Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages

Titel: Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
Vom Netzwerk:
Versammlung Nutzen zog, nicht auch aus Galileis Methode Nutzen ziehen sollen!
    Im Gegenteil, sagte er, es sei sogar überaus nützlich, für die Wissenschaft wie für den Glauben, so rasch wie möglich von Galileis Idee zu profitieren; habe er doch schon versucht, sie an die Holländer zu verkaufen, und man könne von Glück sagen, dass diese, wie schon die Spanier vor einigen Jahren, ihr misstraut hätten.
    Galilei habe verstiegene Schlüsse aus einem an sich ganz vernünftigen Grundgedanken gezogen, nämlich den Holländern die Idee des Fernrohrs zu stehlen (die es nur benutzten, um die Schiffe im Hafen zu beobachten) und es auf den Himmel zu richten. Und dort habe er unter vielen anderen Dingen, die in Zweifel zu ziehen Pater Caspar sich nicht träumen lassen würde, entdeckt, dass Jupiter oder Jovis, wie Galilei ihn nannte, vier Satelliten habe, also sozusagen vier Monde, die man seit Anbeginn der Welt bis zu jenem Tage noch niemals gesehen habe. Vier kleine Sterne, die ihn umkreisten, während er selbst um die Sonne kreise – und dass Jupiter um die Sonne kreist, war, wie wir sehen werden, für Pater Caspar akzeptabel, solange es nicht die Erde tangierte.
    Nun sei die Tatsache, dass unser Mond sich bisweilen verfinstere, wenn er in den Schatten der Erde eintrete, sehr wohl bekannt, so wie auch allen Astronomen bekannt sei, wann diese Mondfinsternisse einträten, und es sei in den Sterntafeln oder Ephemeriden vermerkt. Kein Wunder also, wenn auch die Jupitermonde ihre Finsternisse hatten. Ja, sie hätten sogar, jedenfalls für uns, eine richtige Eclipsis und eine sogenannte Occultatio.
    Denn unser Mond verschwinde vor unseren Augen, wenn die Erde sich zwischen ihn und die Sonne schiebe, aber die Jupitermonde verschwänden zweimal vor unseren Augen: einmal, wenn sie hinter, und einmal, wenn sie vor ihm vorbeizögen und dann ganz eins würden mit seinem Licht, und mit einem guten Fernrohr könne man ihr Auftauchen und Verschwinden sehr gut verfolgen. Mit dem unschätzbaren Vorteil, dass, während die Finsternisse unseres Mondes nur bei jedem Tod eines Bischofs erfolgten und lange dauerten, diejenigen der Jupitermonde recht häufig einträten und ziemlich rasch verliefen.
    Nehmen wir nun an, dass die genauen Uhrzeiten der Finsternisse eines jeden Jupitersatelliten (die jeder auf einer anderen Umlaufbahn um den Planeten kreisten) für einen gegebenen Meridian exakt berechnet und in verlässlichen Tafeln festgehalten wären: Man brauche dann nur noch die genaue Uhrzeit zu bestimmen, zu der die jeweilige Jupitermondfinsternis auf dem unbekannten Meridian zu sehen sei, auf welchem man sich gerade befinde – und die sei leicht zu ermitteln – und dann könne man unschwer aus der Differenz die geographische Länge des Beobachterstandpunktes errechnen.
    Gewiss, es habe kleinere Misslichkeiten gegeben, über die es nicht lohne mit einem Laien zu sprechen, doch einem guten Rechner würde die Unternehmung gelingen, wenn er über eine zuverlässige Uhr verfügte, über ein Perpendiculum oder Horologium oscillatorium, also eine Pendeluhr, die mit absoluter Genauigkeit selbst noch die Differenz von nur einer Sekunde zu messen vermöchte; wenn er item zwei normale Uhren hätte, die ihm zuverlässig anzeigten, von wann bis wann das Phänomen erstens auf dem Meridian des Beobachters und zweitens auf dem der Insel des Eisens zu beobachten ist; wenn er item mit Hilfe der Sinustafel die Größe des Winkels bestimmen könnte, der von den beobachteten Körpern im Auge gebildet wird – ein Winkel, der, wenn er durch die Stellung der Zeiger einer Uhr ausgedrückt würde, die Distanz zweier Körper und ihre Veränderung in Minuten und Sekunden angäbe.
    Immer vorausgesetzt, um es nochmals zu sagen, man hätte jene verlässlichen Ephemeriden, die der alte und kranke Galilei nicht mehr fertigzustellen vermochte, aber die Pater Caspars Mitbrüder, die schon so gut im Berechnen der Mondfinsternisse gewesen waren, inzwischen vervollständigt hatten.
    Und was seien nun die größten Misslichkeiten, über die sich die Gegner Galileis so erbost hätten? Dass es sich um Beobachtungen handle, die man nicht mit bloßem Auge machen könne, sondern nur mit einem guten Fernrohr oder Teleskop, wie man inzwischen gern sage? Nun, Pater Caspar habe eines von hervorragender Qualität, wie es nicht einmal Galilei jemals sich hätte träumen lassen. Dass die Messungenund Berechnungen für einen Seemann zu schwierig seien? Wo doch alle anderen Methoden zur

Weitere Kostenlose Bücher