Die Insel der Roboter
der Akkus, verbunden mit Informationsaustausch Storo – Leitgerät. Diese Zeitspanne war nicht nach Gutdünken festgelegt, auch nicht entsprechend dem Fassungsvermögen der Akkus, sondern aus übergeordneten Gründen. Die bisher geplanten Industrieanlagen mit Extremwert-Technologie hatten solchen Umfang, daß mit hundertachtzig bis zweihundertzwanzig Storos für eine Produktionsanlage gerechnet werden mußte. Wenn man für einen Informationsaustausch Leitgerät – Storo etwa eine Minute rechnete, konnte das Leitgerät in vier Stunden zweihundertvierzig Storos bearbeiten, so daß also noch etwas Reserve blieb. Die Aufladezeit betrug etwa vier Minuten, so daß für jeden Storo eine Pufferzeit von drei Minuten bestand. Mit Hilfe der Warteschlangentheorie und unter Ausnutzung mathematischer Modelle verschiedener Produktionsabläufe war errechnet worden, daß diese Zeit genügen würde. Sollte trotzdem ein zu hoher Stau der Storos am Leitgerät auftreten, so konnte dieses den einen oder anderen Storo auffordern, weiterzuarbeiten und sich noch einmal zu melden – die Storos erhielten ja das innere Signal zum Aufladen nicht erst dann, wenn die Akkus völlig leer waren, sondern eine gute Viertelstunde vorher.
Natürlich hätte man diese Zeit ausdehnen können auf acht Stunden – die Akkus hätten das zugelassen. Aber je häufiger das Leitgerät Informationen erhielt, um so wirksamer konnte die Produktion optimiert werden. Das war auch der Grund dafür, warum überhaupt Akkus verwendet wurden und nicht zum Beispiel Isotopenbatterien, die den Storo völlig unabhängig gemacht hätten.
Das alles waren jetzt für uns und die Storos vorgegebene Tatsachen und Größen, und wir hatten selbstverständlich auch ein solches Leitgerät nicht – das gab es noch nicht. Als Leitgeräte sollten herkömmliche Hybridrechner eingesetzt werden, deren Analogteil speziell für die entsprechende Produktion konstruiert werden mußte.
Für unsere Zwecke wurden diese Leitgeräte durch Kleinrechner ersetzt, die jedesmal für einen Schichtwechsel von der jeweiligen Mannschaft programmiert wurden. Das war möglich, weil wir ja die Storos bei der Arbeit beobachteten und so über den Ablauf der vier Stunden, also vom Inhalt ihres Rapports, schon vorher informiert waren. Trotzdem war das natürlich für die menschlichen Gehirne mit ihrer viel geringeren Arbeitsgeschwindigkeit immer noch eine sehr umfangreiche und schwere Aufgabe.
Als wir uns im Beirat vorbereitend mit dieser Frage beschäftigt hatten, war der Gedanke aufgetaucht, daß man sich in puncto Schichtwechselverhalten nicht nur mit den Storos befassen dürfte, sondern in weit höherem Maße die Wechselbeziehungen mit den künftigen Leitgeräten berücksichtigen müsse. Der Professor hatte unseren Vorschlag angenommen und einen Vertreter aus Kiew eingeladen, wo die künftigen Leitgeräte projektiert wurden.
Genosse Krawtschenko bedankte sich mit herzlichen Worten für die Einladung – Professor Hetz hatte ihm nicht vorenthalten, von wo die Initiative dazu ausgegangen war – und schüttete einen Sack voll Fragen über uns aus, die uns bis in die Nacht hinein beschäftigten. Es war spät, als wir uns trennten, und es wäre sicherlich noch viel später geworden, wenn uns nicht am anderen Morgen der zwölfstündige Marathonversuch bevorgestanden hätte.
Diesmal war es nicht Caesar, sondern Anton, der uns die erste Überraschung bereitete. Er löste Aufgaben der Prozeßsteuerung, bei denen wenig mechanische Leistung – also Bewegung des Rumpfes – zu erbringen war, und hatte eine diesem Programm entsprechende Ladungsmenge für vier Stunden auf die Akkus bekommen. Das entsprach den Einsatzbedingungen; auch später würden die Storos ein vom Leitgerät errechnetes Quantum an Ladung bekommen.
Anton jedoch wanderte schon nach drei Stunden siebzehn Minuten zum Stern – das alte Symbol für die Energiequelle war beibehalten worden –, lieferte den Rapport ab und ließ sich aufladen.
»Die Ladung war falsch berechnet«, vermutete Ilona Krause, die die Arbeitsgruppe Anton leitete. Der zuständige Mitarbeiter bekam einen roten Kopf, rechnete nach und behauptete, das sei nicht der Fall.
»Gut«, sagte Dr. Krause, »er hat jetzt die gleiche Ladung bekommen, warten wir’s ab, wie lange er damit macht.«
Wir kamen aber nicht zum Warten. Das Telefon klingelte, der Professor nahm ab.
»Bei Berta bahnt sich was Interessantes an«, sagte er, »wollen Sie mitkommen?«
Natürlich wollten wir.
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