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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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wurde.
    Hatte sie so zu Simon gesprochen? Sie meinte, damals ständig zu einer Melodie gesungen zu haben, die ihre Herzen sangen. Fand sie jetzt dorthin zurück?
    Es sollte keine gute Nacht werden. Nora hatte eben erst ein oder zwei Stunden geschlafen – und diesmal endlich tief und traumlos –, als jemand an ihre Tür klopfte. Doug? Nora stand auf und tastete sich durch die Dunkelheit ihrer Räume. Vor der Tür stand Adwea.
    »Missis … Ich geschickt Máanu, aber sie nicht wollte. Sie nicht wollte, ich Sie holen. Aber Missis … Sie vielleicht noch helfen. Sie vielleicht noch Medizin. Ist so klein, Mädchen. Ist so jung …«
    Nora rieb sich den Schlaf aus den Augen. »Eine … Fehlgeburt?«, fragte sie ungläubig.
    Mitten in dem Chaos nach dem Sturm würde doch wohl keine der Sklavenfrauen die Baarm Madda aufgesucht haben!
    Adwea nickte. »Ich Baarm Madda geholt. Aber nicht kann helfen. Ich nicht, sie nicht. Aber vielleicht Missis …«
    Also keine Abtreibung, wahrscheinlich hatte die anstrengende Flucht vor dem Hurrikan eine Fehlgeburt ausgelöst. Nora fragte sich, bei welcher der schwarzen Frauen. Ihr jedenfalls war bislang keine Schwangerschaft aufgefallen. Und ob sie da helfen konnte, wenn die schwarze Heilerin schon versagte?
    Nora zog ein leichtes Kleid über. Die neuere Mode empfahl luftige Modelle, nicht jedes ihrer für die letzte Saison gefertigten Kleider verlangte ein Korsett. Nora fand, dass dies das Leben ungemein erleichterte. Aber dann wanderten ihre Gedanken wieder zu der Sklavenfrau. Was konnte da passiert sein?
    »Wo ist sie? Wer ist es überhaupt?«
    Nora kannte inzwischen jeden der Sklaven auf Cascarilla Gardens mit Namen.
    »Sally«, seufzte Adwea. »Und ist hier, in Schuppen bei Küche.«
    »Sally?«, fragte Nora entsetzt. »Aber sie … sie ist doch noch ein Kind! Und warum im Schuppen, Adwea? Da ist es doch dunkel und feucht. Warum hast du sie nicht mit in die Küche genommen?«
    »Sie nicht wollen, sich schämen. Hab sie gefunden, gestern, in Schuppen, ganz krank, ganz blutig … Hab gerufen Baarm Madda. Aber wird nicht besser. Wird nicht …«
    Nora griff nach den wenigen Verbänden und Medikamenten, die sie im Haus hatte. Die meisten ihrer Bestände waren mit dem Küchenhaus des Sklavenquartiers weggespült. Aber nach Aborten waren ohnehin weniger Medikamente als Spülungen und Massagen nötig. Wenn es wirklich eine Fehlgeburt war! So erfahren die schwarzen Frauen waren, aber hier mussten sie sich irren. Sally hatte noch keinen Liebhaber. Sie war doch höchstens dreizehn Jahre alt. Nora ging fieberhaft weitere Möglichkeiten für eine Blutung durch, während sie der Köchin nach unten folgte.
    Zwei andere Frauen, eine davon eine Küchenhilfe, die andere die Baarm Madda von der Hollister-Plantage, beleuchteten den Schuppen mit Kerzen und Öllampen, als Nora eintraf. Die Baarm Madda gab seltsame Gesänge von sich. Sie klangen unheimlich, aber auch irgendwie beruhigend. Das Mädchen, das vor den beiden auf teilweise durchgebluteten Decken ruhte, hörte sie allerdings nicht mehr. Sally war blass, ihr Gesicht eingefallen. Nora wusste noch zu genau, wie der Tod aussah, sie hatte in London so viel Leid gesehen – all die schwindsüchtigen Kinder, die Blut aushusteten, bis sie starben. Auch dieses Mädchen hier mochte an Blutverlust sterben. Oder am Fieber?
    Sallys Körper glühte. Nora kniete neben ihr nieder, nachdem sie die Baarm Madda kurz gegrüßt hatte. Die Frau ging ein gewaltiges Risiko ein, indem sie hier zu helfen versuchte. Bei Tag sah man es den Kräuterfrauen mitunter nach, wenn sie auf anderen Pflanzungen aushalfen. Bei Nacht aber galt dies als Fluchtversuch.
    »Was hat sie denn nur? Was ist ihr passiert?«, fragte Nora.
    Die schwarze Heilerin – sie war etwas älter als Adwea – hob resigniert die Tücher an, die sie über Sallys Unterleib gebreitet hatte.
    »Hat verloren Kind«, sagte sie leise. »Aber war nicht ich. War keine von uns …«
    Anscheinend meinte sie, sich und ihre Zunft rechtfertigen zu müssen.
    »Aber wie kann sie … Sie ist doch noch ein Kind …«
    Nora machte sich verzweifelt an die Aufgabe, die Blutung zu stillen, aber sie hatte wenig Hoffnung. Die schwarze Heilerin versuchte das schließlich seit Stunden und hatte auch nichts bewirkt.
    Die Baarm Madda zuckte die Schultern. »Sie zwölf. Sie bluten jeden Monat. Dann Mann ihr auch kann machen Baby. Sie nur nicht konnte behalten. Noch viel zu klein.«
    »Aber welcher Mann tut denn so etwas?«, fragte

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