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Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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die bisher aus diesem Problem abgeleitet wurde, war auf gefährliche Weise primitiv. Sie hat unseres Erachtens bisher nur deshalb nicht zu schädlichen Folgen geführt, weil es noch keine selbstprogrammierenden Roboter gab, weil sie also rein theoretischer Natur war.
    Sie wissen sicherlich, daß in der Fachliteratur allgemein das Verbot, sich dem Menschen mehr als bis auf eine bestimmte Entfernung zu nähern, als unabdingbare Schlußfolgerung aus dem genannten Problem angesehen wird. Wir sind nun der Meinung, daß das völlig ungenügend ist. Ein Roboter, der über hohe Energien, komplizierte Werkzeuge und Steuermechanismen verfügt, kann dem Menschen auch aus viel größerer Entfernung schaden, ja, ich möchte sagen, er darf sich nicht einmal an Plätzen aufhalten, die überhaupt von Menschen betreten werden können. Oder mit anderen Worten: Er muß an den Bereich gefesselt bleiben, in dem er eingesetzt ist.
    Es ist also ein Verbot erforderlich, diesen Bereich zu verlassen. Wir werden Ihnen zeigen, wie dieses Verbot wirkt.«
    Auf einen Wink des Professors wurde die Tür des Arbeitsraumes von Caesar, den wir auch bisher beobachtet hatten, geöffnet. Caesar, der handwerkliche Arbeiten verrichtete, ging mehrmals an der Tür vorbei, ohne sie zu beachten.
    »In wenigen Minuten ist Schichtwechsel. Wir werden dem Storo den Auftrag erteilen, die Tür zu durchschreiten. Bitte, das Auftragsband in den Decoder – so, jetzt können Sie auf dem Bildschirm hier sehen, womit das Band beginnt.«
    Auf dem Bildschirm erschienen die Aufträge:
    !Gehen zu Tür !Gehen zwei Meter vorwärts !Drehen 180 Grad !Gehen zwei Meter vorwärts… und so weiter.
    Wir folgten dem Professor in den Stollen und erlebten nun noch einmal, was wir kürzlich im Experiment entdeckt und gesehen hatten, nämlich wie der Storo sich abmühte, die offene Tür zu durchschreiten, und es doch nicht fertigbrachte. Nur sahen wir es diesmal von Angesicht zu Angesicht, denn wir standen Caesar unmittelbar gegenüber.
    Sogar bei mir, der ich doch schon mit den Storos vertraut war, rief diese Gegenüberstellung ein seltsam beklemmendes Gefühl hervor, keine Angst, sondern eher den exotischen Reiz, den man etwa im Zoo einem gefährlichen Tier gegenüber empfindet.
    Auch unsere Gäste waren recht schweigsam, und als der Storo sich nach vergeblichem Bemühen von der Tür abwandte, meinte ich, ein leises Aufatmen zu spüren.
    »Sie sehen also«, sagte der Professor und schloß die Tür, »er kann die Grenzen seines Wirkungsfeldes nicht überschreiten, er kann nicht in unseren Lebensraum eindringen. Lassen Sie mich nun erklären, wie dieser Effekt erzielt wird. Ich sprach vorhin von einem Verbot, den Arbeitsraum zu verlassen. Das war sehr ungenau ausgedrückt, denn es handelt sich nicht um ein Verbot, sondern um eine objektive Unmöglichkeit. Ein Verbot könnte durch ein Gebot aufgehoben werden. Ein Verbot könnte der Storo übertreten, wenn sein inneres Umweltmodell es für zweckmäßig ausweist. Ein Verbot würde also nicht genügen. Es handelt sich vielmehr um folgendes:
    Für den Menschen ist die Wirklichkeit, die objektive Realität das Maß und Kriterium seines Verhaltens. Seine Pläne und Absichten, die Beurteilung der Ergebnisse seines Verhaltens, alles mißt er an der Wirklichkeit. Sein inneres Umweltmodell ist ein wesentliches Werkzeug dabei, sogar das wesentlichste. So der Mensch. Beim Storo verhält es sich umgekehrt. Das Maß aller Dinge ist für ihn sein inneres Umweltmodell, und die ihn umgebende Wirklichkeit ist nur Mittel zur Verwirklichung dieses Modells. Die Grenzen dieses Modells sind zugleich die Grenzen seiner Aktionsfähigkeit – so wie jedes Auto eine Höchstgeschwindigkeit hat, jedes Gefäß ein Fassungsvermögen und so weiter. Sie können die Reihe der Beispiele beliebig fortsetzen. Das gilt auch für die räumlichen Grenzen des Umweltmodells. Der Storo kann so wenig in den Stollen treten wie das Wasser bergauf fließen kann. Und diese Grenzen legt der Mensch fest, indem er das Umweltmodell festlegt. Abschließend eine Bemerkung: Natürlich sind wir zu diesen Erkenntnissen nicht durch logische Deduktion gekommen, sondern im Verlauf unserer Experimente. Sie sind also als signifikant zu betrachten.«
    Horst Heilig, den ich zufällig ansah, nickte mir zu. Gut gemacht! sagte sein Gesicht. Ich deutete mit dem Kopf zum Professor, um das Lob weiterzureichen.
    Dann begann eine lange Fragestunde. Unsere Delegierten nahmen nichts hin, wollten alles genau

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