie auf der Insel sind !« bemerkte er erfreut.
Das alchimistische Labor
schien unverändert, aber daran war Meister Li jetzt nicht interessiert. Er ging
zielstrebig zu einer gegenüberliegenden Tür, und als er sie öffnete, blickten
wir in einen langen Gang, in dem sich zu beiden Seiten kleine Erker befanden,
die als Arbeitsplätze dienten.
»Ochse, Yen Shih, ich
kannte Ma Tuan Lin und seine Arbeitsweise, ich werde also die Suche
übernehmen«, sagte Meister Li. »Ihr beide geht zurück in die Haupthöhle und
haltet Wache, auch wenn ich unsere Freunde so schnell nicht zurück erwarte .« Einige Minuten später standen wir in der Mitte der Höhle
und betrachteten die Kisten. Wir waren sicher, daß uns die Stimmen, die
Schritte und das Fackellicht rechtzeitig vor der Rückkehr der Mörderbande
warnen würden, als plötzlich ein Klicken und gleich darauf Schritte zu hören
waren. Bevor wir uns verstecken konnten, kam aus einer Tür, die wir nicht
gesehen hatten, ein anderer Haufen finsterer Gestalten. Sie blieben wie
angewurzelt stehen und starrten uns an. Ihr Anführer war dunkelrot vor Wut und
Blutgier. Er riß den Mund auf, um seinen Männern etwas zuzubrüllen, dann faßte
er sich mit einem Gurgeln an die Kehle und stürzte zu Boden.
Yen Shih hatte, bevor ich
mich überhaupt bewegen konnte, blitzschnell eine Armbrust, die am Tisch
zurückgelassen worden war, an sich gerissen, angelegt, gezielt und geschossen.
Da es keine weiteren Bolzen für die Waffe gab, schleuderte Yen Shih sie nach
einem der Männer und nahm dann eine Fackel in die eine und seinen Dolch in die
andere Hand. Mittlerweile hatte ich auch eine Fak-kel gegriffen, aber dann
waren die Ganoven auch schon über uns.
Ich kann besser mit einer
Keule umgehen als mit einer Waffe, die besondere Fingerfertigkeit erfordert,
und ich schlug und drosch mit meiner Fackel recht wirkungsvoll um mich, aber
die anderen waren in der Überzahl, und wenn Yen Shih nicht gewesen wäre, hätten
sie uns ganz sicher den Garaus gemacht. Wie ein Wirbelwind hieb der
Puppenspieler eine Schneise des Todes durch die Bande, dann brachte er mit
einem Fußtritt Stapel Kisten zum Einsturz, um den Rest an unserer Verfolgung zu
hindern. Eine Kiste brach auf, und Tausende kleiner harter Plättchen des
falschen Tri-but-Tees fielen auf den Boden. Während die Kerle darauf
ausrutschten und schlitterten, machte der Puppenspieler auf dem Absatz kehrt
und preschte zwischen ihnen hindurch wie das Transzendentale Schwein im
Blutrausch. Die Überlebenden, die unter Entsetzensschreien davonstoben,
gerieten
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