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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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bemühte sie sich, nicht mehr an diese verrückte Affäre zu denken, und ihre Furcht um Caesar ließ schließlich nach. Denn auch damit hatte Amali natürlich Recht: Im Sklavenquartier einer Plantage war er sicher nicht glücklich, aber auch nicht in Gefahr.
    Deirdre begann also, sich der Welt wieder zuzuwenden, und der Ritt zu Dr. Leroux – die Plantage, auf der er zu Gast war, lag etwa dreißig Meilen südlich vom Anwesen der Dufresnes entfernt – war da ein guter Anfang. Jetzt erzählte sie recht lebhaft von der Bekanntschaft ihrer Mutter mit verschiedenen schwarzen Heilerinnen. Nora hatte von den Baarm Maddas viel gelernt, sich jedoch nie für Gifte interessiert.
    »Glauben Sie denn, die Frauen würden es Ihrer Mutter erzählen, wenn sie irgendetwas wüssten?«, fragte Dr. Leroux aufgeregt.
    Deirdre nickte. »Sicher. Sie vertrauen ihr. Und von Macandal haben sie nie etwas gehört. Sie sind auch nicht so gemein undrachsüchtig. Die meisten sehen sich als etwas wie … na ja, Priesterinnen. Vor allem diejenigen, die noch aus Afrika kommen. Die sind auch oft Obeah-Frauen …«
    »Sie betreiben Voodoo«, übersetzte Victor für seinen fragend blickenden Kollegen. »Und das sagt man ja auch von Macandal …«
    Über den Rebellen von Saint-Domingue waren inzwischen die verschiedensten Gerüchte im Umlauf. Unter anderem erzählte man sich, dass er ein Zauberer und Schamane sei, der auf übernatürliche Weise Macht über seine Leute gewinne. Victor glaubte kein Wort, er hatte jedoch auch nie einer Voodoo- oder Obeah-Zeremonie beigewohnt. Deirdre wusste, dass ihre Mutter diese Dinge sehr viel ernster nahm.
    Dr. Leroux lächelte. »Ihre Mutter muss eine interessante Frau sein«, bemerkte er. »Wir sollten sie wirklich einmal konsultieren. Falls wir beide nicht weiterkommen mit den ›Baarm Maddas‹ in unseren Städten.«
    Victor mühte sich in der Folgezeit nach Kräften, Kontakte zu all den Wunderheilern und Engelmacherinnen zu knüpfen, die in Cap-Français ihr Unwesen trieben. Er tat das ungern, im Grunde verachtete er diese Leute, die ihm im Gegenzug auch wenig Sympathie entgegenbrachten. Eher sympathisierten sie mit Macandal. Eine von ihnen, eine hübsche Mulattin, sehr viel jünger als die meisten Frauen ihres Gewerbes, lachte Victor ins Gesicht, als er sie um Auskünfte über auf Hispaniola heimische Giftpflanzen bat.
    »Wenn ich davon was wüsste und gäbe es dann auch noch zu, dann würde ich mich doch wohl sehr bald auf der Gendarmerie wiederfinden, oder, Doktor? Und ich weiß noch gut, wie sie die arme Assam da damals herausgeschleift haben, um sie am Ende dann noch verbrennen zu können. Nein, Doktor, das finden Sie mal alleine raus – zumal mir die Opfer dieser Giftmorde auch nicht leidtun. Auf den Plantagen trifft das keinen Falschen!«
    »Beim letzten Mal waren es drei kleine Kinder …«, sagte Victor gequält.
    Die Frau zuckte die Schultern. »Und in zehn Jahren wären es drei große Mistkerle gewesen. Feist und böse, genährt vom Blut ihrer schwarzen Sklaven. Nein, Doktor, ich bring keinen um, glauben Sie’s mir, aber ich werde auch keinen Handschlag tun, um von denen einen zu retten!«
    Victor gab es also auf und verlegte sich stattdessen aufs Literaturstudium. Er las alles, was er über Gifte finden konnte, und experimentierte mit Mäusen in dem kleinen, seiner Praxis angeschlossenen Labor. Bislang hatte man jedoch nur einmal eine kleine Probe der Speise sicherstellen können, in die das Gift für die Opfer gemischt worden war, und dagegen erwiesen sich alle Antitoxine, mit denen Victor es versuchte, als nutzlos.
    Deirdre verbrachte derweil viel Zeit mit Bonnie, von der sie sich jede Einzelheit ihres Lebens auf dem Piratenschiff erzählen ließ. Victor deutete ihr Interesse daran optimistisch, er freute sich über jedes lebendige Gespräch, das Deirdre wieder führte. Amali schien es dagegen bis aufs Blut zu reizen … Die Frauen in seinem Haushalt gaben Victor nach wie vor Rätsel auf.
    Dann jedoch fiel wieder eine Familie in der Umgebung von Nouveau Brissac einem Giftanschlag zum Opfer, und Victor musste sich eingestehen, dass er mit seiner Arbeit nicht vorankam. Schließlich entschied er sich, nun tatsächlich Nora Fortnam hinzuzuziehen. Bisher hatte er Macandal in seinen Briefen an die Schwiegereltern kaum erwähnt – die Fortnams sollten sich keine Sorgen darum machen müssen, dass Deirdre in Saint-Domingue womöglich gefährdet war. Jetzt hingegen schüttete er sein Herz aus –

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