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Die Insel - Roman

Titel: Die Insel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon Thomas A Merk
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nicht und fuhr fort, Kimberly etwas zuzurufen.
    Connie, die auf die Knie gesunken war, hatte sich wieder hochgerappelt und kreischte, während sie angestrengt hinaus zu dem Dingi starrte, immer noch »Dad!«
    Ich streifte meine Schuhe von den Füßen und rannte zum Wasser.
    Keine Ahnung, was ich damit bezwecken wollte.
    Während ich hinaus in die Bucht watete, hörte ich, wie ein Motor angelassen wurde und blieb stehen. Bis zur Hüfte im Wasser sah ich das Dingi sich nach rechts bewegen. Der Mörder saß am Heck und steuerte.
    Vielleicht war es Wesley.
    Aber es hätte genauso gut jemand anderer sein können.
    Das Boot nahm rasch Fahrt auf.
    Kimberly schwamm weiter, aber sie konnte das Dingi unmöglich einholen.

Da war es nur noch einer
    Ich bin das einzige männliche Wesen, das jetzt noch übrig ist. Oberflächlich betrachtet ist das ja ein beneidenswerter Zustand, als einziger Mann mit vier Frauen auf einer einsamen tropischen Insel zu sein.
    Aber leider gibt es da einen entscheidenden Haken:
    Die anderen drei Männer unserer Reisegruppe mussten in rascher Folge ihr Leben lassen. (Falls man Wesley dazu zählt, der entweder tot oder der Mörder ist.)
    Die Frauen hingegen sind noch vollzählig.
    Was mich zu der Frage bringt, wie sicher man als Mann auf dieser Insel ist.
    Oder anders gefragt: Wen wird sich der Mörder wohl als Nächsten vorknöpfen?
    Ich weiß nicht so recht, was ich tun soll. Abhauen ist kaum möglich, seit der Killer sich unser Dingi geschnappt hat. Kein Mensch kann sagen, wo es jetzt ist. Als ich es das letzte Mal sah, fuhr es auf die Nordspitze der Bucht zu. Kimberly und ich hatten gerade Andrews Leiche zu den Felsen am Rand der Bucht gebracht (etwa an die Stelle, an der Billie und ich gestern Abend das Geschirr abgewaschen hatten).
    Jetzt, nachdem ich die Wunde gesehen habe, bin ich mir hundertprozentig sicher, dass die Waffe, mit der Andrew getötet wurde, eine Axt gewesen sein muss. Sie hatte seinen Schädel bis fast zum Unterkiefer hinab in zwei Hälften
gespalten. Nur noch sein Hinterkopf war halbwegs intakt, aber vorne klaffte ein breiter Spalt, der direkt durch Andrews Gesicht lief. Als wir die Leiche auf die Felsen zogen, quoll daraus immer noch eine blutige Masse hervor. So etwas Gruseliges habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. An seinem Gesicht hätte man Andrew jedenfalls nicht mehr wieder erkennen können.
    Für Kimberly muss es grauenvoll gewesen sein, ihren Vater so zu sehen, und irgendwie empfand ich es als eine Ironie des Schicksals, dass er gestern noch so verzweifelt versucht hatte, den toten Keith vor ihr zu verbergen. Jetzt lag er selbst vor uns, sah sehr viel schlimmer aus als Keith - und er konnte nichts mehr tun, um seiner Tochter den Anblick zu ersparen.
    Im Gegensatz zu Kimberly musste ich mich übergeben.
    Nachdem wir Andrew aus dem Wasser gezogen hatten, setzte sie sich mit dem Rücken zu mir und dem Toten auf einen Felsen, schlang die Arme um die Unterschenkel und starrte aufs Meer hinaus. Genau so hatte sie gestern lange am Strand gesessen, nachdem sie Keith begraben hatte.
    Das Dingi war jetzt schon fast nicht mehr in Sicht.
    Ich überlegte, ob ich mich nicht neben sie setzen und sie vielleicht sogar in den Arm nehmen sollte. Gewollt hätte ich es auf alle Fälle. Ich hätte sie wirklich gern getröstet. Aber weil sie es vielleicht so aufgefasst hätte, als wolle ich einen Vorteil aus ihrer Situation schlagen, traute ich mich schließlich doch nicht.
    Nach einer Weile fragte ich: »Was machen wir jetzt?«
    Sie schüttelte bloß den Kopf.
    »Es wäre nicht gut, wenn die anderen ihn so sehen würden«, sagte ich und dachte, dass Andrew, wenn er noch am Leben gewesen wäre, bestimmt genauso gedacht hätte.

    Kimberly saß nur da und starrte weiter hinaus aufs Meer.
    »Soll ich eine Decke holen oder so?«, fragte ich.
    »Ja.«
    »Bist du sicher, dass du alleine hier bleiben willst?«
    Sie nickte.
    Aber als ich mich zum Gehen wandte, sagte sie: »Halt, warte.« Sie stand auf und drehte sich um. Ich bemerkte, dass sie leise weinte. Sie wischte sich mit der Hand über die Augen und zog die Nase hoch. »Einen Augenblick bitte. Okay?«
    »Klar doch.«
    »Bin gleich wieder in Ordnung … dauert nicht lang.«
    Ich bemühte mich, sie nicht anzustarren, denn davon bekam ich Schuldgefühle. Als Mann sollte man sich nicht dafür interessieren, wie toll eine Frau im Bikini aussieht, wenn ihr Vater gerade mit einer Axt erschlagen wurde.
    Kimberly wischte sich noch einmal

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