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Die Insel des Schreckens

Die Insel des Schreckens

Titel: Die Insel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans W. Wiener
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Kalathee, wo wolltest du hin?«
    Sie lächelte, aber sie antwortete nicht. Zusehends wurde ihr Blick stumpfer. Ihre Augen verloren jeden Ausdruck. Als Mythor sie für einen Augenblick losließ, drehte sie sich wortlos um und setzte ihren Weg fort, den ihr eine unbekannte, geheimnisvolle Macht eingab.
    Noch einmal lief Mythor hinter ihr her. Er hielt sie fest, hob sie hoch und warf sie sich über die Schulter. Mit der leichten Last auf dem Rücken kehrte er zu den Gefährten zurück.
    Er brauchte nicht weit zu gehen. Sadagar und Nottr kamen ihm bereits entgegen.
    »Du hattest recht, Steinmann«, sagte Mythor. »Es muss mit diesem sirrenden Geräusch zusammenhängen. Es beherrscht die Gedanken der Menschen und lässt sie gefügig werden für Befehle einer Macht, die diese Insel beherrscht. Kalathee ist bereits in ihrer Gewalt. Wir müssen versuchen, die Burg zu erreichen, bevor auch wir unseren Willen verlieren!«
    Weder Sadagar noch Nottr reagierten auf die Worte. Stumm gingen sie an Mythor vorbei. Ihre Arme hingen schlaff herunter, ihre Oberkörper wirkten steif und unbeweglich.
    Im Westen versank die Sonne im Meer.
    *
    Kurz vor Sonnenaufgang belebte sich die Uferstraße der Kuppelstadt. Die Bewohner verließen ihre Häuser und begannen mit langsamen, trägen Schritten auf und ab zu gehen. Sie sprachen nicht miteinander, sie zeigten kein Mienenspiel. Wie die Puppen eines mächtigen Spielers bewegten sie sich ohne eigenen Willen.
    Mythor war mitten unter ihnen. Seine Arme hingen an den Schultern, als gehörten sie nicht zu ihm. Seine Bewegungen wirkten hölzern und ungelenk. Seine Augen waren halb geschlossen, seine Pupillen nicht zu erkennen.
    Über allem lastete dumpf eine vollkommene Teilnahmslosigkeit.
    Der scharfe Knall einer Peitsche unterbrach jäh die Stille. Pferdehufe trommelten auf hartem Boden, und hölzerne Wagenräder zermalmten knirschend Steine und Sand. Ein vierspänniger Wagen durchbrach wild das vertrocknete Gebüsch, das die Kuppelstadt umschloss, und jagte in voller Fahrt auf die Uferstraße zu.
    Auf dem Bock des offenen, einachsigen Wagens stand der Kutscher und ließ die lange Lederpeitsche dicht vor den Ohren der abgehetzten Tiere knallen. Schaumflocken flogen von den Mäulern der Pferde, klebten in ihren Fellen und trockneten zu gelben Krusten.
    Der Kutscher war klein und untersetzt. Er war nicht einmal eineinhalb Schritt groß. Ein dunkelbrauner Umhang hüllte seinen Körper ein und wurde in der Hüfte von einem groben Hanfseil zusammengehalten. Darin steckten ein kurzes Breitschwert und ein zweischneidiger Dolch. Der Kopf des Mannes war übergroß und wirkte unpassend auf dem kurzen Körper. Er saß unmittelbar auf den Schultern. Die Augen standen dicht beieinander unter buschigen, verwachsenen Brauen. Sie funkelten, und ein wildes, grausames Feuer spiegelte sich darin wider.
    Hinter dem Kutscher hockten zwei weitere Gestalten auf dem Wagen. Sie glichen ihm in Körpergröße, Aussehen und Kleidung. Auch sie trugen Dolche und Schwerter in ihren Gürteln und hielten Peitschen in den Händen.
    Die Seitenwände des Wagens bestanden aus ineinander verflochtenen Weidenzweigen. Sie erinnerten stark an einen Käfig. Die Grundfläche des Gefährts maß etwa zwei mal zwei Schritt.
    Dicht vor den ersten Menschen auf der Uferstraße riss der Kutscher hart an den Zügeln und hielt den Wagen an.
    Die Pferde schlugen mit den Köpfen, verdrehten die Augen und bleckten ihre Gebisse. Ihre Felle waren von Schweiß durchtränkt, und ihre Flanken zitterten.
    Die drei düsteren Gestalten sprangen vom Wagen und knallten mit ihren Peitschen in der Luft. Sie rissen ihre Münder auf und grölten und lachten. Sie mischten sich zwischen die teilnahmslosen Schiffbrüchigen und bahnten sich mit groben Stößen und Schlägen einen Weg.
    »Wen nehmen wir uns denn heute vor?« fragte der Kutscher. Seine Stimme klang grausam und hart.
    »Ja, wen?« antwortete ein anderer. »Ysider will diesmal vier!«
    »Soll er haben«, dröhnte der dritte. Er bewegte ruckartig seinen Arm und ließ die Peitsche durch die Luft pfeifen. Klatschend legte sich das Leder um den Hals eines Mannes, der träge mehrere Schritt vor ihm her ging.
    Der Mann zuckte nicht einmal mit der Wimper, als ihn die Peitsche traf. Er blieb einfach stehen und wartete ab. Unbeteiligt, apathisch.
    »Einen habe ich«, grölte der Scherge und riss den Gefangenen mit der Peitsche zu sich heran. Er stieß ihn zum Wagen und warf ihn auf die Ladefläche.
    Die beiden

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