Die Insel der Roboter
– muß ich Ihnen noch einige harte Schläge versetzen. Ich hoffe, daß sie Sie nicht umwerfen, sondern Ihnen helfen, den Ernst der Sache zu verstehen.«
Manuel sah Nora an. Sie lächelte ihm zu.
»Ich bin gefaßt«, sagte er.
»Wir haben Nora selbstverständlich nicht deshalb geraten, Ihre Bekanntschaft zu pflegen, damit Sie Gelegenheit hätten, sich ineinander zu verlieben. Daß es so gekommen ist, das ist eine andere Sache, und wenn Ihre Beziehungen unser heutiges Gespräch überstehen, dann kann man Ihnen beiden, glaube ich, zu Ihrer Wahl Glück wünschen. Aber das ist schon Ihre Sache.
Wir hatten erwartet, daß der Gegner sich an Nora heranmachen würde. Aber er war raffinierter. Er nutzte es aus, daß Sie sich Nora näherten, und hielt sich seinerseits an Sie.«
»Wer?« unterbrach Manuel mich.
»Ich weiß noch nicht, ob ich Ihnen das sagen kann. Denn sehen Sie, wenn Sie sich verraten, durch einen Blick, eine ungewollte Gebärde, dann gefährden Sie sich und Nora. Und natürlich vor allem unsere Sache. Und Mitarbeiter an unserem Projekt, die jetzt Noras Rolle übernommen haben.
Und diese Rolle bestand darin, dem Gegner Informationen zuzuspielen. Falsche Informationen. Oder auch richtige, aber in der von uns beabsichtigten Auswahl.
Ich muß Ihnen sagen, wie das geschah – auf die Gefahr hin, daß Sie wieder vom Tisch aufspringen.«
Ich beobachtete ihn scharf. Er war unruhig, besorgt, bestürzt, aber auch, wie mir schien, interessiert. Ich verstand ihn nur zu gut, flüchtig mußte ich an meine Reaktion auf Horst Heiligs »Trumpf-As« denken.
»Es geschah«, fuhr ich fort, »jedesmal durch ein oder zwei Worte, Stichworte, die Sie gar nicht wahrgenommen haben und die auch jedem Nichteingeweihten völlig bedeutungslos erscheinen mußten, aber dem Gegner den von uns gewünschten Aufschluß lieferten. Und es geschah bei Ihren Unterhaltungen in dem kleinen Café in Jena. Der Gegner hat jedes Wort, das an diesem Tisch gesprochen wurde, auf Tonband aufgenommen.«
»Und Sie wußten das?«
»Wir wußten es bald.«
»Und Nora auch?«
»Und Nora auch.«
Was sollte er machen? Aufspringen konnte er nicht mehr, nachdem ich vorher geäußert hatte, daß er es vielleicht tun würde. Er beherrschte sich, aber ich sah, wie es in ihm tobte. War er vorher in seiner Liebe getroffen, so jetzt in seinem Stolz.
»Amigo«, sagte Raol Esteban leise, »richte deinen Zorn auf die, die ihn verdienen!«
»Und bewundern Sie Nora wegen ihrer Leistung«, ergänzte ich, »sie hat es schwerer gehabt als Sie!«
Das letzte Argument mußte ihn wohl überzeugt haben, er griff nach Noras Hand und streichelte sie.
»Und jetzt«, sagte ich, »wollen wir zahlen und abfahren. Halten Sie irgendwo unterwegs an und sprechen Sie sich mit Nora aus. Wenn Sie zu einem Ergebnis gekommen sind, geben Sie uns ein Zeichen. Ich werde Sie fragen, ob Sie uns weiter helfen wollen. Aber lassen Sie sich Zeit. Wir haben Geduld.«
7
Nur selten läuft eine Sache so ab, wie man es sich vorher gedacht hat. Meistens muß man schon zufrieden sein, wenn die Generallinie eingehalten und das Ziel im großen und ganzen erreicht wird.
Unsere Vorstellungen über den Besuch der Delegation stimmten wir noch einmal ab, als wir die Delegierten vom Dresdner Flugplatz abholten. Horst Heilig, Werner Frettien und ich saßen in einem Wagen, der am Ende der Kolonne fuhr. Wir hatten uns drei Tage lang nicht gesehen – jeder war auf seinem Gebiet mit den Vorbereitungen beschäftigt gewesen.
»Wie sieht’s bei euch aus, erzählt mal!« forderte Horst Heilig uns auf.
Werner Frettien begann: »Bei dem Brasilianer ist leider nicht das herausgekommen, was wir uns erhofft hatten. Es hat keinen Sinn, ihn der Delegation vorzustellen. Aber der Reihe nach: Zuerst wurden Nora und Manuel festgenommen. Der Kubaner hat großartig mitgespielt, nicht einmal die Durchführenden haben bemerkt, daß die ganze Sache verabredet war. Eine Stunde später wurde der Kellner verhaftet. Ich glaube, er wußte wirklich nicht, worum es ging, er glaubte wohl mehr oder weniger an die Eifersuchtsgeschichte, die ihm der Brasilianer aufgetischt hatte. Zuerst war er arrogant und frech und wollte wissen, wo im Strafgesetzbuch etwas darüber steht, daß man andere nicht belauschen dürfe, aber als das Wort Spionage fiel, gab er seinen Widerstand auf. Beweis: Er rückte freiwillig das Geld heraus, das er erhalten hatte, und das will bei dem Typ immerhin etwas heißen.
Den Brasilianer haben wir erst ausrücken
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