Die Insel - Roman
geflogen und hat sich umgesehen? Wesley. Wer hat vorgeschlagen, auf dieser Insel ein Picknick zu machen? Wer ist freiwillig auf dem Boot geblieben, während wir an Land gingen? Und wer ist - angeblich - in die Luft geflogen?«
»Möglicherweise hat er sich genau diese Insel ausgesucht, um den Unfall zu inszenieren«, sagte ich. »Vielleicht ist sie ihm letzte Woche aufgefallen, weil sie unbewohnt ist.«
»Genau«, sagte Billie. »Und sie musste nicht nur unbewohnt sein, sondern auch noch so weit ab vom Schuss, dass man uns nicht sofort findet.«
»Oder überhaupt nicht.«
»Und wo wir schon bei diesem Thema sind«, ergänzte Billie. »Es ist durchaus möglich, dass er eine falsche Spur gelegt hat, damit uns niemand so schnell vermisst oder wir ganz woanders gesucht werden.«
Ich nickte, wie schon so oft seit dem Beginn dieses Gesprächs.
»Wenn Wesley der Täter ist, dann war er bestimmt bei seinem Vorbereitungstrip letzte Woche schon einmal hier«, sagte ich.
»Warum?«
»Weil er schließlich von irgendwas leben muss, wenn er hier irgendeinen Plan durchzieht. Und dazu braucht er gewisse Vorräte.«
»Einen Plan?«, fragte Billie. »Wie soll der deiner Meinung nach aussehen?«
»Wie glauben denn Sie , dass er aussieht?«
»Ich habe zuerst gefragt.«
»Okay.« Ich atmete tief durch. »Zuerst einmal: Wesley würde nichts von alledem tun, wenn er Thelma wirklich lieben würde.«
»Da stimme ich dir zu. Er hat sie nie geliebt. Im Gegenteil, ich hatte immer den Eindruck, dass er sie kaum ertragen konnte.«
»Warum hat er sie dann geheiratet?«
»Weil sie sehr reich ist. Wie wir alle, dank Andrew.«
»Richtig. Okay. Wenn Wesley uns hier auf dieser Insel schiffbrüchig werden lässt, wie kann er dann an das Geld kommen?«
»Ganz einfach. Er muss nur dafür sorgen, dass er der einzige Überlebende ist.«
Wir sahen uns an und verzogen das Gesicht.
»Was würde er denn erben?«
»Alles.«
»Großer Gott.«
»Er müsste uns nur alle aus dem Weg räumen.«
»Vielleicht ist das sein Plan«, sagte ich. »Und wenn, dann ist er damit schon ein großes Stück weit vorangekommen - er hat den stärksten Mann in der Gruppe getötet.«
»Da wäre ich mir mal nicht so sicher«, sagte Billie und lächelte. »Andrew ist auch kein Schwächling.«
»Vermutlich steht er als Nächster auf der Liste.«
Sie schüttelte den Kopf. »Das lassen wir nicht zu.«
»Wir müssen mit den anderen darüber reden.«
»Thelma wird nicht gerade begeistert sein. Sie zumindest sollten wir herauslassen.«
»Vielleicht wäre es gut, wenn wir mit jedem einzeln darüber sprächen«, schlug ich vor.
»Gute Idee.«
»Es kann schließlich auch sein, dass wir völlig daneben liegen. Das sind ja alles nur Vermutungen - möglicherweise ziemlich weit hergeholte.«
»Aber es passt alles«, sagte Billie.
»Richtig. Trotzdem sind die Dinge manchmal wirklich so, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Vielleicht hat sich Wesley ja tatsächlich aus Versehen mit dem Boot in die Luft gejagt.«
»Und wer hat dann Keith umgebracht …?«
»Ein Irrer, der hier auf der Insel lebt?«
Billie zog einen Mundwinkel hoch. »Warum nicht gleich Robinson Crusoe?«
»Oder Freitag.«
Billie schüttelte lächelnd den Kopf.
Auf einmal fühlte ich mich ein wenig schuldig, weil ich einen Witz gemacht hatte. Schließlich war Keith noch keinen Tag lang unter der Erde. »Eigentlich ist es nicht wichtig, wer ihn getötet hat«, sagte ich mit ernster Stimme. »Es geht viel mehr darum, dass der Mörder noch irgendwo auf dieser Insel herumschleicht. Egal, ob es nun Wesley ist oder sonst wer.«
»Trotzdem wüsste ich gerne, mit wem wir es zu tun haben.«
»Ich auch«, sagte ich.
»Wenn ich mir vorstelle, dass es Wesley ist, der uns aus dem Weg räumen will, ist es nicht ganz so schlimm. Zumindest kennen wir ihn und wissen, wie er ist. Und wenn der Mörder nicht Wesley ist, ist er vielleicht zehnmal so gefährlich wie er.«
»Lieber Wesley als ein durchgeknallter Menschenfresser.«
»Genau.«
»Was machen wir also mit unserer Theorie?«, fragte ich.
»Siehst du irgendwelche größeren Fehler darin?«
»Nein. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass Wesley Keith ermordet hat - wenn man mal die Tatsache außer Acht lässt, dass er gestern in die Luft geflogen ist.«
»Möglicherweise ist er das ja gar nicht.«
»Wir haben nichts von ihm gefunden«, gab ich zu. »Was aber nicht bedeuten muss, dass er nicht in die Luft geflogen ist.«
»Eines habe ich aus
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