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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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Staustufe!«, brüllte Villeneuve, und dann erhob sich das Floß auch schon in die Luft.
    Alle und alles wurde kurz hochgeschleudert, Paula hielt Nirina, den sie gerade eben losgebunden hatte, fest, während ihr Herz aufgeregt hämmerte. Als das Floß mit einem harten Platschen wieder auf dem Wasser aufklatschte, jauchzte er fröhlich, als ob das ein Spiel wäre.
    In diesem Augenblick sah Paula, dass ihre Tasche mit Mathildes Buch ins Wasser gefallen war.
    »Nein!«, schrie sie völlig außer sich. Nicht das Buch! Alles andere, aber nicht das! Da könnte sie auch gleich sterben, es würde alles sinnlos machen. Sie musste es sofort da rausholen, sonst waren sämtliche Rezepte unleserlich, und das Einzige, was sie von Mathilde hatte, wäre zerstört. »Halt, sofort anhalten!«
    »Das ist völlig unmöglich!«, protestierte Morten. »Wie sollen wir denn ein Floß anhalten?««
    Paula drückte Noria den Kleinen in den Arm und sprang ohne weiter nachzudenken ins Wasser. Ohne das Buch war sie nichts, hatte sie nichts, blieb ihr nichts.
    Erst als das kalte Wasser sie nach Luft schnappen ließ, wurde ihr klar, was sie gerade getan hatte. Sie war in einen Fluss voller Krokodile gesprungen. Sie paddelte wie eine Irrsinnige mit den Füßen, um voranzukommen und ihre Tasche zu erwischen, bevor sie unterging und alles umsonst gewesen wäre.
    Sie hörte ihre Reisegefährten schreien, aber sie konnte nichts verstehen, weil das Wasser in ihren Ohren rauschte.
Weiter vorn trieb der Lederriemen. Sie kraulte, um die Tasche zu erwischen, bevor sie versank, und war so schnell, als wären die Krokodile schon hinter ihr her. Während sie sich beeilte vorwärtszukommen, dankte sie im Geiste ihrem Bruder, der ihr so geduldig das Schwimmen beigebracht hatte.
    Noch ein Stoß, dann packte sie den Riemen und zog ihn zu sich heran, jetzt musste sie zurück aufs Floß, bevor die Krokodile sie witterten, aber sie konnte es nirgends entdecken. Paula strampelte mit den Füßen, um den Kopf höher aus dem Fluss zu bekommen, drehte sich einmal um sich selbst, da endlich sah sie es. Links hinter ihr, die Strömung hatte sie viel schneller vorangetrieben als das Floß, nach links, schnell, Paula, schnell.
    Sie wand den Riemen um ihr Handgelenk und schwamm um ihr Leben, in Richtung des Floßes, das ihr entgegenkam. Verzweifelt rang sie nach Luft, riss den Mund weit auf, Wasser schwappte über ihren Kopf, erstickte sie fast, schneller, Paula, los, streng dich an, los, los, los!
    Das Floß kam näher. Und jetzt, Paula, wie willst du da wieder hochkommen?
    Sie erreichte das Floß und konnte sich an die Außenkante hängen. Sie hielt sich mit einem Arm fest und warf mit dem anderen die Ledertasche auf das Floß, damit sie nicht länger dem Wasser ausgesetzt war, dann aber rutschte sie ab und schaffte es nicht mehr, den Rand der Bambusplattform zu erwischen.
    Villeneuve fing die Tasche auf und reichte sie an Noria weiter, dann beugte er sich vor zu ihr an den Rand, um ihre Hände zu packen, aber sie verfehlten sich, weil das Wasser zu bewegt war. Wie soll ich das jemals schaffen?, fragte sich Paula.
    In diesem Moment hielt ihr Villeneuve eine der Stangen hin, um sie damit an Bord zu ziehen.
    Sie versuchte sie zu erwischen, aber das war schwierig, denn die Stange kam zwar sehr nah an sie heran, doch sie war dünn und nass. Mal war die Stange zu weit weg, dann wieder gefährlich nah. Plötzlich machte das Floß wieder einen Satz, und die Stange rammte ihre Nase so heftig von der Seite, dass sie sofort zu bluten begann. Paula stöhnte vor Schmerz. Die Krokodile, dachte Paula, das lockte sie sicher an. Sie angelte jetzt verzweifelt nach der Stange, doch sie verschwand.
    »Nein, nein«, rief sie panisch, »bitte helft mir!« Aber sie schaffte es kaum, die Worte zu artikulieren, weil sie durch die Nase keine Luft mehr bekam und durch den Mund atmen musste.
    Die Stange blieb verschwunden.
    Ich will nicht sterben, stellte Paula fest, während sich rings um sie herum das Wasser rot mit ihrem Blut färbte. Es verblüffte sie, wie sehr sie leben wollte. Damals, als ihr das kranke Kind aus dem Bauch geschnitten worden war, da hatte sie nur noch sterben wollen. Aber jetzt will ich leben, wurde Paula klar, und sie spürte, wie neue Kraft durch ihren Körper schoss. Ich will leben.

33
    Der Esel hat lieber Stroh denn Gold
    W underbar, das hätte ich so nicht planen können.
Dieses dumme Frauenzimmer springt freiwillig in einen Fluss voll bösartiger Krokodile, um ihre

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