Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages
Körbchen, eine Treppe, ein Sieb oder eine Säule, und schon versuchte man, ein Netz von Dingen rings um sie zu knüpfen, die auf den ersten Blick niemand dort gesehen hätte. Ich will mich hier nicht daranmachen, zwischen Emblem und Imprese zu unterscheiden und zu analysieren, wie vielfältig man diesenWappensymbolen Verse oder Wahlsprüche beigeben konnte (oder höchstens, indem ich sage, das Emblem gewann aus der Beschreibung eines besonderen Faktums, das nicht notwendigerweise durch Figuren ausgedrückt werden musste, ein allgemeingültiges Konzept, während die Imprese, vom konkreten Bild eines besonderen Gegenstands ausgehend, zu einer Eigenschaft oder Aussage eines Individuums gelangte, wie wenn man sagt »Ich werde reiner als der Schnee sein« oder »klüger als die Schlangen« oder auch »Ich würde lieber sterben als ein Verräter werden«, bis hin zu so berühmten Devisen wie Frangar non flectar , »Ich zerbreche eher, als dass ich mich beuge«, und Spiritus durissima coquit , »Der Geist kocht das Härteste weich«), aber die Menschen jener Zeit hielten es für unverzichtbar, die ganze Welt in einen Wald von Symbolen zu übersetzen, von Fingerzeigen und Sinnfiguren in Reiterspielen, Maskeraden, Gemälden, Adelswaffen, Trophäen, Ehrenzeichen, Ironischen Bildern, Münzenrückseiten, Fabeln, Lehrstücken, Allegorien, Epigrammen, Sentenzen, Wortspielen, Sprichwörtern, Namenskarten, Lakonischen Briefen, Epitaphen, Parerga, Grabschriften, Schilden, Glyphen – und hier mache ich Schluss, wenn's erlaubt ist, aber sie machten hier noch lange nicht Schluss. Und jede gute Imprese musste metaphorisch und poetisch sein, bestehend aus einer Seele, die es ganz zu enthüllen galt, vor allem aber aus einem sensiblen Körper, der auf ein Objekt der Welt verwies, und sie musste edel sein, neu und doch erkennbar, augenfällig und doch wirksam, einzigartig, proportional zum Raum, scharfsinnig und knapp, mehrdeutig und lauter, auf volksnahe Weise rätselhaft, treffend, originell, geistvoll und heroisch.
Kurzum, eine Imprese war eine geheimnisvolle Abwägung, Ausdruck einer Entsprechung, eine Dichtung, die nicht sang, aber sich zusammensetzte aus einer stummen Figur und einem Motto, das beim Anblick für sie sprach. Kostbar nur, solange sie unsichtbar war, verbarg sich ihr Glanz in den Perlen und Diamanten, die sie nur nach und nach zeigte. Sie besagte umso mehr, je weniger Lärm sie machte, und wo das Epische Gedicht nach Fabeln und Episoden verlangte oder die Geschichte große Beschlüsse und Reden brauchte, kam die Imprese mit zwei Strichen undeiner Silbe aus: Ihre Düfte verströmte sie nur in ungreifbaren Tropfen, und nur dann konnte man die Dinge unter einem überraschenden Kleid erkennen, wie es bei Fremden und bei Masken vorkommt. Der Sinnspruch verhüllte mehr, als er preisgab. Er belud den Geist nicht mit Materie, sondern nährte ihn mit dem Wesentlichen. Er musste ausgefallen und erlesen sein, peregrino , wie man damals gern sagte, aber peregrino hieß auch straniero , fremdartig, ausländisch, und straniero hieß auch strano , sonderbar, seltsam.
Was ist ungewöhnlicher als eine Flammenfarbene Taube? Ja, was ist mehr peregrino – in jedem Sinne – als das Bild der Taube? Seit jeher war dieses Bild sehr reich an Bedeutungen, und seine Bedeutungen traten umso schärfer hervor, als sie einander widersprachen.
Als erste von der Taube gesprochen hatten, wie nicht anders zu erwarten, die alten Ägypter, und zwar bereits in den uralten Hieroglyphica des Horus Apollo, und unter vielem anderen war dieser Vogel dort als das reinste aller Tiere betrachtet worden, so dass, wenn eine Pest herrschte, welche die Menschen und Dinge vergiftete, nur jene von ihr unberührt blieben, die nichts anderes als Tauben aßen. Was uns nicht wundernehmen darf, sind diese Vögel doch die einzigen Tiere, die keine Galle haben (also auch nicht das Gift, das den anderen Tieren an der Leber haftet), und schon Plinius sagte, wenn eine Taube krank werde, pflücke sie sich ein Lorbeerblatt, und schon werde sie wieder gesund. Und wenn wir bedenken, dass sich die Nymphe Daphne in einen Lorbeerbaum verwandelt hatte, haben wir uns verstanden.
Doch so rein sie auch sein mögen, die Tauben sind auch ein recht tückisches Symbol, denn sie verzehren sich vor lauter Wollust: Sie verbringen den ganzen Tag damit, sich schnäbelnd zu küssen (wobei sie ihre Küsse verdoppeln, um sich gegenseitig zum Schweigen zu bringen), und dabei überkreuzen sie
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