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Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages

Titel: Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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gelangt war, als er in Casale die Illusionen seiner Kindheit verlor.
     
    Dort war es noch gewesen, wo ihm, nach seinen ersten Einblicken in die Geschichte als Ort zahlloser Launen und undurchschaubarer Ränke der Staatsräson, Saint-Savin zu verstehen gegeben hatte, dass die Große Maschine der Welt sehr unzuverlässig war, geplagt von den Boshaftigkeiten des Zufalls. In wenigen Tagen war sein Jugendtraum von den Großen Taten verflogen, und bei Pater Emanuele hatte er gelernt, dass es galt, sich für die Großen Worte zu ereifern – und dass man ein Leben damit verbringen kann, nicht einen Riesen zu bekämpfen, sondern einen Zwerg auf tausenderlei Art zu benennen.
    Nach dem Besuch im Kloster hatte er sich, um noch ein wenig zu plaudern, Herrn della Saletta angeschlossen, der seinerseits Herrn de Salazar ans Tor begleitete, und so gingen sie zu dritt ein Stückweit über die Bastionen.
    Die beiden Herren waren voll des Lobes für Pater Emanueles Metaphern-Maschine, und Roberto fragte naiv, was so viel Wissenschaft bringen könne, um das Schicksal einer Belagerung zu entscheiden.
    Herr de Salazar lachte. »Junger Freund«, sagte er, »wir alle sind hier bemüht, und zwar auf Wunsch verschiedener Monarchen, dass dieser Krieg nach Recht und Ehre ausgehe. Dochwir haben nicht mehr die Zeiten, in denen man den Lauf der Sterne mit dem Schwert ändern konnte. Vorbei ist die Zeit, da der Adel die Könige schuf; heute sind es die Könige, die den Adel erschaffen. Einst war das Leben am Hofe ein Warten auf den Moment, da der Edelmann sich als solcher im Krieg erweisen konnte. Heute sind all die Edelmänner, die Ihr dort seht«, und er deutete auf die Zelte der Spanier, »und die Ihr hier seht«, und er deutete auf die Unterkünfte der Franzosen, »in diesem Krieg nur, um heimkehren zu können an ihren natürlichen Ort, und der ist der Hof, und am Hofe, mein Freund, wetteifert man nicht mehr, um dem König an Tugend gleichzukommen, sondern um seine Gunst zu gewinnen. Heutzutage gibt es in Madrid Edelmänner, die ihren Degen noch nie gezogen haben, und sie entfernen sich nie aus der Stadt, denn wenn sie es täten, ließen sie sie, während sie selbst sich auf dem Feld der Ehre mit Staub bedeckten, in den Händen reicher Bürger und eines Amtsadels, den heutzutage auch ein Monarch in hoher Wertschätzung hält. Dem Krieger bleibt nichts anderes mehr übrig, als die Tapferkeit aufzugeben und der Weltklugheit zu folgen.«
    »Der Weltklugheit?«, fragte Roberto.
    Salazar forderte ihn auf, in die Ebene hinunterzuschauen. Die beiden Parteien waren in träge Scharmützel verwickelt, da und dort sah man Staubwolken aufsteigen an den Mündungen der Minengänge, wo die Kanonenkugeln einschlugen. Im Nordwesten schoben die Kaiserlichen eine sogenannte Schirmwand voran: einen robusten Wagen, an den Seiten mit Sicheln versehen und vorn mit einer Wand aus Eichenplanken, gepanzert mit pickelbeschlagenen Eisenbändern. Durch Schießscharten in dieser Wand ragten die Läufe von Büchsen, Feldschlangen und Arkebusen, und an den Seiten konnte man die auf dem Wagen verschanzten Landsknechte sehen. Vorne von Rohren starrend, an den Seiten von Klingen, und dazu kettenrasselnd, fauchte die Maschine ab und zu Feuerstöße aus einer ihrer Kehlen. Sicher hatten die Belagerer nicht vor, sie sofort einzusetzen, denn es war eine Kriegsmaschine, die erst vor die Mauern gebracht werden musste, wenn die Minen ihre Arbeit getan hatten, aber ebenso sicher wurde sie dort zur Schau gestellt, um die Belagerten zu erschrecken.
    »Seht Ihr«, sagte Salazar, »der Krieg wird durch Maschinen entschieden werden, seien es Sichelwagen oder Minengänge. Einige unserer tapferen Kameraden, auf beiden Seiten, werden ihre Brust noch dem Gegner darbieten, aber wenn sie dabei nicht versehentlich sterben, werden sie es nicht getan haben, um zu siegen, sondern um Reputation zu gewinnen, die sie dann am Hofe verwenden können. Die Tapfersten unter ihnen werden klug genug sein, aufsehenerregende Unternehmungen zu wählen, aber nicht ohne das Verhältnis zwischen Risiko und Gewinnchance nüchtern zu kalkulieren ...«
    »Mein Vater ...«, begann Roberto als Hinterbliebener eines Helden, der nie und nichts kalkuliert hatte. Salazar unterbrach ihn: »Euer Vater war genau ein Mann der vergangenen Zeiten. Glaubt nicht, dass ich ihnen nicht nachtrauere, aber kann es noch der Mühe wert sein, eine kühne Tat zu vollbringen, wenn man später mehr von einem schönen Rückzug als von einem

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