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Die Insel der verlorenen Kinder

Die Insel der verlorenen Kinder

Titel: Die Insel der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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Peter, wir brauchen die Rolle mit dicker Plastikplane, mit der wir im Winter die Fenster geschützt haben. Hol die bitte aus dem Keller, ja?»
    «Jawohl, Sir», erwiderte Peter.
    «Wo ist deine Schwester?», fragte Daniel, als Peter sich umwandte und gehen wollte.
    Der zuckte die Schultern. «Sie und Tack machen eine Fahrradtour. Sie hat gesagt, Fliegen, das kriegen wir unmöglich hin.»
    Daniel grinste. «Na, der werden wir’s zeigen. Und jetzt hol mal die Plane.»
     
    Daniel arbeitete den ganzen Nachmittag an den Flügeln, die kurz vor dem Abendessen fertig wurden. Sie sahen ein bisschen wie Fledermausflügel aus. Für den Rahmen hatte Daniel schmale Holzleisten zurechtgesägt und die Plane darangetackert. Peter musste sich die Flügel mit einem primitiven Geschirr umschnallen, das aus einem alten Gürtel Daniels gefertigt war.
    «Das sollte es tun», sagte Daniel und schlug Peter auf den Rücken. «Ich hol mir jetzt ein Bier.» Er wandte sich ab und ging mit federnden Schritten zum Haus, wo er durch die Tür zum Keller verschwand – dort hatte Daniel einen zweiten Kühlschrank aufgestellt, nur für sein Bier.
    «Das klappt nicht», flüsterte Lizzy, die gerade auf ihrem Fahrrad ankam und ihnen in ihrem Captain-Hook-Kostüm zusah. Das Kostüm war zurzeit ihre Standardkleidung, und sie schien es überhaupt nicht mehr auszuziehen. Sie schlief sogar in dem Hemd mit den gefältelten Ärmeln und trugauch die Satinhose, die mit einer goldenen Vorhangkordel um die Taille festgehalten wurde, während der Kleiderhaken dann immer neben ihrem Bett auf dem Schreibtisch ruhte. Sie verwandle sich in einen echten Piraten, erklärte sie, und verwachse von Tag zu Tag mehr mit ihrer Figur. Sie fluchte, spuckte, weigerte sich, zu duschen oder sich die Zähne zu putzen, und berief sich darauf, dass Piraten nun einmal dreckig seien. Wenn jemand sich über ihren Körpergeruch beklagte, kam Tack ihr zu Hilfe:
Sie ist ein Pirat, verdammt nochmal! Da muss sie stinken!
    «Außerdem», fuhr Lizzy fort, «hat Peter Pan gar keine Flügel. Er fliegt durch reine Zauberkraft.»
    «Das hier sind echte Flügel», entgegnete Peter. «Ich wette, die funktionieren wie bei einem Flugdrachen.»
    Lizzy lachte. «Das wünschst du dir nur.»
    «Dad hat es gesagt», erklärte Peter.
    «Na ja, Dad sagt eine ganze Menge», gab Lizzy zurück. Sie scharrte mit den Spitzen ihrer abgewetzten schwarzen Motorradstiefel über den Boden. Dann räusperte sie sich und spuckte aus.
    «Komm schon», sagte Rhonda. «Gehen wir zur Bühne. Dort kannst du runterspringen und die Flügel ausprobieren.»
    «Da krieg ich doch niemals genug Auftrieb», widersprach Peter.
    Rhonda sah entsetzt zu, wie Peter sich eine Trittleiter aus der Werkstatt holte, sie an den Schuppen lehnte und auf das Schindeldach stieg.
    «Was soll das?», rief Rhonda. «Komm runter!»
    «Du schlägst dir den Schädel auf, Kamerad», sagteLizzy, die allerdings nicht sonderlich besorgt klang. «Deine Gehirnmasse wird die ganze Auffahrt versauen!»
    «Mein Gott, du hast ja ’nen Knall», schimpfte Rhonda mit Lizzy.
    Peter ging zum vorderen Rand des Daches, schaute nach unten und zog sich dann zum hinteren Rand zurück, um Anlauf zu nehmen.
    «Spring von Bord, Kamerad!», rief Lizzy ihm zu.
    «Hältst du jetzt endlich die Klappe», zischte Rhonda sie an. «Peter, lass das!», schrie sie dann nach oben. Was Peter da vorhatte, war ein dummer und gefährlicher Stunt. Seine Beweggründe verstand Rhonda nicht: Wollte er Loyalität mit seinem Vater demonstrieren? Der wahrscheinlich gar nicht sein richtiger Vater war?
    Ein widerliches Gefühl überrollte sie wie eine giftige Welle, wie Wasser voll toxischer Abfälle oder lebensgefährlicher Viren. Sie war in ihren eigenen Bruder verliebt, was nicht nur abstoßend war, sondern wahrscheinlich sogar gesetzeswidrig.
    «Komm wieder runter, und ich verrate dir ein Geheimnis», versprach Rhonda.
    «Was denn für ein Geheimnis?», fragte Peter.
    «Ein richtig gutes. Komm runter, und ich erzähle es dir. Bitte.» Würde sie es ihm wirklich sagen? Und falls ja, war dann alles kaputt?
    Lizzy trat hinter Rhonda, beugte sich vor und zischte: «Was ist denn das große Geheimnis, Ronnie? Dass du Peter liebst? Das ist völlig egal, weil der Pan sich in das Krokodil verknallt hat. Der steckt ihn ihr doch bei jeder Gelegenheit rein.»
    Lizzys Atem stank wie verdorbener Fisch. Sie packte ihre Wangen mit den Fingerspitzen und zog und drückte sie so, dass widerliche, feuchte

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