Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
fühlen.

KAPITEL 7
    V ictor hatte seine Frau schon lange nicht mehr so strahlend, glücklich und gelöst erlebt wie an dem Tag, an dem sie ihre Eltern endlich im Hafen von Cap-Français begrüßen konnte. Nora erschrak allerdings, als sie Deirdre sah. Die junge Frau erschien ihr dünner und blasser als bei ihrer Heirat. Nora schloss Deirdre und Victor in die Arme – und dann auch Amali, die hinter Deirdre wartete und ihren Sonnenschirm hielt.
    »Ich kann es kaum erwarten, auch Nafia wiederzusehen und deine Tochter kennenzulernen, Amali … Liberty heißt sie, nicht wahr? Was für ein hübscher Name! Wie schön, euch alle wiederzusehen!«
    Leon fuhr sie in der kleinen Kutsche zum Stadthaus. Sie war mit vier Passagieren schon überfüllt, Amali musste zu Fuß gehen, das Gepäck würde man später abholen.
    »Es ist halt nur ein kleiner Wagen«, entschuldigte sich Deirdre, aber Doug winkte ab.
    »Ihr habt ja auch einen Stadthaushalt und keine große Plantage«, sagte er. »Was habe ich dir damals gesagt, Prinzessin? Du wirst dich etwas einschränken müssen, eine Arztfrau kann keine goldene Kutsche erwarten.«
    »Vielleicht ist sie ja nur deshalb nicht ganz glücklich, weil sie hier in weniger Luxus lebt«, äußerte Doug später seiner Frau gegenüber, als sie sich in einem der Gästezimmer einrichteten.»Ich meine, es ist sehr hübsch hier. Aber verglichen mit Cascarilla Gardens …«
    Nora schüttelte den Kopf. Sie war eine aufmerksamere Beobachterin. »Das glaube ich nicht. Und dann hätte sie auch am Anfang nicht so begeisterte Briefe geschrieben. Und damals hatten sie noch weniger Personal. Nur die Köchin, Amali und Nafia. Jetzt ist zusätzlich Bonnie hier. Wenn ich es mir recht überlege, Doug … damit fing es an! Deirdre hat sich verändert seit … seit dieser Pirat damals diese Bonnie brachte … Wer weiß, was mit der los ist. Victor wird doch nicht etwa …«
    Nora brach ab. Weder sie noch Doug konnten sich wirklich vorstellen, dass Victor etwas mit einer jungen schwarzen Frau angefangen haben sollte, die obendrein als Patientin in sein Haus gekommen war. Dennoch war Nora entschlossen, Bonnie im Auge zu behalten. Sie bat sie gleich am nächsten Morgen, ihr beim Ankleiden behilflich zu sein, obwohl sich auch Nafia um diese Arbeit riss. Die Kleine hatte in den letzten beiden Jahren viel gelernt und wollte es zeigen. Nora vertröstete sie auf den kommenden Tag.
    Bonnie war schüchtern, aber beflissen und höflich. Die junge Frau versuchte, sich nützlich zu machen, wo sie konnte – Nora vermochte nichts Außergewöhnliches an ihr festzustellen. Sie erzählte so liebevoll von dem Kind der Fremden, um das sie sich kümmerte, und letztlich erregte ihre Geschichte eher Noras Mitleid als ihren Argwohn.
    »So ein nettes, kleines Ding«, bemerkte sie Doug gegenüber, nachdem sie dem Mädchen gedankt und es weggeschickt hatte. »Was muss man dem wohl angetan haben, dass es sich in die Arme dieser Freibeuter hat treiben lassen?«
    Sie ordnete ihr Haar erneut. Nach Bonnies diesbezüglichen Bemühungen hatte es sich gleich wieder gelöst. Die junge Frau hatte kein Talent zur Zofe.
    Doug zog die Augenbrauen hoch. »Nora, das ›nette, kleineDing‹ war nach eigenen Angaben Erster Kanonier auf einem Piratenschiff. Das heißt, es hat Dutzende braver Seeleute zu den Fischen geschickt. Die schießen mit einer Art Schrot, Nora, der alles zerfetzt. Beim Entern baden sie in Blut. Also unterschätze mal die kleine Bonnie nicht!«
    Nora runzelte die Stirn. »Du meinst, es hat doch mit ihr zu tun? Sie hat Deirdre irgendetwas angetan?«
    Doug schüttelte den Kopf. »Nein. Das glaube ich nicht, jedenfalls gibt es dafür keinen Anhaltspunkt. Sie gehen doch völlig normal miteinander um.«
    Tatsächlich war Deirdres und Bonnies Verhältnis unverbindlich freundlich. Weder gingen sich die beiden aus dem Weg – was mühelos möglich gewesen wäre, da Bonnie viel in der Küche beschäftigt war und sich sonst die Hausarbeiten selbst einteilte – noch gab es unterschwellige Andeutungen oder kleine Bosheiten, wenn sie miteinander sprachen. Deirdre schäkerte ebenso mit Namelok wie mit Liberty, was auch für Doug und Nora dagegensprach, dass sie ein unerfüllter, sehnlichster Kinderwunsch belastete.
    »Wenn es überhaupt Differenzen gibt zwischen Nora und einer der Schwarzen«, sprach Doug nun allerdings weiter, »dann eher mit Amali. Ist dir das nicht aufgefallen? Die zwei waren früher zwei kichernde Erbsen. Und jetzt höre

Weitere Kostenlose Bücher