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Die Insel - Roman

Titel: Die Insel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon Thomas A Merk
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sonderlich nahe gestanden, während sich für die anderen mit einem Schlag ihr ganzes Leben verändert hatte.
    Trotzdem ging mir ihre Totenklage irgendwie auf den Geist. Vielleicht, weil mir dadurch immer deutlicher bewusst wurde, dass ich höchstwahrscheinlich das nächste Opfer des Mörders werden würde, vielleicht aber auch, weil ich Hunger hatte und sie das vor lauter Herumlamentieren nicht bemerkten.
    Für sie schien ich einfach nicht mehr zu existieren. Zumindest kam es mir so vor.
    Weil mich sowieso niemand vermissen würde, beschloss ich, einen Spaziergang zu machen. Seit Keith und Kimberly
von der Lagune berichtet hatten, war ich gespannt, wie sie wohl aussah, und wäre gerne darin geschwommen. Jetzt schien mir der richtige Zeitpunkt gekommen, sie mir anzusehen. Also nahm ich meinen Bücherrucksack und einen der Speere und ging los in Richtung Dschungel.
    Ich hatte keine Angst.
    Wenn mich irgendeine Dschungelkreatur angegriffen hätte, wäre ihr das vermutlich schlecht bekommen.
    Und was den Mörder betraf - der war meiner festen Überzeugung nach ganz woanders. Auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie groß die Insel wirklich war, und er gut drei Stunden Zeit gehabt hatte, um sich wieder in den Dschungel zu schleichen, war er meiner Meinung nach meilenweit entfernt.
    Jetzt, wo er uns das Dingi weggenommen hatte, hatte er alle Zeit der Welt, um mich zu töten.
    Und wenn er es dann irgendwann tat, würde es wohl niemanden sonderlich berühren.
    Verbittert und zu allem entschlossen ging ich den Strand hinauf. Als ich die Stelle erreicht hatte, an der der Bach aus den Büschen kam, rief Kimberly mir hinterher: »Rupert, was machst du denn?«
    Ich antwortete ihr über die Schulter: »Will mir mal die Lagune anschauen.«
    »Bist du verrückt? Komm sofort zurück.«
    Ich drehte mich um, ging aber rückwärts weiter auf den Dschungel zu. »Ich bleibe nicht lange weg.« Alle vier Frauen sahen mich jetzt an.
    »Rupert!«, schrie Billie.
    »Du kannst nicht alleine in den Dschungel gehen«, rief Kimberly. »Wenn du unbedingt zu der Lagune musst, gehen wir alle mit.«

    »Ich muss nicht.« Auf einmal kam ich mir wie ein Blödmann vor. Es gefiel mir zwar, dass ich ihnen offensichtlich doch nicht ganz egal war, aber ich fühlte mich trotzdem ziemlich unwohl, weil ich mich mit meiner Aktion so in den Vordergrund gespielt hatte. Also trottete ich langsam zurück zu den anderen.
    »Wir sollten jetzt alle etwas essen«, sagte Thelma. »Was meint ihr dazu? Ich jedenfalls komme fast um vor Hunger.«
    »Gute Idee«, sagte ich.
    Jetzt, wo ich wieder da war, verloren die Frauen wieder ihr Interesse an mir. Nur Kimberly ließ mich nicht aus den Augen, und ich erwiderte ihre Blicke.
    Sie stand mit leicht gespreizten Beinen im Sand und hatte die linke Hand in die Hüfte gestemmt, während sie in der rechten einen Speer hielt. Ihre langen Haare und Keiths Hawaiihemd flatterten im Wind, und ihre gebräunte Haut glänzte im Sonnenlicht.
    Ich wünschte, ich hätte sie fotografieren können.
    Andrew hatte eine Kamera mit auf die Insel gebracht, an die ich mich aber erst jetzt, als ich Kimberly in dieser tollen Pose dastehen sah, wieder erinnerte. Eigentlich müsste die Kamera noch im Picknickkorb sein, denn niemand hatte sie seit der Explosion des Bootes benutzt. Ich denke, ich werde sie dort lassen. Erstens gehört sie mir nicht, und zweitens wäre ich mir ziemlich seltsam vorgekommen, wenn ich an einem Tag wie diesem herumgeknipst hätte.
    Trotzdem hätten wir Fotos von den Leichen machen sollen, aber offenbar hatten die anderen auch nicht an die Kamera gedacht.
    Anhand der Fotos hätten wir den Behörden zeigen können, wie Keith und Andrew ums Leben gekommen waren.
(Bei Andrew ist es zu spät, der treibt jetzt draußen auf dem Meer, aber Keith hätten wir theoretisch wieder ausgraben und fotografieren können, nur werde ich nicht derjenige sein, der diesen Vorschlag macht).
    Wie dem auch sei, Kimberlys Zuwendung hatte meine Stimmung schlagartig verbessert, und sie anzuschauen, wie sie so dastand, war wirklich ein Genuss.
    Weil es uns am Lagerfeuer zu warm war, setzten wir uns rings um unsere aufgestapelten Vorräte in den Sand. Wie üblich kümmerte sich Billie ums Essen und verteilte Käse und Kräcker, die noch vom Picknick übrig waren. Es gab kräftig schmeckenden Emmentaler und geräucherten Edamer, den Billie mit Andrews Taschenmesser in Scheiben schnitt. Außerdem machte sie eine Flasche Wein auf, die Keith vom Grund der Bucht

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