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Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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undeutlich aus dem Apparat, »höre Sie mit drei. Die Übung rollt. Bisher keine Vorkommnisse.«
    »Danke, Sperber. Wir fahren in wenigen Minuten in die Abzweigung ein. Eventuell nötige Verbindung über Elster. Ende.«

    Der Delegierte, dem ich als Betreuer zugeteilt wurde, war ein Afrikaner und hieß Dr. Okulu Mwana. Er sprach englisch, wovon ich auch ein bißchen verstand, so daß die Unterhaltung nicht nur über den Dolmetscher gehen mußte, der aber trotzdem nicht überflüssig war – schon wegen der Fachausdrücke, und auch wegen der Aussprache, die sowohl bei Dr. Mwana als auch bei mir ziemlich von der heimatlichen Diktion gefärbt war.
    Ich wurde ihm vorgestellt als der zuständige Mann für die Multistabilität der Storos, was ja auch eine meiner Aufgaben war. Die Delegierten und ihre Betreuer hatten etwas Zeit, einander zu »beriechen«, und nachdem wir einige belanglose Reden gewechselt hatten, sagte Dr. Mwana plötzlich: »Wissen Sie, wollen wir nicht einen Pakt abschließen? Ich mache Ihnen Ihre Aufgabe so leicht wie möglich, entferne mich nicht von Ihnen und stecke auch nicht die Hände in die Tasche – und Sie legen dafür ein bißchen Ihre Steifheit ab, einverstanden?«
    Ich war sprachlos.
    Der kleine, zartgliedrige Afrikaner lächelte, daß die Zähne gleißten.
    »Machen Sie nicht so ein entsetztes Gesicht, glauben Sie, ich weiß nicht, was hier auf dem Spiel steht? Natürlich weiß ich auch, daß Sie mich trotzdem im Auge behalten müssen, aber Sie könnten das doch wenigstens auf eine sympathische Weise tun.«
    Nun mußte ich – beinah wider Willen – auch lachen.
    »Also gut«, sagte ich, »einverstanden. Und ich dachte mal, Gelehrte seien weltfremd.«
    »Sehen Sie«, sagte er, »so gefallen Sie mir schon besser.« Dann wurde er wieder ernst. »Weltfremde Gelehrte – das mag es vielleicht bei Ihnen geben, wo seit einem halben Jahrhundert alles ruhig seinen Gang geht. Ihnen haben doch schon die Eltern oder Großeltern die grundsätzliche Entscheidung abgenommen. Aber bei uns…« Er winkte ab, und nun kam auch die Aufforderung an alle, mit der Besichtigung des Stollens und der Storos zu beginnen.
    Ich war mir über die Person »meines« Delegierten absolut nicht im klaren. Es konnte natürlich sein, daß das alles ehrlich gemeint war, und da er mir sympathisch war, hoffte ich das im stillen auch. Aber ebenso gut konnte es auch seine Absicht gewesen sein, mich einfach zu schocken und meine Aufmerksamkeit einzuschläfern. War er mir doch, wie sich gezeigt hatte, psychologisch weit überlegen.
    Wahrhaftig keine leichte Aufgabe für jemand wie mich, der als Soldat ständig in den Kategorien Freund und Feind zu denken und, was in diesem Fall noch einschneidender ist, auch zu fühlen gewöhnt ist! Aber ich mußte mich in diese Aufgabe finden, und bald merkte ich, daß das »Abkommen« mit meinem Delegierten mir dabei half. Hin und wieder wallte zwar Mißtrauen in mir auf, das Gefühl, ob mich da nicht jemand an der Nase herumführte – aber ich schob es beiseite, es konnte mir auch nicht helfen, ich konnte jetzt wirklich nur sachlich meine Pflichten erfüllen und dabei versuchen, ein angenehmer Gesprächspartner zu sein. Wahrhaftig, noch wenn ich heute daran denke, bin ich aus ganzer Seele froh darüber, daß ich nie in Versuchung gekommen bin, den Beruf eines Diplomaten zu ergreifen!
    Aber dann hatte ich keine Zeit mehr, darüber nachzugrübeln. In der Felsenkammer, von der aus wir die Tätigkeit der Storos beobachteten, herrschte ein babylonisches Sprachgewirr. Fragen auf Fragen brachen über uns herein wie eine Naturkatastrophe, und erst zum Schichtwechsel, als der Professor sich Ruhe verschaffte, konnten wir etwas aufatmen.
    »Meine Damen und Herren«, sagte der Professor, »Sie haben jetzt die Robotmaschinen bei der Arbeit beobachtet. Das Funktionsprinzip unserer Storos habe ich Ihnen eingangs noch einmal erläutert. Wir wollen Ihnen jetzt ein Experiment vorführen, das Antwort geben soll auf eine der Grundfragen, die immer gestellt werden müssen, sobald man es mit selbstprogrammierenden beweglichen Maschinen zu tun hat. Ich meine die Frage, wie sich die Maschine dem Menschen gegenüber verhält. Gestatten Sie mir zunächst, die Fragestellung selbst etwas genauer zu analysieren.
    Das Problem ist sehr einfach zu umreißen. Der Mensch sowohl als einzelner wie auch die menschliche Gesellschaft sollen vor möglichem Fehlverhalten der Maschine geschützt werden. Aber die konkrete Fragestellung,

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