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Die Insel der Mandarine

Die Insel der Mandarine

Titel: Die Insel der Mandarine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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geschlossen und den Riegel vorgeschoben
hatte, hörten die Schwerter auf, sich zu beklagen.
    »Und, haben sie Teufelshand
verziehen ?« fragte Meister Li, als ich wieder unten
ankam.
    »Ja, Meister. Sie sagen,
daß die Umstände seiner Entgleisung außergewöhnlich waren und daß sie keinen
Protest mehr erheben werden«, antwortete ich.
    »Buddha sei Dank«,
flüsterte der Scharfrichter. Er schüttete einen halben Liter Alkohol in sich
hinein, dann öffnete er den nächsten Krug. »Damit habe ich nur einen Dämon vom
Hals, Kao. Es gibt noch andere«, fuhr er düster fort.
    »Ja. Zum Beispiel das dumme
kleine Dienstmädchen. Lautete das Urteil auf Langsamer Hieb ?«
    »Was für eine Welt, Kao,
was für eine Welt«, murmelte Teufelshand. »Langsamer Hieb ist kein Scherz, und
dazu mußte ich noch diese drei Tiere als Zuschauer ertragen. Die Hundesöhne
haben gekichert und gealbert, als wären sie auf dem Jahrmarkt, aber ich habe
sie trotzdem drangekriegt. Nach den ersten paar Sekunden hat das arme Mädchen
nichts mehr gespürt, und sie haben den Unterschied gar nicht gemerkt .«
    Yen Shih hatte schweigend
und reglos zugehört. Jetzt hob er mit einem Ruck den Kopf. »Du hast die Blase
benutzt ?« fragte er. »Verdammt richtig«, erwiderte der
Henker.
    »Braver Mann«, sagte
Meister Li. »Erklär es Ochse. Er hat Fragezeichen in den Augen .«
    »Ich werde noch mehr tun .« Teufelshand richtete sich torkelnd auf, wühlte in einer
Schublade und zog etwas hervor, das aussah wie eine Schweinsblase, die an
manchen Stellen eigenartig verknotet war. Er klemmte sie unter den linken Arm.
Seine rechte Hand zuckte, und wie durch Zauberei hielt er plötzlich ein Schwert
darin. Wieder ein Zucken, und die Klinge war verschwunden. »Der Scharfrichter lenkt die Aufmerksamkeit der Zeugen für eine
halbe Sekunde ab, und das Opfer hat ausgelitten«, erklärte er mit feierlich
belehrender Stimme, die vom Alkohol leicht vernuschelt war. »Die
    Zeugen merken den
Unterschied nicht, weil der Scharfrichter den Heulbalg unter dem Arm hat. Und
wenn er den nächsten Langsamen Hieb ausführt...«
    Selbst Meister Li und der
Puppenspieler zuckten zusammen, obwohl sie auf das, was jetzt kam, gefaßt
waren. Ich sprang fast an die Decke, als erst ein gräßlicher Schrei, dann ein
zweiter mir das Trommelfell zerriß.
    »Kurzes, schnelles Pressen
bei einem Mann, langsames, allmähliches Pressen bei einer Frau«, erklärte
Teufelshand. »Ich will euch ein Geheimnis verraten. In den zehn Jahren habe ich
bei Langsamer Hieb ausnahmslos den Heulbalg benutzt, ob mich die Familien
bestochen haben oder nicht .«
    »Du machst deine Arbeit
großartig, sei's mit dem Schwert, mit der Blase oder sonstwie«, sagte Meister
Li. »Ich beklage mich gewiß nicht, aber wenn es dir nichts ausmacht, würde ich
gern einen Blick auf den Hinrichtungsbefehl werfen .«
    »Warum sollte es mir etwas
ausmachen? Es ist, wie ich schon sagte, Kao: die Welt ist verrückt geworden.
Alle sind wahnsinnig, und das hier ist der Beweis dafür, selbst wenn es sonst
keinen gäbe .«
    Er kramte in einer anderen
Schublade und warf Meister Li ein amtliches Dokument zu. Der Weise hielt es ans
Licht und betrachtete es lange. Dann faltete er es zusammen und gab es zurück.
»Mein Freund, ich bin drauf und dran, mich deinem Urteil über den
Geisteszustand der Welt anzuschließen«, sagte er. »Ich möchte mich mit einem
bedeutenden Herrn unterhalten, und habe mir auf dem Weg hierher sogar die Mühe
gemacht, ein Dokument zu entwerfen, um der Sache einen amtlichen Charakter zu
geben. Du kannst es deiner Sammlung von Verrücktheiten zufügen .« Er zog ein Papierstück aus dem Gewand und reichte es dem
anderen. Teufelshand starrte es an, als hätte er eine Kobra vor sich. »Das kann
nicht dein Ernst sein .« »Aber ja doch.«
    »Kao, ebensogut könntest du
die Schwarze Pest zum Tee einladen! Oder ein Bad in siedendem Öl nehmen! Ich
bin Scharfrichter, Kao. Das ist mein Beruf, und ich mache meine Sache gut, aber
ich werde bleich, und meine Knie zittern, wenn ich dieses Ungeheuer...«
»Würdest du jetzt bitte ?« unterbrach Meister Li ihn,
indem er seiner Stimme einen leichten Anflug von Autorität gab. Teufelshand
drehte sich um und torkelte zur Tür hinaus. Während er den Gang
hinunterstapfte, hörte ich ihn brabbeln: »Verrückt! Die ganze verdammte Welt!«
Meister Li wandte sich an den Puppenspieler.
    »Yen Shih, ich hielte es
für eine gute Idee, wenn du dich darum kümmern würdest, wo sich deine

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