Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages
zurief. Und diesmal hatte er recht: Die Holländer gehören versenkt, aber nicht, wenn ein Jesuit an Bord ist.
Zum Glück war es nicht schwer, andere Missionen in nicht allzu weiter Ferne zu finden, und so hatten sie Kurs auf das gastlichere Mindanao genommen. Und auf diese Weise hatten sie von Etappe zu Etappe die Länge unter Kontrolle behalten (und Gott weiß wie, füge ich hinzu, wenn ich bedenke, dass sie schließlich fast nach Südwest-Australien gelangt waren, also jede Orientierung verloren haben mussten).
»Und jetzo müssen wir Novissima Experimenta machen, umb clarissime et evidenter zu beweisen, daß wir würcklich und wahrhafftig am hundertundachtzigsten Meridian sind. Andernfalls dencken meine Mitbrüder am Collegio Romano, ich sey ein Wirrkopf.«
»Neue Experimente?«, fragte Roberto. »Sagtet Ihr nicht, die Specula habe Euch endlich Gewissheit gegeben, dass Ihr am hundertachtzigsten Meridian angelangt und vor der Insel Salomons seid?«
Ja, schon, antwortete der Jesuit, er sei dessen sicher: Er habe die verschiedenen unvollkommenen Methoden der anderen miteinander konfrontiert, und die Übereinstimmung so vieler schwacher Methoden könne nur eine ziemlich starke Gewissheit ergeben, wie beim Gottesbeweis durch den consensus gentium , der davon ausgeht, dass im Glauben an Gott zwar viele Menschen zum Irrtum neigen, aber sich unmöglich alle irren könnten, von den Urwäldern Afrikas bis zu den Wüsten Chinas. So füge es sich auch, dass wir an die Bewegung der Sonne und des Mondes und der anderen Planeten glauben, oder an die verborgene Kraft des Schellkrauts, oder an ein Feuer im Innern der Erde: Seit Tausenden von Jahren hätten die Menschen dies alles geglaubt, und in solchem Glauben sei es ihnen gelungen, auf diesem Planeten zu leben und viele nützliche Wirkungen aus der Art und Weise zu ziehen, wie sie das Große Buch der Natur lasen. Doch eine so große Entdeckung wie diese hier müsse durch viele andere Beweise bestätigt werden, damit auch die Skeptiker sich der Evidenz beugten.
Außerdem dürfe man ja die Wissenschaft nicht nur aus Liebe zum Wissen betreiben, sondern müsse auch dieMitmenschen daran teilhaben lassen. Und deswegen, in Anbetracht, dass es ihn so viel Mühe gekostet habe, die richtige Longitudo zu finden, müsse er jetzt Bestätigung durch einfachere Methoden suchen, auf dass dieses Wissen gemeinsamer Besitz aller Menschen auf Erden werde, »oder zumindest doch aller christlichen Menschen oder genauer aller katholischen, denn die häretischen Holländer oder Engelländer, oder gar die Böhmen und Mähren, die sollten besser niemahls nit in Kenntnuß dieser Secreti gelangen«.
Nun halte er von allen Methoden zur Messung der Longitudo zwei mittlerweile für sicher. Die eine sei gut für das feste Land, nämlich ebenjener Schatz aller Methoden, den die Specula Melitensis darstelle; die andere sei gut für Beobachtungen auf See, nämlich jenes Instrumentum Arcetricum , das sich noch unter Deck befinde und noch nicht in Betrieb gesetzt worden sei, denn zuerst müsse man sich durch die Specula Gewissheit über die eigene Position verschaffen und dann sehen, ob jenes Instrument sie bestätige, um sie dann als doppelt gesichert betrachten zu können.
Er habe dieses Experiment schon viel früher machen wollen, wenn nicht all das geschehen wäre, was dann geschehen war. Doch nun sei der Moment gekommen, und es werde genau in dieser Nacht so weit sein: sowohl der Himmel wie die Ephemeriden sagten, es sei die richtige Nacht.
Was aber sei nun das Instrumentum Arcetricum? Es sei eine Vorrichtung, die schon viele Jahre zuvor Galilei erdacht habe – aber eben erdacht, beschrieben, versprochen, nie verwirklicht, bevor dann Pater Caspar darangegangen sei. Und als Roberto fragte, ob jener Galilei derselbe sei, der eine hochoffiziell verurteilte Hypothese über die Bewegung der Erde aufgestellt habe, antwortete Pater Caspar, jawohl, als er sich mit Metaphysik und den Heiligen Schriften beschäftigte, habe jener Galilei schlimme Sachen gesagt, aber als Mechanikus sei er ein Genie gewesen. Und auf die Frage, ob es denn nicht von Übel sei, die Ideen eines Mannes zu benutzen, den die Kirche getadelt habe, antwortete der Jesuit, zum höheren Ruhme Gottes könnten auch die Ideen eines Häretikers beitragen, wenn sie in sich nicht häretisch seien. Und warum hätte schließlich Pater Caspar, der alle existierenden Methoden begrüßte, auf keine von ihnen schwor, aber aus ihrerrauflustigen
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