Die Insel der Roboter
zu Boden.
Wir hoben den Stöhnenden wieder auf und schoben ihn in eine Ecke. Dann sagte Horst: »Du aktivierst jetzt den Storo, und wir lassen die beiden eine Stunde allein. Soll er ein bißchen mit ihm spielen.«
Ich ging zu dem Modell, machte hinter seinem Rücken ein paar sinnlose Handgriffe und richtete es so ein, daß die Arme, die sich ja in ausgewogenem Gleichgewicht befanden, sich hin und her bewegten.
Horst hatte richtig kalkuliert. Der Gefangene öffnete den Mund und sagte heiser: »Ich will aussagen.«
Wir brachten ihn in den Wachraum des Stollens zurück, gaben ihm Schreibmaterial und empfahlen ihn der Obhut des Wachmanns. »Schreiben Sie alles auf – Namen, Lebenslauf, Verbindungsleute, Auftrag und so weiter – wir werden alles überprüfen.«
Als wir an der frischen Luft waren, sagte Horst Heilig: »Pfui Deibel so was, mir ist richtig übel.«
»Mir nicht«, sagte ich, »ich dachte an den Ingenieur.«
»Ich auch«, brummte Horst Heilig. »Eigentlich wollte ich nur sehen, ob er an bestimmten Orten bestimmte Reaktionen zeigt, und daraus Rückschlüsse ziehen. Hast du auch bemerkt, daß er sich sträubte, weiter in den Stollen zu gehen? Da kam mir die Vermutung, er könnte sich vor den Storos fürchten, und die wurde Gewißheit, als wir in die Kammer kamen.«
»Trotzdem verstehe ich das nicht!«
Horst Heilig zuckte mit den Schultern. »Ein Opfer der eigenen Propaganda. Du hast doch diese ganzen Flugblätter und Traktätchen gelesen, die Sensationsmeldungen der Revolverpresse – für uns ist das natürlich blühender Unsinn, aber solche Leute… Er hat doch von Technik keine Ahnung, anscheinend kommt er aus dem Profisportgeschäft, ein halber Gangster oder auch ein ganzer… Für die Dreckarbeit brauchen sie eben solche Leute.«
Aus dem Geständnis und den folgenden Vernehmungen erfuhren wir endlich, wer die zentrale Figur auf dem Zeltplatz war: der stellvertretende Platzwart. In den nächsten drei Tagen stellte der Gegner sich tot, aber dann schien er doch auf unseren Trick mit dem Rettungswagen hereingefallen zu sein – dieser Platzwart nahm Verbindung zu verschiedenen neuen Ankömmlingen auf, und wir hatten bald eine Liste des Trupps zusammen, der offenbar dazu ausersehen war, die INSEL zu überfallen. Wir bestärkten den Gegner in seiner Sicherheit, indem wir durch Sylvia Wagenführ und Herta Naumann das Gerücht verbreiten ließen, es sei bei uns ein Agent gefaßt worden, aber er habe sich vergiftet.
Dumpfes, leises Rollen kündete mehrmals am Tage von Antons Arbeit. Der Storo verrichtete, freilich unter Benutzung relativ veralteter Maschinerie, bergmännische Arbeiten unter hohem Druck und hoher Temperatur. Die Maschinerie war hierbei ziemlich gleichgültig, da es bei Anton – im Gegensatz zu den anderen beiden – nur auf den Test der Bedingungen ankam. Anton trieb eine Strecke vor: Er bohrte ab, besetzte, schoß, beräumte – und begann den ganzen Zyklus von vorn.
In der letzten Zeit hatten wir weder mit Anton noch mit den anderen irgendwelche Sorgen gehabt, und deshalb hatte ich mich ganz der anderen Seite meiner Arbeit widmen können und war nur noch selten im Stollen gewesen.
Eines Tages aber kamen Doktor Krause und der Parteisekretär zu mir.
»Was gibt’s denn«, fragte ich, »macht Anton Ärger?«
»Er leistet zwanzig Prozent mehr, als veranschlagt«, sagte Sepp Könnecke.
»Aber das ist doch erfreulich!« rief ich.
»Ja«, meinte Doktor Krause, »unerfreulich ist bloß, daß wir nicht dahinterkommen, wieso. Sie haben doch auch immer gute Einfälle. Wir dachten, daß wir vielleicht den Beirat hinzuziehen, es muß ja nicht heute sein…«
Nun war ich zu diesem Zeitpunkt mit einigen unerhört kniffligen Problemen der gegnerischen Strategie beschäftigt, für deren Lösung ich alles aus mir und aus dem Gefechtsleitgerät herausholen mußte. Sie waren militärischen Vorgängen soweit analog, daß man sie auf dem GLE-Gerät behandeln konnte. Aber bei jedem einzelnen Schritt mußten Wahrscheinlichkeiten berechnet werden, über die nur Spezialisten Auskunft geben konnten, so daß sich Horst und Werner beinahe zu Laufburschen für das Gerät entwickelten. Unter diesen Umständen war es sehr schwer für mich, ein paar Stunden zu opfern – sollte ich mir sagen lassen: Uns jagst du in der Gegend herum, und du selbst verdrückst dich zu den Storos?
Ich bat also, man möge den Beirat einberufen, aber diesmal auf meine Mitwirkung verzichten.
Meine beiden Besucher schieden etwas
Weitere Kostenlose Bücher