Die Insel der roten Mangroven
Messers.«
Simaloi schaute bewundernd zu ihm auf. »Ashanti große Krieger?«, fragte sie.
Er nickte. »Sehr große Krieger!« bestätigte er. »Und ich werde es dir beweisen.«
Die Plantage, die das nächste Angriffsziel Macandals sein sollte, lag zwanzig Meilen westlich von Cap-Français und wurde von einer Familie namens Delantier betrieben. Wie auf NouveauBrissac pflanzte man hier Kaffee und Zuckerrohr, das Herrenhaus war allerdings weniger einem Schloss nachempfunden als einer Festung. So jedenfalls kam es Jefe vor, als er mit einem Trupp schwer bewaffneter Maroons um das trutzige, steinerne Gebäude herumschlich. Nein, Sinn für verspielte Architektur hatte Mèz Delantier nicht, es hieß, er verstehe auch sonst keinen Spaß. Auf jeden Fall war es einfach für Macandal gewesen, die Haus- und Feldsklaven für sich einzunehmen. Sie hassten ihre Herrschaft – und je näher sie ihr durch die Arbeit waren, desto tiefer war die Abneigung. Die Delantiers schienen richtiggehende Menschenschinder zu sein.
Jefe empfand keinen Anflug von schlechtem Gewissen, als er jetzt in ihr Haus eindrang. Aber dann kam es zu einem Zwischenfall, der die gesamte Aktion gefährdete.
Macandals Männer betraten das Gebäude durch den Kücheneingang, geführt von einem Haussklaven. Der Plan sah vor, die Herren der Plantage im Schlaf zu überraschen und gleich in ihren Betten zu töten. Die Angreifer schlichen durch die Wirtschaftsräume, kamen dann ins Speisezimmer und durchquerten einen Korridor, von dem rechts und links Gesellschaftsräume abgingen. Ein Salon, in dem die Frau des Hauses empfing, das Herrenzimmer … Und aus eben diesem drangen erstickte Laute, als die Männer daran vorbeigingen.
Jefe und die anderen verharrten abrupt, als sie das Schluchzen hinter der verschlossenen Tür hörten. Nun verstanden sie auch Worte. Ein Mädchen wimmerte und flehte.
»Nein, Mèz, bitte nein … Bitte nein, Monsieur … ich … Maman! Papa! « Das Mädchen rief verzweifelt um Hilfe. Es musste sich um eine Sklavin handeln.
Jefe und die anderen Männer blickten einander alarmiert an und gingen sofort in Position, um den Raum zu stürmen. Keiner von ihnen zögerte dabei auch nur einen Augenblick. Egal, wie ihre ursprünglichen Pläne ausgesehen hatten, als Erstes musstedas Mädchen befreit werden. Und der Besitzer der Plantage, auf den sie es abgesehen hatten, war ja offensichtlich auch hier …
Bevor sie jedoch ihren Überraschungsangriff starten konnten, verlor der Hausdiener, der sie führte, die Beherrschung. »Janine!«, schrie der Mann und stürzte auf die Tür zu. »Dieses Schwein! Dieses Schwein hat meine Tochter … Janine, hier ist papa !« Verzweifelt riss er die Tür auf.
Der große, kräftige Mann im Schlafrock, der gerade einem vielleicht vierzehnjährigen schwarzen Mädchen die Kleider vom Leib riss, fuhr herum. Blitzschnell griff er nach einem an der Wand des Herrenzimmers hängenden Degen und stieß ihn kurzerhand seinem Diener in den Leib, als der ins Zimmer stürzte. Einen Augenblick später streckte der Pflanzer einen der sechs großen Schwarzen nieder, die ins Zimmer stürmten. Macandals Männer waren mit Macheten bewaffnet und gebrauchten sie auch äußerst geschickt. Einem geschulten Degenfechter hatten sie allerdings wenig entgegenzusetzen.
Jefe stieß den Sergeant, der den Trupp führen sollte, entschlossen beiseite. Mit Macandals Erlaubnis hatte er Oubliers Säbel behalten und war jetzt bereit, sich zum Kampf zu stellen.
»Ich mache das hier!«, erklärte er kurz und baute sich vor dem Pflanzer auf, der sich jetzt in eine Zimmerecke drückte und den Männern drohend seine Waffen entgegenhielt. Das junge Mädchen beugte sich schluchzend über seinen sterbenden Vater. »Geht ihr rauf und erledigt die Gattin dieses Mistkerls. Delantier, nehme ich an?« Er verbeugte sich spöttisch vor dem Pflanzer, sein Gesicht blieb jedoch hart.
Macandals andere Männer zogen sich zurück – Jefe hatte sehr entschlossen geklungen. Die meisten von ihnen kannten seine Geschichte. Ein Pirat … Sie trauten ihm zu, den Säbel zu führen, und sie sahen natürlich, dass die Fechter Platz brauchten für ihren Kampf.
Delantier griff sofort an, als er eine Chance dazu sah, aberJefe konterte geschickt. Tatsächlich spielte er mit diesem Pflanzer wie eine Katze mit der Maus. Der Mann hatte zwar sicher mal eine gute Ausbildung in der Fechtkunst erhalten, aber so viel Übung im Ernstfall wie Jefe hatte er nicht.
Jefe hielt ihn
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