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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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auch an ihre Verletzung zu erinnern, tastete danach und errötete. Wer auch immer die Wunde versorgt und ihr geholfen hatte, musste erkannt haben, dass sie nicht »Bobbie« war.
    Amali, die von ihrer Scharade nichts wusste, sah ihre erste Chance, etwas in Erfahrung zu bringen. »Seid ihr … zusammen?«, fragte sie. »Caesar und du?«
    Über Bonnies Züge flog ein Schatten. »Nein«, sagte sie betont gelassen. »Nur … nur gute Freunde …«
    Amali hörte die Enttäuschung mühelos heraus. »Ist ja selten zwischen Mann und Frau«, bemerkte sie dann. »Aber wenn du meinst … soll ich ihm gleich sagen, dass du wach bist, oder willst du dich noch ein bisschen ausruhen, bevor …?«
    »Er ist hier?«, unterbrach Bonnie sie. »Er ist nicht wieder … wieder an Bord gegangen?«
    Amali horchte auf. Das klang nach einem Schiff. Aber in Cap-Français war vor drei Tagen keins eingetroffen. Ob an der Piratengeschichte doch etwas dran war?
    »Er ist hier und hilft im Stall«, meinte sie. »Und ein- oder zweimal am Tag besucht er dich.«
    Das Leuchten in Bonnies Gesicht flammte wieder auf.
    »Er ist bei mir …«, flüsterte das Mädchen, schloss die Augen und war schon wieder eingeschlafen.
    »Dann werden wir mal dem Doktor Bescheid geben«, sagte Amali zu ihrem Baby und hob den Korb auf. »Der wird sich freuen, dass sie aufgewacht ist.«
    »Und, was hat sie erzählt?«
    Amali half Deirdre beim Auskleiden. Sie hatte ihr gerade davon berichtet, dass Victors kleine Patientin endlich erwacht war. Zu ihrer Verwunderung zeigte sich ihre Missis genauso neugierig auf nähere Informationen über das Mädchen wie Amali selbst. Dabei hätte sie angenommen, dass der Große ihrer Herrschaft mehr erzählt hatte. Der konnte doch hier nicht einfach ohne irgendwelche Erklärungen mit einem todkranken Mädchen erscheinen und sich dann im Sklavenquartier einnisten, ohne nähere Auskünfte zu seiner Herkunft zu geben. Zumal er sehr schnell zu einer Art Leibwächter der Herrin geworden war, ein Job, der ihm besser zu gefallen schien als die Arbeit im Stall. Sobald die Missis das Haus verließ, war er um sie. Sie schien ihm zu vertrauen, und das tat man doch eigentlich nicht, wenn man einen Menschen kaum kannte. Zudem konnten die Dufresnes belangt werden, wenn sie einem entflohenen Sklaven Unterkunft boten. Oder einem Freibeuter?
    »Sie hat nicht viel erzählt«, meinte Amali. »Und ich hab auch nicht groß gefragt. Sie ist noch sehr schwach, schlief zwischendurch immer gleich wieder ein. Aber sie ist verliebt in den Großen …«
    Die Diener hatten sich angewöhnt, Jefe einfach »den Großen« zu nennen. Sie imitierten damit Victor, der dessen Namen nicht über die Lippen brachte, ohne dabei ein Lächeln zu zeigen, das irgendwo zwischen nachsichtig und sarkastisch anzusiedeln war.
    Deirdre fuhr auf. »Sie ist was?«, fragte sie alarmiert.
    »Sie liebt den Mann, der sie hergebracht hat«, meinte Amali gelassen und begann, Deirdres Haar zu bürsten. »Aber wenn Sie mich fragen, Missis …«
    »Woher weißt du das?« Deirdres Stimme klang fast schrill. »Hat sie … hat sie das gesagt?«
    Amali lachte. »Das ist nicht zu übersehen«, bemerkte sie. »Wenn man ihn nur erwähnt, strahlt sie wie ein Kronleuchter, und wenn sie ihn sieht …«
    »Er besucht sie?«
    Amali meinte im Spiegel zu erkennen, dass Deirdres Augen aufblitzten. Sie schien wütend. Oder besorgt?
    »Natürlich hat er sie besucht«, antwortete Amali. »Aber,wenn Sie mich fragen, Missis, dann macht der sich nicht viel aus ihr. Jedenfalls nicht … nicht so …«
    Sie machte eine kurze, obszöne Geste, die sie sich Deirdre gegenüber nur leisten konnte, weil beide sich gut erinnerten, welcher schwarze Junge sie ihnen in welcher Ecke des Sklavendorfes auf Cascarilla Gardens zum ersten Mal gezeigt hatte.
    Amali sah, dass Deirdre erleichtert wirkte. Und fragte sich nach dem Grund.
    »Sie sagt, sie seien Freunde«, fuhr Amali fort und lauschte dann hingerissen, wie Deirdre Bonnies Geschichte erzählte, soweit sie davon wusste.
    »Sie können sich also auf dem Piratenschiff angefreundet haben, und dann hat sie ihm ihr Geheimnis enthüllt«, schloss Deirdre. »Oder sie kannten sich schon von ihrer Heimatinsel. Ich weiß allerdings nicht, wo sie herkommen. Vielleicht war sie ja Sklavin …«
    Amali nickte. »Sie war sicher Sklavin, Missis«, meinte sie dann. »Haben Sie ihre Narben nicht gesehen? Sie ist geschlagen worden, Missis – und wahrscheinlich hat der Backra auch noch

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