Die Insel Des Vorigen Tages
zurückzukehren, um eine Verteidigung der Stadt vorzubereiten, da ihm die Ehre einen Rückzug verbietet. Es würde ihm also gar nichts anderes übrigbleiben, als Casale sofort zu erobern. Da er das aber nicht mit einem Frontalangriff kann, müßte er ein Vermögen ausgeben, um Verrat zu schüren. Und von da an würde jeder Freund für uns zu einem Feind. Also schicken wir falsche Deserteure zu Spinola, um ihn zu überzeugen, daß die Entsatzarmee sich verspätet, lassen wir ihn Minengänge bauen, wo sie uns nicht allzusehr stören, zerstören wir diejenigen, die uns wirklich bedrohen, und lassen wir ihn sich in diesem Spiel zermürben. Signor Pozzo, Ihr kennt die Gegend: Wo können wir ihn in Ruhe lassen und wo müssen wir ihn um jeden Preis blockieren?«
Der alte Pozzo erklärte ohne Blick auf die Karten (die ihm zu verschnörkelt erschienen, um wahr zu sein), während er mit der Hand aus dem Fenster wies, daß der Boden an bestimmten Stellen moorig sei, weil vom Wasser des Flusses durchtränkt, und da könne Spinola graben, soviel er wolle, seine Leute würden bloß versinken und Schnecken schlucken. Während an anderen Stellen das Gängegraben eine Lust sei, und da müsse man mit der Artillerie reinhalten und Ausfälle machen.
»Gut«, sagte Toiras, »also werden wir sie morgen zwingen, sich zu bewegen, um ihre Stellungen vor der Bastion San Carlo zu verteidigen, und dann überraschen wir sie vor der Bastion San Giorgio.« Der Ausfall wurde gut vorbereitet, mit präzisen Instruktionen an alle Kompanien. Und da sich gezeigt hatte, daß Roberto über eine schöne Handschrift verfügte, behielt Toiras ihn von sechs Uhr abends bis zwei Uhr nachts bei sich, um ihm Anweisungen zu diktieren, danach bat er ihn, angekleidet auf einer Bank vor seinem Zimmer zu schlafen, um die Antworten entgegenzunehmen, sie zu prüfen und ihn, falls nötig, zu wecken. Was bis zur Morgendämmerung einige Male vorkam.
Als es hell wurde, standen die Truppen in den gedeckten Laufgängen der Kontreskarpe und innerhalb der Mauern bereit. Auf einen Wink von Toiras, der das Unternehmen von der Zitadelle aus leitete, rückte ein erstes, beträchtliches Kontingent in der irreführenden Richtung aus: eine Vorhut von Pikenieren und Musketieren, mit einer Reserve von fünfzig Musketonen, die in kurzem Abstand folgte, dann im Gevierthaufen ein Infanteriekorps von fünfhundert Mann und zwei Kavalleriekompanien. Es war eine schöne Parade, und wie man hinterher wußte, hatten die Spanier sie auch als solche genommen.
Roberto sah fünfunddreißig Mann unter dem Befehl von Hauptmann Columbat in loser Ordnung einen Schützengraben stürmen, und plötzlich tauchte der spanische Hauptmann hinter der Verschanzung auf und entbot ihnen einen artigen Gruß. Columbat und die Seinen blieben wohlerzogen stehen und erwiderten den Gruß mit gleicher Höflichkeit. Wonach die Spanier Anstalten machten, ihre Stellung zu räumen, und die Franzosen warteten ab. Toiras ließ von der Mauer eine Artilleriesalve auf den Schützengraben abgeben, Columbat verstand die Aufforderung, befahl den Angriff, die Kavallerie folgte und griff die Verschanzung über die Flanken an, die Spanier gingen unwillig wieder in Stellung und wurden überrannt. Die Franzosen wüteten unter ihnen wie die Berserker, und einer schrie bei jedem Hieb die Namen von bei früheren Ausfällen getöteten Kameraden: »Dies für Bessières, dies für die Meierei vom Brichetto!« Die Erregung war so groß, daß Columbat Mühe hatte, die Truppe wieder in Reih und Glied zu stellen, die Männer plünderten wie im Rausch unter den Gefallenen, schwenkten ihre Trophäen und zeigten sie in Richtung der Stadt: Ohrringe, Gürtel, ganze Piken voll aufgespielter Hüte.
Der Gegenangriff ließ auf sich warten, und Toiras machte den Fehler, das für einen Fehler zu halten, dabei war’s Kalkül. In der Meinung, die Kaiserlichen hätten vor, weitere Truppen zu schicken, um jenen Sturm aufzuhalten, lud er sie mit weiteren Artilleriesalven dazu ein, doch sie begnügten sich mit ein paar Kanonenschüssen in die Stadt, und eine Kugel ruinierte die Kirche Sant’Antonio, direkt neben dem Hauptquartier.
Toiras war’s zufrieden, und so befahl er der zweiten Abteilung, sich nun zur Bastion San Giorgio zu begeben. Es waren nur wenige Kompanien, aber unter dem Befehl von Seigneur de La Grange, einem trotz seiner fünfundfünfzig Jahre jugendlich wirkenden Manne. Mit vorgestrecktem Degen befahl er den Angriff auf eine verlassene
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