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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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schrie er sie an.
    Nora übergab sich schluchzend neben dem Feuer. Akwasi hielt ihr Handgelenk fest umklammert. Als Nora aufsah und wieder halbwegs klar denken konnte, erkannte sie Máanu im Schatten der Hütte. Die junge Frau wirkte ausgeruht und trug offensichtlich neue Kleidung. Ein leuchtend roter Rock und ein gewebtes Oberteil in den Farben der Ashanti: rot wie das Blut, gelb wie das Gold, grün wie das Land.
    »Du …«
    Máanu sah wunderschön aus, aber ihr aristokratisches Gesicht war wieder mal hasserfüllt, als sie sich Nora jetzt zuwandte.
    »Ja, ich. Wer sonst? Man hat mir gesagt, Mansah stelle seltsame Fragen für ein so junges Mädchen. Da bin ich der Sache nachgegangen. Und so …«
    »Aber …«
    Nora wollte einwenden, dass Máanu ja wohl die Letzte wäre, die ein Interesse daran hatte, ihr Kind zu retten. Schließlich hatte sie Akwasi immer für sich selbst gewollt, und wenn Tolo Recht hatte und Nanny auf einer Heirat zwischen Nora und Akwasi bestehen würde, hatte sie endgültig verloren. Aber ein Blick in Máanus Gesicht sagte Nora, dass dies ihrer früheren Zofe egal war. Sie wollte Nora verletzen, um jeden Preis. Wenn es sein musste, selbst um den ihres eigenen Glücks.
    »Du wirst mein Kind nicht umbringen!«, stieß jetzt Akwasi hervor. »Ich werde das nicht zulassen!«
    »Und wie willst du mich daran hindern?«, fragte Nora.
    Sie wusste, dass ihre Stimme schwach klang – im Augenblick war keinerlei Auflehnung mehr denkbar, aber sie wollte doch nicht klein beigeben. Sicher würde ihr am nächsten Morgen etwas Neues einfallen.
    Akwasi lachte. »Das kann ich dir sagen! Weißt du, wie der Backra meine Mutter daran gehindert hat?«, sagte er dann. »Nein? Dann will ich’s dir sagen. Du kennst den Verschlag neben der Küche? Die Besenkammer?«
    Nora nickte mit klopfendem Herzen. In diesem Verschlag war Sally gestorben.
    »Ich bin drin geboren. Nachdem meine Mutter sechs Monate lang im Dunkeln an die Wand gefesselt war. Sie wollte mich nicht, sie war fest entschlossen. Sobald man ihr auch nur eine Hand freiließ, versuchte sie, sich selbst und mich zu töten. Als ich geboren wurde, nahm man mich ihr weg. Am nächsten Tag ging sie ins Wasser. Eine Ashanti-Prinzessin. Und da glaubst du, ich würde nicht mit einer weißen Puppe fertig?«
    Nora blickte Akwasi an, und ihre Wut wich einer Art Mitleid. Für die unbeugsame Ashanti-Prinzessin – und noch mehr für das Kind, das sich mühte, auf eine Mutter stolz zu sein, die sich nichts mehr gewünscht hatte, als es zu töten. Schließlich atmete sie tief aus und ein, um wieder zur Ruhe zu finden.
    »Mein Kind hat ihr Blut«, fuhr Akwasi fort, »das Blut von Häuptlingen. Es wird ein großer Krieger werden, die Geister werden es segnen.«
    Du wirst ihm also Lesen und Schreiben beibringen, dachte Nora bitter. Und die naiven Afrikaner glauben lassen, dies seien Geschenke der Götter …
    »Und die Leute werden es Bastard rufen oder Mestize«, fiel sie ihm ins Wort. »Gern auch ›dreckiger Bastard‹. Und jeder wird es so nennen, die Schwarzen und die Weißen. Es gibt keinen Platz auf der Welt für Kinder wie dieses. Warum lässt du es nicht einfach sterben, Akwasi? Warum lässt du mich nicht gehen und nimmst dir eine schwarze Frau?«
    Akwasi blitzte sie an. »Damit du zurück zu Doug Fortnam kannst? Aber du gehörst mir, Nora, und das Kind gehört mir auch. Wenn es eine Schande trägt, dann deine Schande!«
    Nora seufzte. »Seine Schande wird ihm im Gesicht stehen, für den einen ist sie schwarz, für den anderen weiß. Aber zumindest hier wird es kein Sklavenkind werden, Akwasi«, sagte sie. »Darauf wird Nanny bestehen. Du musst mich zur Frau nehmen, und das Kind wird mir genauso gehören wie dir. Ich hoffe, du wirst damit glücklich, so glücklich wie du, Máanu. Lass mich jetzt los, Akwasi. Ich werde zum Badeplatz gehen und mich reinigen. Und wenn noch Frauen da sind, dann sage ich ihnen, dass Akwasis Weib sein Kind trägt. Von nun an wird mich niemand mehr Sklavin rufen.«
    Akwasi ließ seine Blicke unsicher von Nora zu Máanu wandern. Er schwankte offensichtlich, ob er Nora wirklich gehen lassen sollte.
    »Was ist, wenn sie sich umbringt?«, fragte er mit fast kindlichem Ausdruck in Máanus Richtung.
    Nora wirbelte zu ihm herum, bevor sie etwas antworten konnte. »Ich bringe mich nicht um, Akwasi, keine Sorge. Ich bin keine Prinzessin, aber ich bin auch nicht feige. Eine Nora Reed stiehlt sich nicht weg wie deine wunderbare Mutter, Akwasi. Wenn man

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