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Die Insel Des Vorigen Tages

Die Insel Des Vorigen Tages

Titel: Die Insel Des Vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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ihnen, ein gutes Stück mitten zwischen den Feinden vorzudringen, denn Uniformen trugen damals nur einige Sondereinheiten wie die Musketiere, und bei den anderen wußte man nie, wer zu wem gehörte. Endlich aber, als nur noch ein Niemandsland zu überqueren war, trafen sie auf einen Vorposten und wurden von einem Offizier angehalten, der sie höflich fragte, wer sie seien und wohin sie wollten, während hinter ihm eine Handvoll Soldaten auf dem Quivive war.
    »Signore«, sagte der alte Pozzo, »seid so gut, uns den Weg freizugeben, alldieweil wir hingehen müssen, uns an den rechten Ort zu begeben, um sodann auf Euch zu schießen.« Der Offizier zog den Hut, schwenkte ihn zu einem ehrerbietigen Gruß, der den Staub zwei Klafter weit vor ihm aufwirbelte, und sprach: »Senior, no es menor gloria vencer al enemi o con la cortesia en lapaz que con armas en la guerra.«
    Dann sagte er in gutem Italienisch: »Zieht Eures Weges, mein Herr, wenn nur ein Viertel der Unsern die Hälfte Eures Mutes hat, werden wir siegen. Möge der Himmel mir das Vergnügen gewähren, Euch auf dem Felde zu begegnen, und die Ehre, Euch zu töten.«
    » Fisti orb dan fast secc« , knurrte Pozzo zwischen den Zähnen, was in der Sprache seines Landes noch heute eine Wunschformel ist, die in etwa besagt, der Angesprochene möge erst seines Augenlichtes beraubt werden und gleich danach einen Schluckauf bekommen. Laut aber sagte er unter Aufbietung aller seiner Sprachkenntnisse und seines ganzen rhetorischen Wissens: » Yo tambtin!« Zog dann grüßend den Hut, gab seinem Pferd die Sporen, wenn auch nicht so stark, wie es die Theatralik des Augenblicks erfordert hätte, denn seine Leute mußten ihm ja per pedes folgen, und trabte in Richtung der Stadtmauer los.
    »Sag, was du willst, aber das sind noble Leute«, knurrte er, zu seinem Sohn gewandt, und es war gut, daß er den Kopf dabei senkte, denn so entging er dem Schuß einer Arkebuse, der von der Mauer auf ihn abgefeuert worden war. »Ne tirez pas, conichons, on est des amis, Nevers, Nevers!« rief er mit erhobenen Händen, und dann leiser zu Roberto: »Siehst du, das sind Leute, die keine Dankbarkeit kennen. Ich will ja nichts sagen, aber die Spanier sind besser.«
    So gelangten sie in die Stadt. Jemand mußte ihre Ankunft unverzüglich dem Garnisonskommandanten gemeldet haben, dem Seigneur de Toiras, der ein ehemaliger Waffenbruder des alten Pozzo war. Große Umarmungen, dann ein erster Gang über die Bastionen.
    »Lieber Freund«, sagte Toiras, »nach den Pariser Registern habe ich fünf Infanterieregimenter mit je zehn Kompanien, also zusammen zehntausend Mann. Aber Seigneur de la Grange hat nur fünfhundert Mann, Monchat hat zweihundertfünzig, und alles in allem kann ich auf eintausendsiebenhundert Mann zu Fuß zählen. Dazu habe ich noch sechs Kompanien Leichte Reiter, vierhundert Mann im ganzen, wenn auch gut ausgerüstete. Der Kardinal weiß, daß ich weniger Leute habe, als es sein müßten, aber er behauptet, ich hätte dreitausendachthundert Mann. Ich schreibe und beweise ihm das Gegenteil, aber Seine Eminenz gibt vor, nicht zu verstehen. Ich habe ein Regiment aus Italienern rekrutieren müssen, so gut es ging, Korsen und Moriferriner, aber, nehmt’s mir nicht übel, es sind schlechte Soldaten, und stellt Euch vor, ich habe den Offizieren befehlen müssen, ihre Burschen in eine eigene Kompanie zu stecken.
    Eure Leute werden sich dem italienischen Regiment anschließen, unter dem Befehl von Capitano Bassiani, der ein guter Soldat ist. Wir werden auch den jungen Herrn de La Grive dorthin schicken, damit er, wenn er ins Feuer geht, die Befehle auch gut versteht. Was Euch betrifft, lieber Freund, so werdet Ihr Euch einer Gruppe von tapferen Edelleuten anschließen, die wie Ihr aus freiem Willen zu uns gestoßen sind und meinen Stab bilden. Ihr kennt die Gegend und werdet mich gut beraten können.«
    Jean de Saint-Bonnet, Seigneur de Toiras, war ein hochgewachsener, dunkelhaariger und blauäugiger Mann in der vollen Reife seiner fünfundvierzig Jahre, cholerisch, aber großzügig und bereit zur Versöhnung, schroff im Ton, aber alles in allem umgänglich, auch mit den Soldaten. Er hatte sich als Verteidiger der Ile de Ré im Krieg gegen England hervorgetan, aber bei Richelieu und am Hofe genoß er, wie es scheint, keine besondere Sympathie. Die Freunde munkelten etwas von einem Dialog mit dem Siegelbewahrer de Marillac, der verächtlich zu ihm gesagt habe, man hätte zweitausend

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