Die Insel der roten Erde Roman
Evan aus. Schließlich hatte er andere Sorgen gehabt.
»Lass nur, ich gehe.«
»Du kommst doch gerade von deiner Nachtschicht im Leuchtturm. Du wirst müde sein.«
»Ich kann mich hinlegen, wenn ich in ein paar Stunden wieder zurück bin.«
»Das kann ich dir nicht zumuten«, sagte Evan. »Es war abgemacht, dass ich gehe, wenn du die Spätschicht hast.«
»Sie sind selbst die ganze Nacht auf gewesen, Evan«, gab Amelia zu bedenken.
»Sie hat Recht«, pflichtete Gabriel ihr bei. »Du hast schon genug Sorgen. Ich werde die Post holen.«
»Buon giorno!« , ertönte es in diesem Moment von der Tür her.
Da Carlotta stets dort anzutreffen war, wo Gabriel sich aufhielt, war niemand überrascht, sie hier zu sehen. Sie erfasste mit einem Blick, was geschehen war. »Oh, bambino ammalato!« , rief sie und warf die Arme in die Luft.
Gabriel und Evan konnten nur vermuten, was das hieß, doch Amelia verstand natürlich, dass sie »das kranke Kind« gesagt hatte.
»Milo hat Fieber«, sagte Evan.
Carlotta eilte zum Bett und griff nach Milos Ärmchen. »Der Kleine ist ganz heiß!«, sagte sie besorgt.
»Lassen Sie ihn schlafen.« Amelia zerrte sie unsanft vom Bett weg. »Er hat eine schlimme Nacht hinter sich und braucht seinen Schlaf.«
Carlotta funkelte sie böse an und wandte sich dann Evan zu. »Ich werde ihm eine gute Suppe kochen«, versprach sie. »Das wird ihn wieder gesund und stark machen.«
»Ich mach mich jetzt besser auf den Weg«, sagte Gabriel und wandte sich zum Gehen.
»Wo wollen Sie hin?«, fragte Carlotta schroff.
»Die Post holen«, antwortete Gabriel. Er und Amelia wechselten einen vielsagenden Blick; dann eilte er hinaus. Evan folgte ihm. »Ich hole meinen Mantel und die Reitstiefel«, sagte Gabriel. Der Wind frischte auf, und es sah nach Regen aus.
»Ich werde schon mal Clyde satteln«, meinte Evan.
»Soll ich nicht doch lieber einem Schiff signalisieren, dass es anlegen soll, damit du Dr. Thompson eine Nachricht schicken kannst?«
»Nein, im Augenblick scheint es Milo ja etwas besser zu gehen.« Dass es Amelias Verdienst war und dass er ihr im Stillen dafür dankte, sagte er nicht.
Carlotta, die unter der Tür stand und das Gespräch der beiden Männer belauscht hatte, rief: »Ich kann den Jungen doch mit zu mir nehmen, damit Sarah ihre Arbeit erledigen kann!«
Amelia war empört. Was fiel Carlotta ein, über sie zu reden, als wäre sie eine Magd! Warum kümmerte sie sich um Dinge, die sie nichts angingen?
Auch Sissie hatte gehört, was Carlotta gesagt hatte. »Lass Milo hier bei Sarah, Papa«, bat sie. »Rose und ich werden ihre Arbeit für sie erledigen.«
Evan nickte. »Milo ist hier gut aufgehoben«, sagte er zu Carlotta. »Er fühlt sich wohl bei Sarah.«
Amelia vernahm es mit Erleichterung, und auch Sissie war froh, als sie das hörte.
»Wie Sie meinen«, gab Carlotta verschnupft zurück. »Dann werde ich jetzt nach Hause gehen und die Suppe kochen.«
»Vielen Dank, Carlotta«, sagte Evan. »Ich bin Ihnen wirklich dankbar für Ihre Hilfe.«
Amelia glaubte, einen leicht gereizten Unterton aus seiner Stimme herauszuhören. Sie hatte gehofft, Evan würde die aufdringliche Carlotta abwimmeln, doch ihm und den Kindern schmeckte ihr Essen viel zu gut, als dass er riskierte, es sich mit ihr zu verderben.
Gegen Mittag kehrte Gabriel schon wieder zurück. Evan ging hinaus, als er das Pferd herantraben hörte. »Ich hab dich frühestens in einer Stunde erwartet!«
»Ja, heute hat Clyde sich sein Futter wirklich verdient«, meinte Gabriel und stieg aus dem Sattel. Die Flanken des Pferdes waren schweißnass, und sein Atem bildete Wölkchen im kühlen Nieselregen. Auch Gabriel machte einen erschöpften Eindruck.
»Ich reib ihn trocken und bring ihn auf die Koppel«, sagte Evan. »War viel Post da?«
»Ein paar Briefe für die Dixons und einer für mich. Für dich war nichts dabei. Ich hab eine Stunde gebraucht, bis ich die Posttasche gefunden hatte. Scotty Mawson hatte sie in einen Baum gehängt. Wahrscheinlich hat er gedacht, sie könnte nass werden, wenn der Regen anhält und der Fluss steigt, oder ein Tier könnte sie davonschleifen.« Absender des Briefes an Gabriel war »Miss Amelia Divine, Kingscote«. Er konnte es kaum erwarten, ihn zu lesen, wollte dabei aber ungestört sein. Und er wollte seiner Sarah nichts davon erzählen, solange er den Inhalt nicht kannte, um ihr nicht unnötig Hoffnungen zu machen.
»Wie geht es Milo?«
»Er schläft.«
»Hat er noch
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