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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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’nem Kriegsschiff würden sie dir für so’n Treffer ’n Orden verleihen. Hier allerdings … Wir wollen die Schiffe nicht versenken, Bobbie, wir wollen ihre Ladung. Und dabei selbst so wenige Leute verlieren wie möglich. Also gucken wir doch mal, ob wir ein paar von den Kerlen da ausschalten können, bevor wir entern … Geh mal weg von meinem Baby, Kleiner!«
    Bonnie, die hinter der Kanone gestanden hatte, wich zurück. Twinkle zündete die Lunte und feuerte. Von Nahem war der Knall noch ohrenbetäubender. Ein Hagel aus Bleikugeln, Nägeln und Splittern ergoss sich über die Männer an Deck des feindlichen Schiffes. Bonnie sah sie zu Boden fallen oder über Bord gehen. Blut spritzte auf, sie hörte Schreie und Stöhnen – und über allem triumphierte die laute Befehlsstimme Captain Seegalls.
    »Männer! Klar zum Entern!«
    Sanchez, der Quartiermeister, ging als Erster an Bord des zu enternden Schiffes. So wollte es der Brauch. Der drahtige, hochgewachsene Mulatte war auch alles andere als feige. Er stürzte sich sofort in den Kampf mit einem der Schiffsoffiziere, der seinen Degen sehr geschickt führte. Eine solche Waffe war jedoch eher die Ausnahme. Die meisten Matrosen waren mit kurzen Messern gerüstet, viele der Piraten führten auch Äxte. Bonnie, die Jefes Kämpfe herzklopfend verfolgte, verstand schnell, warum sich diese Waffen besser für den Nahkampf auf einem überfüllten Schiffsdeck eigneten – es war ganz einfach eine Platzfrage. Auf dem Deck tobten Dutzende von Zweikämpfen. Wenn man einem Schlag oder dem Stich eines Messers auswich, befand man sich gleich vor der Waffe eines weiteren Kämpfers. Dazu war das Deck schon nach dem Kugelhagel glitschig vom Blut der Verletzten und Toten, die überall auf den Planken lagen. Die Kämpfer liefen ständig Gefahr, über sie zu stolpern.
    Die Piraten verfolgten deshalb die Strategie, sich gar nicht erst auf einen längeren Schlagabtausch mit einem einzelnen Gegner einzulassen. Mit schnellen Stichen oder Streichen versuchten sie, die Feinde direkt zur Strecke zu bringen. Sie trennten ihnen Köpfe und Gliedmaßen ab, der Anblick wurde mit jedem Herzschlag grausiger. Bonnie beobachtete mit einer seltsamen Mischung aus Abscheu und Stolz, wie Jefe durch die Reihen der Matrosen pflügte. Er fällte die Männer, wie sein Vater wohl einst das Zuckerrohr geschnitten hatte. Und es schien ihm Spaß zu machen – Bonnie meinte, ein grimmiges Lächeln auf seinem Gesicht zu sehen …
    »Bobbie, was ist, träumst du?« Twinkle riss sie aus ihren Gedanken. »Ab, hol mir Wasser! Damit wir die Lady sauber kriegen und neu laden können!«
    Er wies auf den Lauf seiner Kanone. Bonnie schreckte auf und setzte sich sofort in Bewegung. Sie bemerkte dabei erschrocken, dass sich die Mermaid eben von dem Schiff entfernte, auf dem die Männer so verbissen kämpften.
    »Was machen wir denn?«, fragte sie Twinkle ängstlich, als sie einen Eimer Wasser neben ihm abstellte. »Wir … wir fliehen doch nicht? Unsere Männer …«
    »Red nicht, hilf uns mit der Kanone!«, fuhr der Kanonier sie an, jetzt nicht mehr gemütlich, sondern hörbar beunruhigt.
    Die Schlacht schien in eine neue Phase einzutreten. Bonnie nahm das Tau, mit dem die Waffe wieder in Position gebracht wurde, während Twinkle ein Tuch ins Wasser tauchte, um das Rohr zu putzen. Sie vernahm, dass die ersten Kanoniere ihre Waffen wieder abfeuerten, und stellte entsetzt fest, dass sie nicht nur das eigene Geschützfeuer hörte. Die Pride of the Sea hatte ihre Kanonen endlich bemannt – und sie waren viel lauter und deutlich schwerer als die der Mermaid .
    »Die … die schießen zurück …«, stieß Bonnie aus, was Twinkle wieder zu einem grimmigen Lachen brachte.
    »Na, was denkst du denn?«, rief er. »Dass die ihre Kanonen nur zum Spaß mitschleppen? Aber keine Angst, unser Navigator ist gut. Die alte Mermaid treffen sie nicht so schnell.«
    Bonnie beobachtete, wie mehr und mehr Kugeln rund um die Mermaid im Wasser landeten. Twinkle und die anderen Kanoniere der Piraten bemühten sich derweil, ihre Kanonen auf die Waffen der Gegner auszurichten. Bei einem fahrenden, schlingernden Schiff stellte das eine extrem schwere Aufgabe dar.
    »Breitseite, Jungs!«, rief Twinkle seinen Männern zu. »Und nicht zu tief! Nicht dass sie untergeht!«
    Bonnie sah Jefe schon mit dem Schiff in den Fluten versinken, doch sie vergaß alles, als Twinkle die Lunte zündete und beide atemlos die Flugbahn der Kugel verfolgten. Und

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