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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Nora entsetzt und blickte auf Sallys schmalen, kindlich unentwickelten Körper. »Wen reizt ein derart junges Mädchen? Er muss sie schließlich gezwungen haben. Sie war doch noch … Mir erschien sie noch völlig unschuldig.«
    Sie brach ab, als ihr auf einmal Sallys Weinen während des Sturms in den Sinn kam: Sally böse … Sally machen böse Sachen … – das Mädchen musste auf das angespielt haben, was irgendein Ungeheuer nachts mit ihm tat.
    »Aber den kriegen wir!«, erklärte Nora entschlossen. »Ich werde das aufklären!« Sie begann, eine Spülung mit Kernseife und einer Kräuterlösung vorzubereiten, während sie sprach. Es war unwahrscheinlich, dass sie noch irgendwie helfen konnte, aber sie wollte es wenigstens versuchen. Sie brauchte Rotwein gegen den Blutverlust. »Brüht einen Kräutertee auf und holt Rotwein aus dem Haus, den flößt ihr der Kleinen ein!«, befahl Nora Adwea, während sie selbst das Kind wusch.
    Hinter sich hörte sie ein bitteres Lachen. »Missis wird das aufklären? Bestimmt! Missis so besorgt um arme Nigger …«
    Máanu. Nora wolle sie tadeln, hielt sich aber zurück. Ob das Mädchen etwas wusste? Sie musste später mit ihr reden …
    »Wann ist das passiert?«, fragte sie Adwea.
    Die Köchin druckste. »Ich nicht weiß … gestern, Tag vor gestern …«
    »Vorgestern Nacht!«, sagte Máanu. »Und es geschah nicht von allein.« Dann verschwand sie.
    Nora hielt sie nicht auf, merkte sich aber den Hinweis. Das Mädchen hatte das Kind nicht von allein verloren. Also durch den Hurrikan? Oder hatte der Mann es in der fraglichen Nacht noch einmal missbraucht? Sie warf Adwea einen fragenden Blick zu. Was Máanu wusste, musste eigentlich auch die Köchin wissen. Sie hatte nur Angst zu reden. Also einer der Aufseher?
    Nora arbeitete hart, um die Blutung zu stillen, und irgendwann in der Nacht versiegte sie wirklich.
    »Es wird besser … es …«
    Nora empfand fast etwas wie Hoffnung, aber dann ließ ein Blick auf Sallys Gesicht sie innehalten.
    Die Baarm Madda schüttelte den Kopf. »Wird nie wieder bluten«, sagte sie leise, woraufhin Adwea und die andere Küchensklavin aufschluchzten. Auch Nora kämpfte mit den Tränen. »Aber nicht weinen, Missis«, sagte die Heilerin hart. »Nicht weinen, Addy … ist jetzt frei, Mädchen. Ist jetzt glücklich, ist jetzt frei …«

KAPITEL 5
    I ch bitte dich, Nora, das ist nun wirklich kein Thema für ein Tischgespräch!« Elias legte verstimmt die Gabel nieder, mit der er eben Stockfisch und gebratene Okraschoten aufgespießt hatte. »Erst recht nicht für eine Lady.«
    Nora war spät zum Frühstück erschienen und hatte sich nicht gescheut, den Männern mit ihrer Geschichte den Appetit zu verderben. Sie selbst war nicht in der Lage, etwas zu essen. Es war ihr schon fast zuwider, Zucker in ihren Tee zu geben. Ohne die Gier der Weißen nach Zucker wäre Sally vielleicht noch am Leben – irgendwo in einem afrikanischen Dorf.
    »Nun, unter Männern würde es kaum besprochen«, bemerkte Doug. »Du und ich hätten schließlich gar nichts davon mitbekommen. Du meinst also, Máanu weiß was, Nora? Wir müssen sie dazu befragen. Sehr ernsthaft. Ich bin ja sonst keiner, der mit der Peitsche droht, aber hier müssen wir womöglich so weit gehen, dass sie mehr Angst vor uns hat als vor dem Mann, der dem Kind das angetan hat.«
    »Es muss ein Aufseher sein«, meinte Nora. »Adwea hat vor niemandem Angst im Sklavenquartier. Aber sie fürchtet sich zu Tode, hier auch nur die kleinsten Auskünfte zu geben.«
    »Wobei ich nicht wagen würde, Adwea mit einer Peitsche zu bedrohen«, scherzte Doug mühsam. »Womöglich vergiftet sie uns noch, wenn wir sie zu hart anpacken …«
    Nora konnte darüber nicht lachen. Aber dann kam eine erstaunliche Bemerkung von Elias.
    »Hier wird niemand mit der Peitsche bedroht!«, erklärte der Pflanzer. »Was auch immer diese Frauen zu wissen meinen. Hier wird niemand zur Subordination aufgefordert. Wäre ja noch schöner, wenn hier jeder Nigger seinen Aufseher wegen irgendwas anschwärzen könnte. So etwas klärt man unter sich. Ich werde mit den Aufsehern reden, und wenn ich herausfinde, wer es war, werde ich ihm Sallys Wert vom Lohn abziehen.«
    »Sallys Wert?«, fragte Nora entsetzt. »Sie war ein zwölfjähriges Mädchen! Und irgendein erwachsener Mistkerl hat sie vergewaltigt und geschwängert! Du kannst nicht ernsthaft glauben, das sei abzugelten, indem dir der Täter ihren Wert erstattet!«
    »Sie war eine Sklavin!«,

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