Die Insel Des Vorigen Tages
Edelmänner in Frankreich finden können, die fähig gewesen wären, die Sache mit der Ile de Ré ebensogut zu erledigen, worauf Toiras erwidert habe, man könne viertausend finden, die fähig wären, das Siegel besser zu bewahren als Monsieur de Marillac. Seine Offiziere schrieben ihm noch einen weiteren schönen Ausspruch zu (der jedoch anderen zufolge von einem schottischen Hauptmann stammte): Während eines Kriegsrats in La Rochelle habe Pére Joseph, derselbe, der dann später Richelieus »Graue Eminenz«
werden sollte und sich gern als Stratege aufspielte, den Finger auf eine Karte gelegt und gesagt: »Hier setzen wir über«, worauf Toiras kühl erwidert habe: »Ehrwürdiger Vater, leider ist Euer Finger keine Brücke.«
»So ist die Lage, cher ami«, fuhr Toiras fort, während er die Bastionen abschnitt und auf die Landschaft deutete. »Die Bühne ist glänzend, und die Akteure sind die Besten aus zwei Reichen und vielen Signorien; wir haben sogar ein florentinisches Regiment vor uns, das von einem Medici kommandiert wird. Wir können auf Casale vertrauen, ich meine Casale als Stadt: Das Kastell, von dem aus wir den Flußabschnitt kontrollieren, ist eine regelrechte Bastille, es wird von einem tiefen Graben geschätzt, und hinter den Mauern haben wir Erdwälle aufgeschüttet, die den Verteidigern gute Dienste leisten werden.
Die Zitadelle hat sechzig Kanonen und Bollwerke nach allen Regeln der Kunst. An einigen Stellen sind sie schwach, aber ich habe sie mit Halbmonden und Batterien verstärkt. All das ist bestens geeignet, einem Frontalangriff standzuhalten, aber Spinola ist kein Anfänger: Seht die Bewegungen dort, sie sind dabei, Minengänge zu graben, und wenn sie hier unter uns angelangt sind, wird es sein, als hätten wir ihnen die Tore geöffnet. Um die Arbeiten zu unterbinden, müßten wir ins Freie hinaus, und da sind wir die Schwächeren. Und sobald der Feind jene Geschütze dort etwas näher herangebracht hat, wird er anfangen, die Stadt zu beschießen, und dann kommt die Stimmung der Bürger von Casale ins Spiel, auf die ich mich nicht verlassen möchte. Andererseits kann ich sie schon auch verstehen, ihnen liegt mehr an der Rettung ihrer Stadt als an dem Herrn von Nevers, und sie sind noch keineswegs überzeugt, daß es gut ist, für die Lilien Frankreichs zu sterben. Es wird darauf ankommen, ihnen klarzumachen, daß sie unter den Savoyern oder den Spaniern ihre Freiheit verlieren würden und daß Casale dann keine Hauptstadt mehr wäre, sondern nur noch irgendeine beliebige Festung wie Susa, die Savoyen jederzeit für eine Handvoll Scudi verkaufen würde. Im übrigen müssen wir improvisieren, sonst wär’s ja keine commedia all‘italiana . Gestern habe ich mit vierhundert Mann einen Ausfall in Richtung Frassineto gemacht, wo sich die Kaiserlichen zusammenzogen, und da sind sie zurückgewichen. Aber während ich dort beschäftigt war, haben sich Neapolitaner auf jenem Hügel genau gegenüber festgesetzt. Ich habe sie ein paar Stunden lang von der Artillerie beschießen lassen, und ich glaube, ich habe ein ganz schönes Gemetzel angerichtet, aber sie sind nicht abgezogen. Also sagt mir nun: Wessen Tag war das heute? Ich schwöre bei unserem Herrn im Himmel, ich weiß es nicht, und auch Spinola weiß es nicht. Aber ich weiß, was wir morgen tun werden. Seht Ihr jene freistehenden Häuser dort in der Ebene? Wenn wir sie kontrollieren würden, könnten wir viele feindliche Stellungen unter Beschuß nehmen. Ein Spion hat mir gesagt, daß sie verlassen seien, und das ist ein guter Grund, zu befürchten, daß sich jemand in ihnen versteckt hält - macht nicht so ein entrostetes Gesicht, junger Herr Roberto, und merkt Euch, erstes Theorem, daß ein guter Kommandant eine Schlacht nur gewinnt, wenn er sich der Spione gut zu bedienen weiß, und, zweites Theorem, daß ein Spion, da er ein Verräter ist, nichts dabei findet, diejenigen zu verraten, die ihn dafür bezahlen, daß er die Seinen verrät. In jedem Fall wird unsere Infanterie morgen jene Häuser besetzen. Es ist besser, statt die Truppen in der Stadt zu behalten, wo sie faul werden, sie dem Feuer auszusetzen, was eine gute Übung ist. Scharrt nicht so ungeduldig mit den Füßen, junger Herr Roberto, morgen wird noch nicht Euer Tag sein; doch übermorgen wird das Regiment Bassiani den Po überqueren müssen. Seht Ihr jene Mauern dort? Sie gehören zu einem Fort, das wir zu bauen begonnen hatten, ehe die Spanier kamen. Meine Offiziere sind
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