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Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages

Titel: Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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dem Rad stand und die andere schräg. Abwechselnd von der einen und von der anderen Seite kommend, stieß das Pendel, einmal angestoßen, mit einer Spitze, die unten aus der Scheibe ragte, an eine Borste, die ihrerseits einen Zahn an der aufrechten Seite berührte und somit das Rad in Bewegung setzte; wenn aber das Pendel zurückkam, berührte die kleine Borste nur leicht die schräge Seite des Zahns, und das Rad blieb stehen. Da die Zähne numeriert waren, konnte man, wenn das Pendel stehenblieb, die Anzahl der weitergeschobenen Zähne ablesen und hatte damit die Anzahl der seit dem Anstoß vergangenen Zeiteinheiten.
    »So brauchst du nicht jedes Mal eins zwey drey et cetera zu zählen, sondern am Ende, wann ich sage Basta , hältst du das Perpendiculum an und zählst die Zähne, capito ? Und schreib, wie viel Zähne es sind. Dann schau auff die Uhr und schreib, welche Zeit es ist. Und wann ich von neuem Los sage, gibst du dem Ding wiederumb einen fröhlichen Stoss, und es beginnt auffs neue zu schwingen. Simpel, nicht? Könnt auch ein Kind begreiffen.«
    Es war noch keine richtige Pendeluhr, das wusste Pater Caspar sehr wohl; doch man begann damals gerade über dieses Thema zu diskutieren, und eines Tages würde man perfektere bauen können.
    »Schwierige Sach, und wir müssen noch Vieles lernen, aber wann Gott nit hätt verboten zu wetten ... also ich würd ohnzögerlich wetten, daß in Zukunfft alle mit Perpendicula auf die Suche nach Longitudines und andern Phänomena gehen. Allerdings, auff einem Schiffe ist es sehr difficil, du mußt sehr auffmercksam Acht geben.«
    Pater Caspar ließ Roberto die beiden Apparate, zusammen mit dem nötigen Schreibzeug, aufs Achterkastell bringen, das die höchste Stelle auf der Daphne war, wo sie das Instrumentum Arcetricum aufbauen konnten. Dann holten sie jene Geräte herauf, die Roberto im »Magazin« gesehen hatte, als er noch auf der Jagd nach dem Eindringling gewesen war. Sie ließen sich leicht transportieren, bis auf die große metallene Schüssel, die nur unter Verwünschungen und erst nach mehreren vergeblichen Versuchen aufs Deck gelangte, denn sie verklemmte sich in den engen Treppenund wollte nicht hinauf. Aber Pater Caspar, so schmächtig er war, zeigte jetzt, da es seinen Plan zu verwirklichen galt, eine physische Energie, die seinem Willen durchaus ebenbürtig war.
    Er schleppte fast allein ein Gestell nach oben, das aus eisernen Stangen und Halbkreisen bestand und, als es aufgeklappt wurde, sich als eine kreisrunde Form erwies, an der das kreisrunde Segeltuch mit den Ringen am Rand so befestigt wurde, dass am Ende so etwas wie ein großes rundes Becken entstand, annähernd halbkugelförmig mit einem Durchmesser von ungefähr zwei Metern. Es musste sorgfältig ausgeteert werden, damit es das ranzig riechende Öl aus den bauchigen Gefäßen nicht durchsickern ließ, das Roberto anschließend einfüllte, nicht ohne sich über den penetranten Gestank zu beklagen. Doch Pater Caspar erinnerte ihn daran, seraphisch wie ein Kapuziner, dass es ja nicht zum Zwiebelrösten dienen sollte.
    »Und wozu soll es dienen?«
    »Versuchen wir, in dieß kleyne Meer ein noch kleyneres Schiffchen zu setzen«, sagte der Pater und ließ sich dabei helfen, die flache Metallschüssel in das Öl zu setzen, deren Durchmesser etwas kleiner als der des Segeltuchbeckens war. »Hast du noch nie sagen hören, das Meer sey glatt wie Öl? Da, nun siehest dus selbst, das Schiff legt sich nach links, und das Öl in der Wannen legt sich nach rechts, et vice versa, oder jedenfalls scheynt es dir so; in Würcklichkeit bleibt das Öl immer gleichermassen eben und parallel dem Horizonte. Das bliebe es auch, wann es Wasser wäre, aber auf Öl schwimmt die Schüssel wie auf einem Meer bei Windstille. Ich habe auch schon ein kleynes Experimentum in Rom gemacht, mit zween kleynen Schüsseln, die größere mit Wasser gefüllt und die kleynere voller Sandes, und in den Sand eingestecket ein Stift, und dann hab ich die kleynere in die größere gesetzt und diese bewegt, und du kontest den Stift kerzengerade stehn sehn wie ein Campanile, nicht schief wie die Türme zu Bononia!«
    »Wunderbar!«, sagte Roberto. »Und jetzo?«
    »Jetzo nehmen wir die Schüssel wieder herauß, denn wir müssen eine gantze Maschinen darauff montiren.«
    Am Boden der Metallschüssel waren kleine metalleneFedern befestigt, damit sie, erklärte der Pater, wenn sie mit ihrer Last im Öl schwamm, immer wenigstens einen Fingerbreit vom

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