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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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du ihn so gar nicht mehr?«
    Deirdre sah zu Boden. »Doch«, murmelte sie und schob ihren Ring langsam wieder über ihren Finger. »Ich mag Victor, er ist … ein wunderbarer Mensch. Aber Caesar war … war … Mit ihm war es etwas so Besonderes …«
    Nora seufzte. »Das war es zweifellos«, bemerkte sie. »Aber jetzt ist es vorbei. Du fährst morgen mit uns in die Stadt und fängst damit an, Jefe zu vergessen.«
    Jefe hatte allerdings nicht vor, Deirdre zu vergessen. Im Nachhinein mochte er auch kaum glauben, dass er sich von ihrer Mutter derart hatte demoralisieren lassen! Diese Frau hatte jedoch eine Art an sich … Jefe fühlte sich wie ein kleiner Junge, wenn sie ihn anblitzte. Dennoch hätte er Deirdre nicht einfach mit ihr allein lassen dürfen. Er hätte sie verteidigen, um ihre Liebe kämpfen müssen … Auf jeden Fall schuldete er seiner Geliebten jetzt eine Entschuldigung.
    Pierrot raufte sich die Haare, als Jefe gleich am Sonntagabend noch einmal aufbrach, um die Sklavensiedlung zu verlassen.
    »Zweimal an eine Tag! Du lebensmüde!«, schalt er den Freund. »Du mehr Glück als Verstand. Dass die Frau dich nicht wird melden …«
    Jefe grinste schief. »Sie würde ihre Tochter ja mit anschwärzen«, erklärte er.
    Pierrot griff sich an die Stirn. »Wenn Tochter sagen, du sie angefasst wider Willen … du hängen, Caesar! Ich dir gesagt schon zehnmal. Jetzt Vernunft annehmen du! Hierbleiben!«
    Jefe hörte nicht auf Pierrot. Er hob nur kurz grüßend die Hand und verschmolz dann mit den Schatten, schon wieder auf dem Weg nach Nouveau Brissac.
    Die Gesellschaftsräume im Herrenhaus der Dufresnes waren wie erwartet noch hell erleuchtet. Aber ob Deirdre dort mit ihren Eltern und Schwiegereltern dinierte? Sein Gefühl sagte ihm Gegenteiliges. Sie würde in dieser Nacht auf ihrem Zimmer sein. Nachdenken, vielleicht weinen – über seine Feigheit nachgrübeln womöglich. Und am kommenden Morgen fuhren sie alle wieder zurück nach Cap-Français – ihre Enttäuschung, ihr Ärger über ihn würden sich verfestigen.
    Jefe dachte nicht lange nach. Er musste herausfinden, in welchem Zimmer sie schlief, und dann … Er schlich in den Garten, der völlig ausgestorben wirkte, und hoffte kurz, dass Deirdre kommen würde, doch selbst wenn sie seine Anwesenheit spürte – er glaubte nicht, dass sie an diesem Tag noch einmal ein Risiko eingehen würde. Wenn er sie nicht zwang … Jefe spähte hinauf zu den oberen Stockwerken des Gebäudes. Die Fenster dort waren alle dunkel – oder nein, aus einem drang ein schwacher Lichtstrahl, als habe jemand nur eine Kerze entzündet. Jefe beschloss, es mit diesem Raum zu versuchen. Er nahm ein paar Kiesel und warf die Steinchen gegen die Scheibe. Dann wartete er. Und sah die Silhouette von Deirdres Zofe am Fenster. Amali … nicht gerade seine Freundin. Jefe duckte sich und beschloss zu warten. Wenn Deirdre dort oben war, musste sie ebenfalls etwas gehört haben. Und sie würde … sie musste kommen!
    Jefe verbrachte eine enervierende halbe Stunde hinter einem Bougainvilleastrauch. Der Duft der Pflanze war betörend und vernebelte seine Sinne. Der junge Mann begann, von Deirdre zu träumen. All die vielen Male, die er sie in seinen Armen gehalten hatte … Er rief sich ihre Leidenschaft, ihr Lachen, ihrschweres, blumiges Parfüm in Erinnerung. Jefe pflückte eine der Bougainvilleablüten und atmete tief den Duft ein. Aber so, wie es zurzeit zwischen ihm und Deirdre lief, konnte es nicht weitergehen. Nicht jetzt, da Nora Fortnam von der Sache wusste. Dann auf einmal kam ihm eine Lösung in den Sinn: Er musste mit Deirdre fliehen. Möglichst gleich, möglichst noch in dieser Nacht. Und was sie dazu brauchten, waren Pferde! Wenn Deirdre mitmachte, wenn es ihr gelang, zwei Pferde aus den Ställen der Dufresnes zu beschaffen, dann hätten sie am kommenden Tag, wenn man ihr Verschwinden bemerkte, schon einen gewaltigen Vorsprung auf dem Weg in die Berge. Sie konnten nach dem Lager von Macandal suchen, er würde ihnen sicher Asyl bieten – ihm zumindest … Was Deirdre, eine weiße Frau, anging, war er sich da nicht so sicher. Doch Deirdre war schwarzhaarig, und auch ihr Teint war eher dunkel. Man konnte sie als Mulattin ausgeben. Ja, das würde gehen. Sie konnten bald schon fort sein, frei sein, wenn nur Deirdre mitspielte.
    »Caesar?«, flüsterte eine Stimme.
    Jefe fuhr herum. Er hatte Deirdre nicht kommen hören – und zu sehen war sie auch kaum, sie hatte einen

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