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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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selbst es zubereitete, und auch nicht den ewigen Stockfisch, aus dem die Ernährung der meisten armen Inselbewohner bestand. Máanu kochte mit Gewürzen und Hülsenfrüchten. All ihre Rezepte stammten aus Afrika. Granny Nanny, die legendäre Maroon-Queen, hatte sie ihr gegeben.
    Auch jetzt erschien Jefes Mutter mit einem exotischen Gericht, scharf gewürztem Linsenbrei auf frischem Fladenbrot. Bonnie biss hungrig hinein.
    Jefe schien der Anblick ebenfalls Appetit zu machen. Er standauf, ging in die Küche und kam seinerseits mit einer Portion wieder. Auf dem Weg warf er einen Blick auf Bonnies Blessuren.
    »Mistkerl!«, zischte er.
    Bonnie fühlte sich seltsam getröstet.
    Während sie aß, stellte Máanu ihre Einkäufe zusammen. Skip Dayton brauchte Gewürze und vor allem Pökelsalz. Er verkaufte haltbar gemachtes Fleisch an die anlandenden Schiffe. Hinzu kamen Brot und etwas Gemüse sowie zwei Flaschen Rum.
    »Die sollte ich dem gar nicht verkaufen«, schimpfte Máanu. »Wenn er sich betrinkt, fällt er nur wieder über dich her.«
    Bonnie zuckte die Schultern. »Er betrinkt sich sowieso«, bemerkte sie schicksalsergeben. »Wenn er’s zu Hause tut, bleibt er meistens ruhiger. Kann ich in Ihren Spiegel gucken, Miss Máanu?«
    Máanus Erschrecken bei ihrem Anblick hatte ihr zu denken gegeben. Plötzlich fühlte Bonnie etwas wie Scham – seltsamerweise Jefe gegenüber. Sie zeigte ihm ungern ein zerschlagenes, hässliches Gesicht.
    Nun war Bonnie auch nicht gerade hübsch, wenn sie kein fast zugeschwollenes Auge und keine aufgeplatzte Lippe hatte. Sie wurde dessen gleich wieder gewahr, als sie auf Máanus Nicken hin nach hinten ging und Máanus sauberes und mit schlichten Möbeln eingerichtetes Schlafzimmer betrat. Hier hing ein großer Spiegel, der ihr nicht nur ihre Verletzungen zeigte, sondern auch ihr viel zu knochiges, herbes Gesicht mit den schmalen Lippen, den zu großen Zähnen und dem wirren krausen Haar. Bonnie fand ihre Nase zu wulstig, ihre Stirn zu niedrig. Sie hatte nichts von einer Ashanti-Prinzessin oder -Kriegerin, nichts von den stolzen schwarzen Frauen, von denen Máanu gelegentlich erzählte – auch Jefes Mutter hatte ihre Erinnerungen an Nanny Town. Ich bin einfach nur ein Niggermädchen … kein Wunder, dass Jefe mich nie so ansieht, als ob er mich vielleicht gern küssen würde. Bonnie biss sich auf die Lippen. Natürlich wollte sieauch gar nicht, dass er sie lüstern ansah. Wahrscheinlich hätte sie es abstoßend gefunden, den gleichen begierigen Ausdruck in seinen Augen zu sehen wie in denen ihres Backra. Irgendeinen Ausdruck jedoch … irgendein Aufleuchten seines Gesichts bei ihrem Anblick hätte sie sich doch gewünscht …
    Jefe steckte gerade den letzten Happen von seinem Fladenbrot in den Mund, als Bonnie zurück in den Laden kam. Noch kauend griff er nach dem Korb mit ihren Einkäufen.
    »Ich trag ihr die Sachen mal heim«, meinte er beiläufig in Richtung seiner Mutter. »Ist eh nicht gut, wenn sie so allein am Hafen entlangläuft. Zwei neue Schiffe haben angelegt, aus England. Die Matrosen haben sicher wochenlang kein Mädchen gehabt …«
    Bonnie lächelte ihn dankbar an.
    Máanu nickte zustimmend. »Komm dann aber gleich nach Haus!«, befahl sie. »Und mach keine Dummheiten!«
    Bonnie fragte sich, ob ihre letzten Worte sich auf ihren Backra bezogen, und gab sich einen Herzschlag lang dem Tagtraum hin, Jefe könnte Dayton stellen und ihn für sie töten oder ihm doch wenigstens einen Denkzettel verpassen. Und tatsächlich zwinkerte der junge Mann ihr zu, als sie gemeinsam auf die Straße traten.
    »Ich könnte sie alle ins Meer werfen!«, bemerkte er mit Blick auf ein paar weiße Männer, die in der gleich nebenan liegenden Schenke saßen und Zuckerrohrschnaps die Kehlen hinunterfließen ließen, während ihre Sklaven draußen Säcke stapelten. »Hast du nicht auch manchmal den Wunsch, es … es ihnen allen heimzuzahlen?«
    Bonnie nickte. Niemand konnte ermessen, wie sehr sie sich das wünschte – obwohl sich ihre Rachefantasien eigentlich auf ihren Herrn beschränkten. Na gut, vielleicht noch auf ein paar Aufseher auf der Plantage ihrer Mutter, die sie als Kind herumgestoßen hatten. Aber was das anging, so hatten sich Tillysschwarze »Freunde« Bonnie gegenüber auch nicht freundlicher verhalten. Überhaupt, ihre Mutter … auf Bonnies persönlicher Racheliste stand Tilly weit oberhalb der meisten Weißen aus der Siedlung.
    Jefe grinste. »Dann komm!«, sagte er

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