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Die Insel Des Vorigen Tages

Die Insel Des Vorigen Tages

Titel: Die Insel Des Vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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angelegt hatten, um Blumen und Pflanzen der Inseln, die sie erkundeten, nach Europa zu bringen, wobei Sonne, Wind und Regen ihr Überleben gewährleisten sollten. Ob das Schiff seine pflanzliche Beute tatsächlich über Monate hätte am Leben erhalten können oder ob nicht der erste Sturm sie mit Salz vergiftet hätte, konnte Roberto nicht sagen, aber der Umstand, daß diese Natur noch lebte, bestätigte ihm - wie schon die volle Speisekammer -, daß die Ladung erst vor kurzem an Bord genommen worden sein konnte.
    Blumen, Sträucher und kleine Bäumchen waren mit ihren Wurzeln und Schollen hergebracht und in allerlei Töpfen, Körben und rasch zusammengezimmerten Kästen eingepflanzt worden. Aber viele dieser Behälter waren angefault und aufgebrochen, die Erde war herausgekommen und hatte eine Schicht feuchtschwarzer Krume zwischen ihnen gebildet, in der sich bereits die Ableger einiger Pflanzen festzusetzen begannen, so daß es schien, als wüchse ein Garten Eden direkt aus den Planken der Daphne.
    Das Sonnenlicht war noch nicht so grell, daß es Robertos Augen schmerzte, aber schon hell genug, um die Farben des Blattwerks prangen und die ersten Blüten aufgehen zu lassen. Robertos Blick ruhte auf zwei Blättern, die ihm zuerst wie der Schwanz eines Krebses erschienen waren, auf denen weiße Blüten knospten, dann auf einem anderen zartgrünen Blatt, auf dem etwas wie eine halbe Blüte aus einem Büschel elfenbeinfarbener Beeren wuchs. Ein widerlicher Geruch zog seine Aufmerksamkeit auf ein gelbes Ohr, in das ein kleiner Maiskolben eingeführt schien, daneben hingen Girlanden von Porzellanschnecken, schneeweiß mit rosiger Spitze, und aus einer anderen Dolde hingen umgekehrte Trompeten oder Glöckchen, die leicht nach Mauerpfeffer rochen. Er sah eine zitronengelbe Blume, deren Veränderlichkeit er in den nächsten Tagen bemerken sollte, denn sie sollte am Nachmittag aprikosenfarben und bei Sonnenuntergang dunkelrot werden, und andere, die in der Mitte safrangelb waren und nach außen zu einem lilienartigen Weiß verblaßten. Er entdeckte Früchte mit rauher Schale, die er nicht zu berühren gewagt hätte, hätte nicht eine von ihnen, die kraft des Reifeprozesses zu Boden gefallen und aufgeplatzt war, ein granatapfelähnliches Inneres offenbart. Er wagte es, andere zu kosten, und beurteilte sie mehr mit der Zunge, mit der man spricht, als mit der, mit welcher man kostet, denn er bezeichnet eine von ihnen als Honigbeutel, geronnenes Manna in der Üppigkeit ihres Stammes, Juwel aus Smaragden, gekrönt mit winzigkleinen Rubinen. Wobei ich, wenn ich die Sache bei Licht betrachte, die Behauptung wagen würde, daß er etwas entdeckt hatte, was sehr ähnlich einer Feige war.
    Keine dieser Blumen oder Früchte war ihm bekannt, jede schien ihm der Phantasie eines Malers entsprungen, der die Naturgesetze verletzen wollte, um überzeugende Unwahrscheinlichkeiten, zerrissene Wonnen und köstliche Lügen zu erfinden - wie jene Blütenkrone mit einem weiblichen Flaum, der in einen lila Federbusch mündete, oder nein, eine verblaßte Primel, die einen obszönen Auswuchs hervortrieb, oder eine Maske, die ein Greisengesicht mit Bocksbart überzog. Wer mochte jenen Strauch ersonnen haben, dessen Blätter auf der einen Seite dunkelgrün mit wilden rotgelben Dekorationen waren und auf der anderen flammendrot, umgeben von fleischigen Blättern in zarterem Erbsengrün, die sich muschelförmig wölbten, so daß sie noch Wasser vom letzten Regen enthielten?
    Von der Suggestion des Ortes ergriffen, fragte Roberto sich nicht, von welchem Regen jenes Wasser stammen mochte, hatte es doch mit Sicherheit schon seit mindestens drei Tagen nicht geregnet. Die betäubenden Gerüche ließen ihn jede Zauberei für natürlich halten.
    Es schien ihm natürlich, daß eine schlaff herabhängende Frucht nach Blauschimmelkäse roch und daß eine Art violetter Granatapfel mit einem Loch am Boden, wenn man ihn schüttelte, einen klappernden Samen in seinem Innern hören ließ, als handle es sich nicht um eine Blume, sondern um ein Spielzeug, und er wunderte sich auch nicht über eine Blume in Form einer Lanzenspitze mit hartem gerundetem Boden. Roberto hatte noch nie eine Trauernde Palme gesehen, die wie eine Trauerweide aussah, und er hatte sie vor sich, ein Gewächs mit vielen Wurzelfüßen, aus denen ein Stamm aufragte, der in einem einzigen Blattbüschel endete, während die Blätter dieser zum pianto geborenen pianta erschöpft von ihrer eigenen Blüte

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