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Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Mitarbeiter nicht gefährdet werden sollten.
    Aber am Ende dieser Woche hatten wir vollständige Klarheit in der Einschätzung aller bisherigen Vorgänge erreicht, verfügten über mehrere Varianten für die Zukunft, kannten die kritischen Punkte, an denen es für uns darauf ankam, die Reaktion des Gegners schnell zu erfahren und unsererseits schnell und richtig darauf zu reagieren – und hatten vor allem das sichere Gefühl erreicht, daß wir, wie schon gesagt, gut gerüstet waren. Gut gerüstet auch ich: mit einem Spielgerät, an dem wir jede auftretende Situation durchrechnen konnten. Ich sage trotzdem: das sichere Gefühl, weil der Kampf eben nicht nur Verstandssache ist. Richtige Entscheidungen zu treffen ist sicher keine Kunst und mit reiner Gedankenarbeit möglich, wenn man genügend Zeit und alle nötigen Informationen hat. Je weniger diese Voraussetzungen zutreffen, um so höher wird dabei der Anteil eines, ich möchte mal sagen, kämpferischen Grundgefühls. Das ist freilich nicht in dem Sinne ein Gefühl wie Lust, Freude, Mut oder Ärger. In diesem Gefühl fließt alles zusammen: Erfahrung, Verantwortung, Kühnheit, Vorsicht, das Wissen, daß man sich auf die anderen und auf sich selbst verlassen kann, Selbstsicherheit bei gleichzeitiger Offenheit gegen jede Anregung von anderer Seite – es ist, glaube ich, ein Gefühl, das die Grundsubstanz jedes echten Selbstbewußtseins darstellt.
    Das sachliche Ergebnis dieser Selbstkontrolle war ein Zeitplan. Er ging davon aus, daß am 21. August die Abnahme der Storos durch eine Kommission des RGW und am nächsten Tage die Überführung in die Pilotanlagen erfolgen sollte. Das war allerdings eine Absprache, die bisher nur an der Spitze bekannt war – offiziell wurde zunächst der bisher angesteuerte Termin beibehalten, der 31. August, der auch dem Gegner bekannt war – dafür hatte Dr. Krause am letzten Wochenende vor der »Urlaubssperre« gesorgt.
    Unsere Absicht war, am 15. August dem Gegner den neuen Termin zukommen zu lassen, um ihn zu hastigem Reagieren zu veranlassen und ihn zu zwingen, seine Pläne zeitlich schnell zu ändern. Dazu brauchten wir natürlich einen neuen kontrollierten Kontakt. In Frage kamen dafür jetzt nur noch die Mitarbeiter, die in der Nähe wohnten, also die INSEL verlassen konnten. Herta Naumann und Sylvia Wagenführ, unsere Köchin und unsere Raumpflegerin, hatten sich bereit erklärt, uns zu helfen. Sie würden abends und an ihren freien Tagen in den beiden Ferienheimen, in denen notorischer Mangel an Arbeitskräften herrschte, beim Bedienen aushelfen und dabei einige wohlabgestimmte Bemerkungen fallenlassen. Bei der Neugier, die die INSEL sowieso in der ganzen Gegend hervorrief, konnten wir damit rechnen, daß diese Bemerkungen in Windeseile die Runde machen und dabei auch den Gegner erreichen würden, der es sich seinerseits sicher nicht nehmen lassen würde, bei beiden Kolleginnen selbst ein bißchen zu horchen. Hier zahlte sich aus, daß wir alle bisherigen Kontakte so gehandhabt hatten, daß der Gegner nie nachweislich Falsches, aber mehrmals nachweislich Richtiges erfuhr.
    Wir würden also den Gegner zuerst auf die zweite Augusthälfte orientieren – das war schon geschehen – und ihn dann zwingen, schon bis zum 21. zu handeln. Beide Endtermine, den vorgeblichen und den tatsächlichen, wollten wir dadurch sichern, daß wir eine Verstärkung der Wache durch Bereitschaftspolizei ankündigten – die beiden Kollegen sollten über die viele Arbeit stöhnen, die sie dann erwartete. So würde der Gegner gezwungen werden, am 17. 18. oder 19. August zu handeln.
    Unsere Berechnungen hatten nämlich ergeben, daß der Gegner erst losschlagen konnte, wenn die Delegation bereits unterwegs war und von uns nicht mehr unter irgendeinem Vorwand abbestellt werden konnte. Es war für den Gegner unwahrscheinlich, daß es ihm gelingen würde, gleichzeitig bei allen drei Storos eine Katastrophe hervorzurufen, und so hätten wir bei einem früheren Zeitpunkt immer noch aufräumen und nur zwei Storos vorstellen können.
    Natürlich war das alles noch bis in viele Feinheiten durchkalkuliert. Dutzende von Einzelheiten hatten wir ersonnen, die dem Gegner das alles bestätigen sollten, ohne ihn aber durch allzu leichte Zugänglichkeit mißtrauisch zu machen und den Verdacht einer Falle zu erwecken.
    Unser größtes Problem war, rechtzeitig die Mannschaft des Gegners kennenzulernen. Von seinen jetzigen Leuten kannten wir sieben, und alle zwei bis drei

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