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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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lange Zeit war mir gar nicht klar, was in mir vorging, ich beobachtete ihn und genoss es einfach nur. Doch dann fragte mich Beaumonts Frau, ob ich Edmond so anstarren würde, weil er sich etwas zuschulden hatte kommen lassen, respektlos gewesen sei oder etwas gestohlen hätte.
    Da wurde mir klar, was ich tat, und da erst erkannte ich, dass es Liebe war, was ich empfand. Ich wollte ihm keinen Ärger machen und versuchte damit aufzuhören. Ich überlegte sogar abzureisen, aber das, meine liebe Tochter, konnte ich Dir zu diesem Zeitpunkt noch nicht antun, denn Du warst, soweit ich das beurteilen konnte, zum ersten Mal in Deinem Leben glücklich.
Also bemühte ich mich darum, Edmond zu vergessen, und ging ihm aus dem Weg – dachte ich.
    Doch einige Monate später sprach mich Monsieur Beaumont auf Edmond an und wollte wissen, warum ich ständig um ihn herumscharwenzeln würde, und es war ganz klar, was er davon hielt. Er verabscheute es. Zuerst dachte ich, es wäre wegen mir. Eine über vierzigjährige weiße Frau, die um einen ehemaligen Sklaven herumschleicht, der leicht ihr Sohn hätte sein können, das war jenseits seiner moralischen Vorstellungskraft. Er war da auch anders als zwei seiner Nachbarn, die ganz selbstverständlich die Liebesdienste ihrer jungen ehemaligen Sklavinnen in Anspruch nahmen. So etwas kam für Beaumont nicht infrage. Aber wenn er nicht mich verachtete, was war dann der Grund für seinen ganz offenkundigen Hass auf Edmond, und warum entließ er ihn nicht einfach? Beaumont war geradezu enttäuscht, dass ich ihm keinen Vorwand lieferte, Edmond hinauszuwerfen, und er machte deutlich, dass er den Umgang von weißen Frauen und schwarzen Dienern in seinem Haus nicht dulden konnte. Unter keinen Umständen.
    Und das war es, was mich dann doch dazu brachte, Edmond anzusprechen. Ich war neugierig. Warum liebte Edmond diesen Mann, und warum hasste Beaumont ihn? Einen kurzen Moment hatte ich den Verdacht, Beaumont könnte selbst in ihn verliebt sein, etwas, das ich bei den Piraten mehr als einmal erlebt habe, auch wenn sie es leugneten und als reine Kameradschaft ausgaben.
    Aber zu so etwas wäre Beaumont gar nicht fähig gewesen, er hatte in seinem ganzen Leben nicht einen einzigen Gedanken, der irgendwen erstaunt hätte, alles an ihm war vorhersehbar. Etwas, meine liebe Florence, das ihn auch sehr stark von Deinem Vater unterschied. Copalle war ein Mann, bei dem man nie wusste, was er als Nächstes tun würde. Natürlich gefiel Dir an Beaumont gerade das, denn bei ihm und seiner Familie warst Du zum ersten Mal in Deinem Leben vor Überraschungen sicher. Aber leider hattest Du ja noch mich, Deine Mutter.
    Ich begann also, mir auszumalen, was der Grund sein könnte, und der liebste Gedanke war mir, dass Edmond jemandem aus der Familie das Leben gerettet hatte und Beaumont ihm zu ewigem Dank verpflichtet war. Für gewöhnlich hasst der Mensch seine Wohltäter, das weiß ich von mir selbst. Deshalb bitte ich Dich auch, mein Geschenk nicht als Wohltat zu verstehen, sondern nur als Buße für meine Versäumnisse als Mutter.
    Ich suchte also das Gespräch mit Edmond. Ich hatte erwartet, dass er peinlich berührt auf den Boden starren und meinem Blick ausweichen würde, aber da hatte ich mich gründlich getäuscht. Er blickte mir direkt ins Gesicht, mit Augen schwarz und schimmernd wie das Meer in einer mondlosen Nacht.
    Dann fragte er mich mit seiner sanften Stimme, warum ich ihn dauernd beobachten würde. Ich schämte mich und fühlte mich nun wirklich wie ein hässliches altes und vor allem dummes Weib und wusste nicht, wie ich mich ihm erklären sollte.
    Aus der Ferne war mir mein Verhalten schicklich vorgekommen, das platonische Ideal des reinen Eros, aber nun, da ich so nah vor ihm stand, dass sein Geruch mich berauschte, während er mir in die Augen sah, nun war ich rettungslos verloren. Was für ein Selbstbetrug! Diese so vermeintlich reine Liebe sehnte sich mit aller Kraft nach höchst unanständiger Erfüllung. Ich wollte mich verlieren in diesem betörenden Duft aus Vanille, Rauch und Minze, den seine Haut verströmte. Und je länger ich mich an seinem Aroma berauschte, desto deutlicher konnte ich dann auch noch Kirschblüten und Zibeth erkennen. Was für ein unwiderstehliches Gemisch. Ich war verloren! Ich hoffe, meine liebe Florence, dass Deine frühere Abneigung gegen Parfüm sich mit dem Alter gelegt hat und einem Interesse gewichen ist, das Deiner Herkunft würdig ist.
    Edmond lächelte mich an

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