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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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an: »Stellen Sie sich vor, er hat sich Sorgen um mich gemacht!«
    Das konnte sie sich wirklich nicht vorstellen, um Villeneuve musste man sich nicht sorgen, eher um Lázló, der gar nicht merkte, wie er alle am Tisch gegen sich auf brachte.
    »Und warum sind Sie beide überhaupt hier?« Paula nahm einen Löffel Reis von der Platte, die ihr gereicht wurde. »Was treibt Sie ausgerechnet an dieses Ende der Welt? Pflanzen, die man erforschen kann, gibt es doch überall.« Sie ließ sich Wein nachschenken und erfreute sich an seiner kirschroten Farbe und an dem Duft nach Mandeln, schwarzen Johannisbeeren und Trüffeln.
    »Das lässt sich leicht beantworten. Wahrscheinlich haben Sie noch nie von Etienne de Flacourt gehört.«
    Paula war so erfreut darüber, dass er sich endlich einmal von seiner freundlichen Seite zeigte, dass sie nur kurz und auffordernd nickte.
    »Flacourt war nicht nur für die französische Ostindien kompanie tätig, sondern auch Chronist und Pflanzenforscher. Ihm haben die Franzosen die Rückeroberung der Insel Réunion zu verdanken. Er beobachtete, dass die erfolgreichsten Fischer an der Ostküste von Madagaskar einen Topf mit Von’enina, einer kleinen, rosa blühenden Pflanze, mitnahmen, deren Blätter sie auf dem Meer kauten. Diese Fischer kamen niemals abgezehrt vom Meer zurück, sie blieben gesund und beleibt. Die Blätter waren so appetitanregend, dass die Männer sogar bereit waren, rohe Fische zu essen. Nun, ich denke, die Blätter dieser Pflanze könnten also gegen die Schwindsucht hochwirksam sein.«
    »Wie interessant.« Paula war ganz überrascht, dass er so ausführlich geantwortet hatte. »Und warum beschäftigen Sie sich ausgerechnet mit der Behandlung von Schwindsucht?«
    Statt einer Antwort trank Villeneuve fast sein ganzes Weinglas aus. Dann beugte er sich so nah zu ihr hin, dass sie nicht umhinkonnte zu bemerken, dass ihn heute auch noch ein leicht walnussartiger Geruch umgab.
    »Darüber möchte ich nicht sprechen«, flüsterte er kurz angebunden, und die Freundlichkeit in seiner Stimme war erloschen.
    Paula, die für einen Moment nicht auf der Hut vor ihm gewesen war, zuckte zurück und ärgerte sich, dass es ihm wieder gelungen war, sie vor den Kopf zu stoßen.
    Die Königin wandte sich an Paula und wollte ihren Namen wissen. Paula kam es so vor, als ob sämtliche Gespräche am Tisch plötzlich verstummten, denn die Königin hatte sehr laut gesprochen, und alle sahen zu ihr hin.
    Kaum hatte sie ihren Namen gesagt, fragte die Königin im freundlichsten Plauderton, von wo sie komme und wie viele Kinder sie habe und ob diese wohlauf seien. Ranavalona konnte nicht wissen, dass ihre überraschenden Fragen wie Granaten in Paulas Bauch einschlugen, in ihrem Kopf zur Explosion kamen und sie es deshalb kaum schaffte, ein Wort herauszubringen. Reiß dich zusammen, Paula, bat sie sich und atmete tief durch, dabei kam ihr das leicht bittere Walnussaroma von Villeneuve zupass, und sie schaffte es schließlich, der Königin zu erklären, dass sie leider keine Kinder hätte. Beinahe hätte sie dann die Königin nach ihren Kindern gefragt, doch zum Glück fiel ihr gerade noch rechtzeitig ein, dass Madame Rivet ihr erzählt hatte, der Premier hätte zwar mit seiner anderen Frau sechzehn Kinder, aber mit den beiden Königinnen Rasoherina und Ranavalona kein einziges. Deshalb fragte sie die Königin nach ihren Ahnen, was sie einen klugen Schachzug fand, weil sie hoffte, so das Gespräch auf ihre Großmutter bringen zu können.
    Sie trank einen großen Schluck Wein und lauschte der Königin, die sich in einer weitschweifigen Geschichte über den Großvater ihres Großvaters erging, der der astrologische Berater des Vaters des heiligen Andrianapoinimerinas gewesen sei. Paula konnte sich nur schwer auf die Rede von Ranavalona II. konzentrieren, so erschüttert war sie noch immer von dem Sturm, den die erste königliche Frage in ihrem Inneren ausgelöst hatte.
    Als die Königin ihre Geschichte endlich beendet hatte, nickte Paula, als wäre sie ergriffen, und hoffte, dass sie nun ihre Großmutter ins Spiel bringen könnte.
    Doch da drängte sich Villeneuve in ihr Gespräch und fragte die Königin nach ihrer Meinung zu seinem Forschungsvorhaben.
    Ranavalona wedelte mit ihrem Spitzenfächer kurz zu ihm hin, als wollte sie eine lästige Fliege verscheuchen, wandte sich sofort wieder Paula zu und ermutigte sie, ihr etwas über ihre Ahnen zu erzählen.
    Paula unterdrückte ein Lächeln und begann von ihrer

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