Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages
schmähen, war er in einer Hafenkneipe einem Reisenden aus Genua begegnet und hatte dessen Vertrauen gewonnen, um alsbald zu erfahren, dass dieser Genuese in Wirklichkeit Mahmut hieß und ein Renegat war, der im Orient den muslimischen Glauben angenommen hatte und jetzt in London, verkleidet als portugiesischer Kaufmann, Nachrichten über die britische Flotte sammelte, während andere Spione im Solde der Hohen Pforte das Gleiche in Frankreich taten.
Ferrante enthüllte ihm, er habe in Italien für türkische Agenten gearbeitet und sei gleichfalls zum Islam übergetreten, wo sein angenommener Name Djennet Oglou sei. Er verkaufte ihm unverzüglich seine Informationen über die Schiffsbewegungen in englischen Häfen und ließ sich darüber hinaus eine Belohnung dafür auszahlen, dass er eine Nachricht an Mahmuts Glaubensbrüder in Frankreich überbrachte. Während die englischen Kleriker ihn auf dem Weg nach Spanien wähnten, wollte er sich einen zusätzlichen Gewinn aus seinem Aufenthalt in England nicht entgehen lassen, nahm Kontakt zur britischen Admiralität auf, stellte sich als ein Venezianer namens Granceola vor (»Krabbe«, ein Name, den er im Gedenken an jenen Hauptmann Gambero, »Krebs«, erfunden hatte) und erklärte, dass er Geheimaufträge für den Rat der Serenissima erledige, besonders die Pläne der französischen Handelsflotte betreffend. Doch vom Bann verfolgt wegen eines Duells, habe er Zuflucht in einem befreundeten Land suchen müssen. Zum Beweis seines guten Willens könne er seine neuen Herren darüber informieren, dass Frankreich sich Informationen in den britischen Häfenbeschaffe durch einen gewissen Mahmut, einen türkischen Spion, der in London lebe und sich als portugiesischer Kaufmann ausgebe.
Im Besitz jenes Mahmut, der sofort verhaftet wurde, fanden sich in der Tat Notizen über Schiffsbewegungen in den englischen Häfen, und so wurde Ferrante beziehungsweise Granceola als vertrauenswürdige Person eingestuft. Mit dem Versprechen, dass man ihm hinterher Unterschlupf in England gewähren würde, und mit einer schönen Summe als Vorschuss wurde er nach Frankreich geschickt, wo er sich mit anderen englischen Agenten zusammentun sollte.
Zurück in Paris, übergab er Richelieu sofort jene Informationen, die die Engländer bei Mahmut gefunden hatten. Sodann suchte er die Leute auf, deren Adressen ihm der genuesische Renegat gegeben hatte, und präsentierte sich als Charles de La Bresche, ein ehemaliger Ordensmann, der zum Islam übergetreten sei und soeben in London ein Komplott angezettelt habe, um das ganze Christengesindel in Misskredit zu bringen. Die türkischen Agenten schenkten ihm Glauben, da sie bereits von einem Büchlein gehört hatten, in dem die anglikanische Kirche die Missetaten eines spanischen Priesters anprangerte – mit dem Ergebnis, dass in Madrid, kaum dass die Kunde dort eingetroffen war, jener Prälat verhaftet worden war, dem Ferrante den Verrat zugeschrieben hatte, so dass der Mann jetzt in den Verliesen der Inquisition auf den Tod wartete.
Ferrante ließ sich von den türkischen Agenten in Paris die Informationen geben, die sie über Frankreich gesammelt hatten, und schickte sie per Kurier an die britische Admiralität, wofür er eine erneute Belohnung erhielt. Dann ging er wieder zu Richelieu und enthüllte ihm die Existenz einer türkischen Verschwörung in Paris. Erneut bewunderte Richelieu die Geschicklichkeit und Treue seines Informanten. So dass er ihn mit einer noch schwierigeren Aufgabe betraute.
Schon seit einiger Zeit war der Kardinal besorgt über das, was im Salon der Marquise de Rambouillet vorging, denn ihm war der Verdacht gekommen, dass unter jenen Freigeistern schlecht über ihn geredet wurde. Er hatte den Fehler gemacht, einen ihm ergebenen Höfling zu der Marquise zu schicken,der sie töricht nach eventuellem Gemunkel über Richelieu gefragt hatte. Sie hatte geantwortet, ihre Gäste kennten ihre hohe Meinung über Seine Eminenz so gut, dass sie, selbst wenn sie schlecht über den Kardinal dächten, in ihrer Gegenwart nie etwas anderes als das Beste über ihn sagen würden.
So fasste Richelieu den Plan, in Paris einen Ausländer auftreten zu lassen, der in jenen Kreisen akzeptiert werden könnte. Um es kurz zu machen, denn Roberto hatte keine Lust, sich all die Winkelzüge auszudenken, mit denen Ferrante sich Eingang in den Salon hätte verschaffen können, er begnügte sich damit, ihn eines Tages dort erscheinen zu lassen, ausgerüstet mit
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