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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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drei auf dem Bambus floß. Paula spürte, wie ihre Nase anschwoll, während noch immer Blut heraussickerte. »Ist mit Nirina alles in Ordnung?«, fragte Paula und suchte Norias Blick. Noria, die Nirina auf dem Arm hielt, nickte, starrte Paula aber mit schreckgeweiteten Augen an. Ich muss ja fürchterlich aussehen, dachte Paula und sah zu Villeneuve, der sich schon wieder voll unter Kontrolle hatte, sein Hemd auszog und auswrang. »Das war das Allerdümmste, was ich jemals erlebt habe«, polterte er.
    »Stimmt! Leichtsinnig, lächerlich, geradezu todessehn süchtig!«, gab Paula zurück. »Wer nicht schwimmen kann, sollte nicht im Fluss baden.«
    »Auf keinen Fall, das war der reinste Selbstmord!« Morten unterstützte Paula, aber dann wollte er wissen, welcher Teufel Paula geritten hatte, wegen einer Tasche in den Fluss zu springen.
    »Das verstehen Sie ja doch nicht«, murmelte Paula, weil sie endlich wissen wollte, ob sie es geschafft hatte, die Rezepte zu retten. Sie nahm Mathildas Buch aus ihrer Ledertasche und wickelte es aus ihrem Regenumhang, der vollkommen durchnässt war. Mit zitternden Händen klappte sie den roten Ledereinband auf. Blut tropfte von ihrer Nase auf die ersten Seiten. Sie hielt sich den Regenumhang unter die Nase und blätterte das Buch weiter auf. Es war feucht, die ersten Einträge waren verschwommen, aber als sie genauer hinsah, erkannte sie immerhin noch blassblaue Buchstaben. Sie blätterte weiter bis zur Mitte, bis dorthin war das Wasser noch nicht vorgedrungen. Die Schrift war klar, und sie konnte alles lesen, aber je weiter sie nach hinten gelangte, desto feuchter wurden die Seiten wieder – und damit verschwommen und nur gerade eben noch lesbar. Sie hatte es gerettet, sie hatte es geschafft.
    Erleichtert drückte sie es an sich und bemerkte erst jetzt, dass Villeneuve und Morten sich immer noch über ihren unverantwortlichen Wahnsinn entrüsteten, der sie alle das Leben hätte kosten können.
    »Hören Sie auf damit!« Noria widersprach ihnen so laut, dass Paula zusammenzuckte. Paula packte das feuchte Buch zurück in die Ledertasche, hängte sie sich wieder um und streckte Noria die Arme entgegen, damit sie ihr Nirina zurückgab. Erleichtert presste Paula ihn an sich. Nachdem er wohlbehalten in ihrem Arm geborgen war, zeigte Noria auf den Fluss hinter dem Floß. »Sehen Sie!« Paula entdeckte drei große Krokodile. Trotz der Hitze kroch eine Gänsehaut über ihren Rücken, nicht, weil die Krokodile so nah waren, auch nicht, weil sie so gewaltig waren. Sondern vielmehr, weil sie in einer Reihe nebeneinander hinter dem Floß schwammen und keine Anstalten machten, ihr Floß anzugreifen, wie sie es heute Morgen bei Morten getan hatten. Die drei Panzerechsen wirkten wie Frontsoldaten in einem Heer, dachte Paula. Gespenstisch.
    »So etwas habe ich noch nie gesehen«, sagte Noria.
    »Vielleicht sind sie einfach nur satt und deshalb friedlich«, schlug Paula vor und versuchte mit einer Hand, den Blutfluss aus ihrer Nase endlich zum Stillstand zu bringen, schaffte es aber nicht und gab deshalb Nirina an Noria zurück.
    »Es ist doch ganz offensichtlich.« Morten hob die Hände zum Himmel. »Der Herr hatte einmal mehr seine schüt zende Hand über Madame Kellermann.« Und es klang nicht so, als ob das Morten freuen würde, dachte Paula.
    »Unsinn!« Villeneuve zog sein ausgewrungenes Hemd wieder an. »Wir waren einfach schneller. Außerdem sollten wir den Tag nicht vor dem Abend loben. Wir sind immer noch nicht auf der anderen Seite!«
    Paula gab ihm recht, auch wenn sie schon sehr nah am Ufer waren und jetzt viele Bäume im Flussbett wuchsen.
    »Unsere Ahnen wollten Madame Kellermann verschonen.« Noria sah Paula in die Augen. »Das ist ein gutes Zeichen. Wir werden lebend am anderen Ufer ankommen.«
    Die Krokodile schwammen immer noch wie Soldaten aufgereiht hinter ihrem Floß.
    »Was für hässliche Biester!« Morten schüttelte sich. »Ich möchte ihnen gern ein Stück Fleisch hinhalten und sehen, ob sie dann immer noch so beherrscht nebeneinander bleiben. Erst dann würde ich das für ein Zeichen halten.«
    »Wollen Sie sich vielleicht opfern?« Villeneuve stieß Morten leicht in die Taille, und Morten taumelte zur Seite, was das Floß ins Wackeln brachte.
    »Fassen Sie mich bloß nicht an!«, bellte er.
    In gleichen Moment verhedderte sich das Floß in den Ästen eines Baumes, der im Flussbett stand, und der plötzliche Halt brachte alles ins Rutschen. Paula hielt ihre Ledertasche

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