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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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den Rückstoß aus ihrer Schussposition rollten, wieder an ihren Platz bringen. Bei kleineren Kanonen wie auf dem Piratenschiff genügte hierzu die Hilfe von Bonnie und zwei weiteren Männern.
    »Und nu laden wir das Ding!«, erklärte Twinkle, ein rundlicher, kleiner Mann, gemütlich. Das Interesse des neuen Schiffsjungen schien ihm zu schmeicheln. »Erst Schießpulver … Das lagern wir hier …« Er wies auf eine Art Schuppen an Deck. »Der Grund, weshalb Rauchen an Bord verboten ist – ein Funke an der falschen Stelle, und du sprengst uns alle in die Luft! Jetzt kommt der Stopfen …« Twinkle zeigte seinem Lehrling ein watteartiges Gebilde aus Werg oder einem ähnlichen Material. »Und nu die Kugel … was nehmen wir denn da …?« Er ließ seinen Blick prüfend über verschiedene Geschosse gleiten.
    Bonnie schaute derweil in Richtung der Handelsschiffe. Inzwischen waren sie so nah, dass jeder die Beflaggung erkennen konnte. Englisch. Bonnie atmete auf. Also hatten sie alles richtig gemacht. Und auch sonst schien sich die Strategie zu bewähren. Die Segler machten keine Anstalten, vor der Mermaid zu fliehen, sondern schienen sie eher gelassen zu erwarten.
    Bonnie zitterte vor Aufregung. Ob man die Schiffe jetztschon beschießen konnte? Sie schaute nach der Lunte aus, die Twinkle eben anbrachte.
    »Könnte man«, gab der Kanonier freundlich Auskunft, als sie fragte. »Bringt aber nix. Auf die Entfernung ist schwer zu treffen, erst recht, wenn’s präzise ausfallen soll. Nee, Kleiner, wir warten ganz gelassen ab und lassen erst mal Biddy und Gabby ihren Job machen. Da kannst du zugucken, lachst dich kaputt!«
    Tatsächlich war Bonnie eher befremdet, als die meisten Piraten jetzt das Deck räumten. Nur ein paar harmlos wirkende »Matrosen« machten sich an der Takelage zu schaffen, und aus dem Bauch des Schiffes traten zwei kostbar gekleidete Herren, Perücken auf dem Kopf und den Dreispitz in der Hand. An ihrem Arm schwebte jeweils eine »Lady« im Reifrock! Geziert tänzelten die als solche kostümierten Piraten über das Deck und schwenkten ihre Sonnenschirme. Einer von ihnen näherte sich dem hinter seiner Kanone versteckten Twinkle, lehnte sich über die Reling und spähte offenbar Einzelheiten der gegnerischen Bewaffnung aus.
    »Dreißig Achtzehnpfünder auf dem zweiten Deck. Doch zurzeit garantiert nicht bemannt …«
    Damit wanderte die Lady wieder auf ihren Galan zu und begann auffällig mit ihm zu tändeln. Twinkle und die anderen Kanoniere lachten.
    »Was … Was soll das denn?« Bonnie sah Twinkle Hilfe suchend an. Die Scharade vor dem Angriff irritierte sie.
    Twinkle grinste. »Unsere Passagiere«, klärte er den Neuen auf. »Noch bessere Tarnung als die Flagge. Wenn die da drüben glauben, wir hätten Frauen und Stutzer an Bord, argwöhnen sie nichts. Und sind sie nicht süß, unsere Ladys?«
    Bonnie machte die Geschichte eher nervös. Was sollte sie sagen, wenn man auf die Idee kam, auch der Schiffsjunge könnte sich entsprechend maskieren? Einfach mitmachen und hoffen, dass man auch sie »süß« und nicht verdächtig weiblichfand? Aber dann erinnerte sie sich daran, dass sie schwarz war. Niemand würde sie für eine Lady halten.
    Die zwei kostümierten Piraten winkten nun geziert zu den Handelsschiffen hinüber und lachten, als die dortigen Matrosen zurückgrüßten.
    Die Schiffe kamen einander immer näher, bis sie kaum mehr als fünfundzwanzig Yards voneinander entfernt waren. Bonnie erkannte die Namen an ihren Rümpfen, Pride of the Sea und Morning Star . Die Schiffe, die auf Grand Cayman vor Anker gelegen hatten. Ihre letzten Zweifel schwanden.
    In diesem Moment entschied sich der Captain, die Scharade zu beenden. Am höchsten Mast der Mermaid fiel die schwarze Piratenflagge über die weiß-rote Fahne von England.
    Gabby und Biddy warfen mit einem Ruck ihre Reifröcke ab, darunter kamen Enterhaken und Messer zum Vorschein. Desgleichen unter den Brokatröcken der »Gentlemen«. Captain Seegall, einer von ihnen, hob den Degen.
    »Hier spricht Jeffrey Seegall für die Mannschaft der Mermaid !«, rief er zu den völlig überrumpelten Leuten der Pride of the Sea hinüber, die eben noch feixend auf die Ladys an Deck der Mermaid gestarrt hatten. »Übergebt euer Schiff und eure Ladung! Wenn ihr kampflos aufgebt, geschieht euch nichts!«
    »Bloß, dass ihr uns festsetzt!«, höhnte ein Matrose von der Pride of the Sea , der seinen Schock wohl schneller überwand als die anderen. Die Morning

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