Die Insel Der Tausend Quellen
sagte Elias hart. »Und wenn wir schon von ihrem Wert sprechen … Für fünfzig Pfund ist so ein kleines Ding zu haben. Also macht keine so große Sache daraus.«
Nora glühte vor Wut. Sie hätte Lust gehabt, ihrem Mann ihre Nägel in die Wangen zu schlagen und sein Gesicht zu zerkratzen. Diesmal war es dagegen Doug, der ruhig blieb.
»Vater, so geht das nicht! Es gibt Gesetze, wie mit Sklaven umzugehen ist, und sie erlauben eindeutig nicht, dass man sich Kinder kauft, um sie zu Tode zu quälen.«
Elias verzog den Mund zu einem hässlichen Lächeln. »Nun lass mal die Kirche im Dorf ! Das Mädchen ist nicht zu Tode gequält worden, es war nur schwanger. Gut, ein bisschen früh eingeritten … Aber wer will das ahnden? Wer weiß, was in all den Bordellen in Kingston passiert? Auch die kaufen sich Sklavinnen.«
»Eingeritten?«
Nora wollte etwas sagen, aber es verschlug ihr die Sprache.
»Das ist immerhin ein guter Hinweis«, meinte hingegen Doug, der sich deutlich um Gelassenheit bemühte. »Wenn ich das nächste Mal nach Kingston reite, werde ich mich umhören. Vielleicht ist ja einer unserer Aufseher berühmt und berüchtigt für seine Vorliebe für blutjunge Huren. Entschuldige, Nora …«
Nora winkte ab. »Lass nur, Doug, du kannst nicht glauben, die Ladys von Kingston hätten nie von Bordellen gehört. Jedenfalls musst du ihn entlassen, Elias, wenn wir ihn ausmachen!«
Es fiel ihr schwer, ihren Mann anzusprechen.
»Und nicht nur das«, fügte Doug hinzu. »Du musst ihn der Obrigkeit melden. Das Kind ist tot, Vater. Im Grunde gehört der Mann gehenkt!«
Elias erklärte sich schließlich widerwillig bereit, den Mann auf jeden Fall zu entlassen, wenn Doug und Nora ihm seinen Namen sagten.
»Aber nur, wenn er geständig ist«, schränkte er ein. »Sonst sind den Denunziationen Tür und Tor geöffnet. Gibt man den Niggern einen Finger, dann nehmen sie die ganze Hand …«
Doug verzog das Gesicht. »Da mach dir mal keine Sorgen, Vater. Wenn ich mit dem Kerl fertig bin, gesteht der alles!«
»Warum sagst du es denn nicht, Máanu? Du weißt doch etwas. Und Doug und ich sind auf eurer Seite, wir …«
Nora redete seit einer halben Stunde auf ihre Zofe ein, aber Máanu reagierte nur mit einem rauen, hässlichen Lachen.
»Missis das wollen gar nicht wissen«, erklärte sie in Pidgin-Englisch, wohl wissend, dass sie ihre Herrin damit rasend machte. »Ist besser, wenn Missis vergessen. Und Backra Doug sowieso …«
Aus Máanu war nichts herauszubekommen, wobei sie ruhig und stoisch blieb. Der Versuch, Adwea zu einer Aussage zu bewegen, endete dagegen in Weinen und Schreien.
»Ich nicht sagen … Mich nicht kann zwingen … auch nicht wenn schlagen … Bitte nicht schlagen, Missis. War falsch, Missis, ich nicht hätte sollen rufen …«
Nora bemühte sich verzweifelt, die Köchin zu beruhigen und ihr klarzumachen, dass sie nicht vorhabe, sie zu schlagen oder sonst wie zu misshandeln.
»Aber dir muss doch auch klar sein, Adwea, dass dieser Mann es vielleicht wieder macht. Himmel, Adwea, du hast eine kleine Tochter …«
Die Erwähnung einer Wiederholung des Verbrechens ließ die Dämme dann völlig brechen. Adwea schluchzte und schrie ihr Entsetzen und ihre Angst auf eine so verzweifelte Weise heraus, dass Nora nur noch fassungslos neben ihr sitzen und ihre Schulter streicheln konnte. Die Köchin schien die Berührung gar nicht zu bemerken. Sie jammerte und weinte so lange, bis Elias’ aufgebrachte Stimme nach der nächsten Mahlzeit fragte. Dann nahm sie sich zusammen und ging an den Herd. Nora war ihrem Ziel damit keinen Deut nähergekommen.
»Adwea weiß alles, und Máanu auch. Und sie sterben fast vor Angst, auch wenn sie’s nicht zeigen. Aber sie würden sich eher auspeitschen lassen, als irgendetwas zu sagen«, erklärte sie Doug, als die beiden endlich mal wieder einen gemeinsamen Ausritt unternahmen. An Heimlichkeiten war dabei allerdings nicht zu denken, der Strand war immer noch überschwemmt. Und auf der Plantage wimmelte es von Sklaven, die versuchten, neben der normalen Arbeit ihre Quartiere neu aufzubauen, und Weißen, die sie brutal zwangen, zuerst die Häuser für die Aufseher zu errichten.
Doug zog die Stirn kraus. »Nun, in den Bordellen in Kingston wissen sie jedenfalls nichts«, berichtete er von seinen eigenen Nachforschungen. »Natürlich gibt es immer wieder Kerle, die rau mit den Frauen umspringen, aber von unserer Plantage ist keiner einschlägig bekannt.«
»Er hält sich ja
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