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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Reverend in Kingston hatte ein Kolleg für Jungen eröffnet, und Thomas und Robert besuchten es während der Woche. »Wir können es natürlich ständig verschieben, wir können auch einfach losfahren. Und wenn du meinst, dass Victor dich braucht …« Doug zwinkerte Nora zu.
    »Dede braucht uns«, sagte sie ernst. »Wenn ich Victor weiterhelfen kann, dann ist das nur … na ja, eine ›nette Dreingabe‹.«
    Nora packte natürlich trotzdem nicht nur Geschenke für Deirdre und die Dienerschaft, sondern auch eine ganze Tasche voller Pflanzenproben, Baumrinde, Blüten und Essenzen diverser heimischer Pflanzen ein, als die Reise schließlich anstand. Sie sprach noch einmal mit den Baarm Maddas, die Sache mit Macandal mochte sie jedoch nicht direkt ansprechen. Ihre Andeutungen führten allerdings oft zu peinlichen Fragen wie »Warum du wollen wissen, weiße Missis? Du wollen totmachen dein Gatte?« Die meisten der selbstbewussten schwarzen Heilerinnen bedienten sich einer deutlichen Sprache. Eine von ihnen bot Nora sogar einen Liebestrank an, um die Leidenschaft zwischen ihr und Doug wieder anzufachen. Nora lachte, nahm den Sud aber schließlich an sich. Für sich und Doug brauchtesie ihn nicht, aber vielleicht tat er ja Wunder bei Victor und Deirdre?
    Nora schmunzelte. Zumindest konnte die Geschichte Victor aufheitern. Und das schien dringend nötig zu sein.
    Nora und Doug stachen im Juli in See und gedachten, bis nach Weihnachten zu bleiben. Unter Pflanzern waren solche langen Aufenthalte nichts Ungewöhnliches. Auf Cascarilla Gardens war genügend Platz für Besucher, und Nora hoffte, dass auch Deirdres Stadthaushalt mit der Einquartierung keine Probleme haben würde. Natürlich planten sie überdies einen Aufenthalt auf der Plantage der Dufresnes, Victors Eltern hatten bereits brieflich ihr Entzücken über den Besuch geäußert und eine Einladung ausgesprochen. Das Weihnachtsfest auf Nouveau Brissac war ein gesellschaftliches Muss für jeden, der in Saint-Domingue Rang und Namen hatte. Nora hatte den zu erwartenden Festen Rechnung getragen und sich zwei Ballkleider schneidern lassen. Doug zwang sie zur Anschaffung einer neuen Perücke.
    »Das ist ein ganz konventioneller Haushalt, das weißt du doch aus Deirdres Briefen«, erklärte sie. »Die brauchen keine weißen Rebellen, die haben schon ihren Macandal …«
    Die Überfahrt verlief ruhig, und Nora genoss ihre erste Seereise seit ihrer Übersiedelung nach Jamaika. Wieder verbrachte sie Stunden auf Deck – zunächst, um die Strände ihrer Heimatinsel, die sie so liebte, vom Meer aus zu bewundern, später konnte sie sich dann nicht am Spiel der Delfine sattsehen, die das Schiff begleiteten, und schließlich kam sogar ein Wal in Sicht. Nora bestaunte, wie sich die Sonne im Wasser des Meeres spiegelte, und schwelgte in der Schönheit des Sonnenuntergangs, wenn Myriaden goldener Pfeile auf die winzigen, sich kräuselnden Wellen niederzugehen schienen.
    »Ich glaube, als junger Mann wäre ich zur See gefahren«, sagte sie verträumt zu Doug, der sie daraufhin auslachte.
    »Wenn man drei Wochen von Schiffszwieback gelebt hat und dabei in der Takelage herumgeklettert ist, verfliegt die Faszination«, sagte er.
    Doug musste es wissen. Er hatte sich die Überfahrt von England nach Jamaika als Matrose verdient, nachdem er seine Studien in Europa abgebrochen hatte und seinen Vater nicht um Geld bitten wollte.
    Schließlich umsegelten sie Hispaniola, und Nora freute sich an den Stränden und grün bewaldeten Hügeln des großen Eilands. Die vorgelagerten kleinen Inseln erschienen ihr paradiesisch.
    »Es müsste traumhaft sein, auf einer solch einsamen Insel allein mit dir zu stranden«, schwärmte sie, um dann allerdings einzuschränken: »Aber ohne Kannibalen. Abenteuer hatten wir auf Jamaika genug.«
    Doug hoffte, in Saint-Domingue nicht gleich in ein neues verwickelt zu werden. Die Sache mit Macandal erschien ihm gefährlich, er kannte die von gut geführten Maroons ausgehende Gefahr noch aus den Tagen Granny Nannys auf Jamaika. Dort war es schließlich gelungen, die Maroons zu befrieden, aber in Saint-Domingue schienen die Fronten verhärtet – und wie es aussah, nicht nur aufseiten der Weißen. Die eiskalt geplanten Morde zeugten von blankem Hass, obendrein schien Macandal intelligent und gebildet zu sein. Ein gefährlicher Gegner. Doug gedachte, den Aufenthalt auf der dominguanischen Plantage so kurz wie möglich zu halten. In der Stadt würde er sich sicherer

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