Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
ich, sah zu mir auf, strahlte mich an und flüsterte: »Ein bißchen Manschetten hab’ ich ja doch!«
    Ich küßte sie leicht aufs Ohr und raunte: »Na irgendwo muß ja hier unser unbekannter Freund und Helfer sitzen, dir kann also gar nichts passieren.«
    »Das meine ich nicht«, flüsterte sie und rieb ihre Wange an meiner. »Ich meine, wenn deine Frau kommt!«
    »Ist doch alles besprochen und abgemacht!« tröstete ich sie.
    »Ja, schon«, meinte sie gedehnt.
    »Wir wollen uns lieber bemühen, noch besser zu schauspielern«, meinte ich, »damit unser Freund Gutes zu berichten hat.«
    Ich drückte sie fester an mich, ohne Widerstand zu spüren. »Andere werden auch berichten!« flüsterte sie und blickte über meine Schulter.
    Ich suchte das Ziel, das sie angesehen hatte. Gerda Sommer beobachtete uns sehr aufmerksam.
    »Das ist eben der Preis. Ist er dir zu hoch?«
    Sie sah mich prüfend an, hob ganz leicht die Augenbrauen und schüttelte dann den Kopf.
    In den Tanzpausen unterhielten wir uns mit den anderen, tranken und aßen auch etwas, aber ich ließ keinen Tanz aus. Ich muß zu meiner Schande gestehen, ich war nicht der brechtsche Schauspieler, der neben seiner Rolle stand, ich wuchs vielmehr zunehmend in die Rolle hinein, und Nora ging es ebenso. Ihre Augen waren blank, ihr Tanz wurde immer leichter, schwebender, wir unterhielten uns beim Tanz auch nicht mehr über unseren Auftrag, nur einmal, gegen zehn, sagte sie: »Nun muß deine Frau aber bald kommen, sonst geht etwas schief!«
    Und sie kam. Mit einem Regenschirm, den ich gar nicht kannte, den sie sich eigens für diesen Zweck gekauft haben mußte. Sie stand am Rande der Tanzfläche und musterte uns mit einem eigentümlichen Ausdruck im Gesicht. Sie arbeitete sich zu uns durch, nahm mich am Kragen, haute mir mit dem Schirm über den Kopf, rief: »Das ist also deine wichtige Konferenz!« gab mir noch eine Ohrfeige und zog mich hinaus. Ich ließ alles mit mir geschehen, ein versteckter Blick zeigte mir, daß unser Auftritt zwar keine Sensation hervorgerufen hatte, aber doch bemerkt worden war. Als wir im Auto saßen, stöhnte ich: »Deine Ohrfeige war echt!«
    »Du hast ja deine Rolle auch echt gespielt!« sagte sie schnippisch. Einen Augenblick lang sahen wir uns böse an und brachen dann in lautes Gelächter aus.

5
    Nihil sine causa fit, sagten die alten Römer, nichts geschieht ohne Grund, und das ist zweifellos ein Naturgesetz. Aber man kann den Satz auch umdrehen: Nichts geschieht ohne Folgen. Und wenn es auch vielleicht kein Naturgesetz sein mag, so geschieht es doch recht häufig, daß die wesentlichen, wichtigen Folgen weniger Arbeit und Ärger machen als die Nebenwirkungen, die so eine Sache hervorruft.
    Wenn der Leser nach dieser Einleitung nun allerdings eine Liebestragödie erwartet, muß ich ihn enttäuschen. Die Dreiecke haben bei den Storos eine große Rolle gespielt – hier gibt es keins. Das wichtigste war zunächst, daß die Komödie nach meinem unrühmlichen Abgang planmäßig weitergelaufen war. Es war der Kubaner, der Nora an seinen Tisch holte, und sie brachte das Begriffspaar selektiv-seriell an den Mann – oder vielmehr an die Tischrunde. Ob wir damit unser Ziel erreicht hatten, das blieb allerdings abzuwarten.
    Aber eine andere Folgeerscheinung, mit der wir, ehrlich gesagt, nicht gerechnet hatten, zwang uns zu einem Kompromiß, der im ersten Augenblick gewagt erscheinen mochte, sich aber später doch positiv auswirkte – wie jeder richtige Kompromiß.
    Als ich an einem der nächsten Tage in unser Arbeitszimmer kam, machte Horst Heilig ein finsteres Gesicht.
    »Eben war der Parteisekretär bei mir«, berichtete er. »Die Parteileitung hat ihn und Doktor Krause beauftragt, eine Aussprache mit Ihnen und Nora zu führen, wegen unserer Szene auf dem Ball. Er hat mich auch dazu eingeladen. Wir müssen festlegen, wie wir uns verhalten.«
    »Den Kopf senken und die Prügel einstecken«, schlug ich vor.
    »So einfach ist das leider nicht«, antwortete der Inspektor. »Diesmal müssen wir wirklich alle möglichen Folgen vorher durchdenken.«
    Er ging zum Fenster, sah hinaus, kehrte zurück an den Tisch. »Einerseits muß Noras Auftrag abgesichert werden. Andererseits muß die Autorität der Parteileitung gewahrt werden. Was ist hier richtig?«
    »Ein paar Leute werden sich vielleicht ein paar Tage lang die Mäuler zerreißen, und dann ist alles vergessen«, sagte ich.
    Horst Heilig schüttelte den Kopf.
    »Normalerweise ja. Aber wir

Weitere Kostenlose Bücher