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Die Insel - Roman

Titel: Die Insel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon Thomas A Merk
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die Tränen aus den Augen. »Danke, dass du mir geholfen hast, Rupert«, sagte sie.
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Du hast Recht mit dem, was du gerade gesagt hast. Dass die anderen ihn nicht so sehen sollten. Ich wünschte, ich hätte ihn auch nicht … und Dad selbst würde uns lieber so in Erinnerung bleiben, wie er war. Weißt du?«
    »Deshalb dachte ich, es wäre besser, ich würde zum Lager gehen und etwas holen, mit dem wir ihn zudecken können.«
    »Das ist nicht nötig. Ich werde ihn übers Riff hinaus ins offene Meer ziehen.«
    »Wie bitte?«
    »Dad hat sich immer eine Seebestattung gewünscht. Und die soll er bekommen.«

    »Meinst du nicht, dass es besser wäre, ihn neben Keith zu bestatten? Dann können wir ihn mitnehmen, wenn wir gerettet werden.«
    Kimberly schüttelte den Kopf. »Mit Keith ist das etwas anderes. Ich weiß, was Dad wollte.«
    »Sollten wir nicht Billie fragen, was sie dazu meint?«
    »Bring sie her. Auch Connie und Thelma. Sie sollen alle kommen. Ich warte im Wasser auf sie. Mit Dad.«
    »Soll ich dir helfen?«
    »Nein, hol die anderen.«
    Ich konnte es mir aussuchen, ob ich schwimmen oder über die Felsen klettern wollte. Da ich barfuß war, entschied ich mich fürs Schwimmen. Als ich im Lager ankam, saßen Billie und Connie noch im Sand. Billie hatte den Arm um Connie gelegt, und Thelma, die neben ihnen stand, sah mich kommen und schüttelte schluchzend den Kopf.
    Niemand hatte etwas gegen Kimberlys Plan einzuwenden. Anscheinend hatte Andrew allen klar gesagt, dass er auf dem Meer bestattet werden wollte.
    Ich zog meine Schuhe an und ging mit den anderen zur Felsspitze.
    Kimberly war nicht weit hinausgeschwommen und trat etwa zehn Meter vom Strand entfernt Wasser, während Andrews Leichnam neben ihr schwamm. Obwohl das Wasser kristallklar war, konnte man nicht sehen, wie schlimm er aussah, denn Kimberly hatte die Leiche auf den Bauch gedreht. Außerdem konnte man bei dem Sonnenlicht, das blendend grell von der Wasseroberfläche reflektiert wurde, ohnehin kaum etwas erkennen außer Andrews grau behaartem Rücken und seinem rechten Arm, an dem Kimberly ihn festhielt.

    »Ich ziehe Dad jetzt hinaus«, sagte sie. »Hat jemand von euch etwas dagegen einzuwenden?«
    Connie und Thelma schluchzten beide so stark, dass es einem schier das Herz zerriss.
    Billie wischte sich die Tränen aus den Augen und sagte: »Ich will mitkommen.« Dann ging sie ins Wasser und schwamm zu Kimberly. Als sie bei ihr angekommen war, nahm sie Andrews linken Arm, und dann schwammen sie beide weiter hinaus und zogen den Toten hinter sich her.
    Es war ein so rührender Anblick, dass ich selber zu weinen anfing - und das, obwohl ich den Mann nie sonderlich gemocht hatte.
     
    Das war vor ein paar Stunden. Nach der »Seebestattung« gingen wir alle zum Lager zurück.
    Die Stimmung hier ist sehr gedrückt.
    Seit wir vor zwei Tagen auf dieser Insel gestrandet sind, haben Billie, Kimberly und Thelma auf ganz unterschiedliche Weise ihre Ehemänner verloren. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, haben Kimberly, Thelma und Connie jetzt auch keinen Vater mehr.
    Ich bin der Einzige hier, der nicht einen oder mehrere geliebte Menschen verloren hat, aber dafür bin ich vermutlich derjenige, den sich der Mörder als nächstes Opfer aussuchen wird.
    Gerade habe ich hier am Strand mein Tagebuch nachgetragen. Das lässt mich unsere missliche Situation zwar nicht vergessen, aber zumindest denke ich beim Schreiben nicht ständig daran, in welcher Gefahr ich mich befinde.
    Es besteht kein Zweifel daran, dass ich der Nächste auf der Liste bin, oder?

    Er muss mich umbringen, damit ihm kein Mann mehr im Weg steht.
    Aber was ist das für ein Weg? Und wo führt er hin?
    Zu den Frauen.
    Er will die Frauen.
    Wir müssen uns etwas einfallen lassen, bevor es zu spät ist.

Wir schmieden einen Plan
    Obwohl es noch Vormittag war, bekam ich, nachdem ich mein Tagebuch nachgetragen hatte, Hunger. Niemand hatte auch nur einen Bissen gefrühstückt, trotzdem schienen die anderen überhaupt nicht ans Essen zu denken.
    Leider kann man sich als Schiffbrüchiger nur schlecht allein über irgendwelche Nahrungsmittel hermachen - das sieht dann gleich so aus, als wolle man sich auf diese Weise mehr als die einem zustehende Ration einverleiben. Aber ich wollte die Frauen in ihrer Trauer nicht stören.
    Ich fühlte mich mehr denn je als Außenseiter, denn ich war der Einzige, der um niemanden trauern musste. Ich hatte den Ermordeten nicht

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