Die Insel Des Vorigen Tages
Philosophen, mit denen Ihr Umgang pflegt, hätten sagen können.«
»Sie haben es mir schon gesagt. und sie haben es mir auch bewiesen anhand der verschiedenen Arten von Salz, die nämlich immer, egal wie man sie zerstößt oder koaguliert, ihre natürliche Form wieder annehmen: Das gemeine Salz formt sich stets in Kuben mit quadratischen Seiten, der Salpeter in sechseckigen Stangen und das Salmiak in Hexagonen mit sechs Spitzen, ganz wie der Schnee.«
»Und das Urinsalz formt sich zu Fünfecken, woraus Herr Davidson die Form eines jeden der mehr als achtzig Steine erklärt, die sich in der Blase des Herrn Pelletier gefunden haben. Doch wenn Körper von gleicher Form sich leichter vermischen, werden sie aus demselben Grunde einander auch stärker anziehen als andere. Darum werdet Ihr, wenn Ihr Euch eine Hand verbrannt habt, schmerzlindernde Kühlung empfinden, sobald Ihr sie ein wenig ans Feuer haltet.«
»Mein Hauslehrer hat einmal, als ein Bauer von einer Viper gebissen worden war, den Kopf der Viper über die Wunde gehalten.«
»Natürlich. Das Gift, das zum Herzen unterwegs war, ist umgekehrt und zurückgeflossen zu seiner Hauptquelle, wo es in größerer Menge vorhanden war. Wenn man in Pestzeiten ein Gefäß mit Krötenpulver oder auch eine lebende Kröte und eine lebende Spinne oder sogar Arsen mit sich herumträgt, werden diese giftigen Substanzen die Infektion der Luft an sich ziehen. Und trockene Zwiebeln grünen im Kornspeicher, wenn die im Garten ausgesäten zu sprießen beginnen.«
»Und das erklärt auch die Gelüste der Kinder: Die Mutter begehrt sehr stark etwas, und ...«
»Da würde ich vorsichtiger sein. Manchmal haben gleiche Erscheinungen verschiedene Ursachen, und der Mann der Wissenschaft darf nicht jedem Aberglauben aufsitzen. Aber kommen wir zu meinem Pulver. Was ist geschehen, als ich das blutgetränkte Tuch unseres Freundes ein paar Tage lang der Einwirkung des Pulvers ausgesetzt habe? Zunächst haben Sonne und Mond aus großer Entfernung die Geister des Blutes, die sich auf dem Tuch befanden, dank der Wärme ihrer Umgebung angezogen, und die Geister des Vitriols, die sich im Blut befanden, konnten nicht umhin, den gleichen Weg zu gehen.
Zugleich aber fuhr die Wunde fort, große Mengen von warmen und feurigen Geistern auszusenden, wodurch sie die Luft um sich her anzog. Diese Luft zog andere Luft an und diese wieder andere, und die Geister des Blutes und des Vitriols, die weiträumig in der Luft verstreut waren, verbanden sich schließlich mit jener Luft, die andere Atome desselben Blutes mit sich trug. Und als nun die Atome des Blutes vom Tuch und diejenigen aus der Wunde sich begegneten und die Luft vertrieben wie einen unnütz gewordenen Weggefährten und sich zu ihrem Hauptwohnsitz hingezogen fühlten, also zur Wunde, da sind zusammen mit ihnen die Geister des Vitriols in das Fleisch eingedrungen und haben die Wunde geheilt.«
Aber hättet Ihr das Vitriol nicht auch direkt auf die Wunde tun können?«
»Das hätte ich, da ich die Wunde ja vor mir hatte. Aber wenn sie nun weit entfernt gewesen wäre? Und außerdem, wenn ich das Vitriol direkt auf die Wunde getan hätte, hätte seine ätzende Kraft sie noch sehr viel mehr schmerzen lassen, während es, wenn es durch die Luft transportiert wird, nur seinen sanften und balsamischen Teil abgibt, der die Blutung zu stillen vermag und auch in Augentropfen benutzt wird.«
Roberto horchte auf und beschloß, sich diesen Rat für die Zukunft zu merken, was sicherlich die Verschlimmerung seines Augenleidens erklärt.
»Allerdings«, fügte d’Igby hinzu, »darf man natürlich .nicht das gemeine Vitriol verwenden, wie man es früher gewöhnlich tat, womit man mehr Unheil als Heilung bewirkte. Ich beschaffe mir Zyprisches Vitriol, und bevor ich es anwende, kalziniere ich es an der Sonne: Die Kalzinierung nimmt ihm die überflüssige Feuchtigkeit, ich koche es sozusagen zu einer Kraftbrühe ein. Außerdem mache ich dadurch die Geister dieser Substanz bereit, sich von der Luft transportieren zu lassen. Schließlich füge ich noch Tragantgummi hinzu, der die Wunde schneller vernarben läßt.«
Ich habe mich deshalb so lange bei dem aufgehalten, was Roberto alles von d’Igby gelernt hatte, weil diese Entdeckung sein weiteres Schicksal bestimmen sollte.
Gesagt werden muß aber auch zur Schande unseres Freundes - und er selbst gesteht es in seinen Briefen
-, daß er nicht etwa aus Interesse an der Naturwissenschaft von diesen Enthüllungen
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