Die Insel - Roman
auf die Jagd.
Auf eine Mission, die Thelma retten und Wesley endgültig unschädlich machen soll.
Zuvor aber aßen wir noch eine Kleinigkeit und überlegten uns, was wir mit dem Feuer machen sollten. Bisher hatten wir uns an Andrews Rat gehalten und es nicht ausgehen lassen. Jetzt aber rechneten wir damit, dass wir den ganzen Tag fort sein würden, und um es so lange am Brennen zu halten, hätten wir jemanden zurücklassen müssen, der sich darum kümmert.
Aber wir lassen niemanden alleine zurück.
Und zwei zurücklassen, die sich gegenseitig bewachen, während sie auf das Feuer aufpassen, können wir uns nicht leisten, denn dann hätten nur noch zwei von uns auf die Jagd gehen können.
Und das, darüber waren wir uns alle einig, war ein Ding der Unmöglichkeit.
Also beschlossen wir, das Feuer ausgehen zu lassen.
Immerhin hatten wir ja noch Andrews Feuerzeug.
Billie ging hinüber zu ihrem Lager, nahm Andrews Shorts und durchsuchte die Taschen. Sie fand seine Pfeife, Tabaksbeutel, Brieftasche und Schlüssel sowie das weiße Taschentuch, das Andrew dem toten Keith übers Gesicht
gelegt hatte. Als sie zu uns zurückkam, hielt sie stolz das Feuerzeug in der Hand.
Als sie es ausprobierte, brannte es auf Anhieb mit kräftiger Flamme.
Dann fragte sie uns, ob jemand Andrews Hose anziehen wolle. »Die hat so große, tiefe Taschen«, erklärte sie.
Stauraum für Dinge zum Mitnehmen konnten wir dringend gebrauchen, denn die einzige Tasche, die uns bisher dafür zur Verfügung stand, war die Brustasche in Keiths Hawaiihemd, das jetzt Kimberly trug. Die aber war so klein und wenig Vertrauen erweckend, dass Kimberly nicht einmal das Schweizer Messer hineinstecken wollte.
Und dann hatten wir natürlich noch meinen Rucksack, den ich unter ein paar Handtüchern an meinem Schlaflager versteckt hatte. Eigentlich wollte ich damit lieber nicht den ganzen Tag im Dschungel herumlaufen, denn der Rucksack ist die Heimat meines Tagebuchs, und das ist ein dickes, spiralgebundenes Notizbuch, das mindestens ein Kilo wiegt.
»Na, wer möchte sie anziehen?«, fragte Billie noch einmal und hielt die Shorts in die Höhe.
Niemand meldete sich freiwillig.
Wahrscheinlich, weil die Hose den an ihre Bikinis gewöhnten Frauen viel zu groß und schwer erschien.
»Nimm du sie«, sagte Connie zu mir. »Es ist eine Männerhose, und du bist das einzige männliche Wesen hier.«
»Ich will sie aber nicht«, antwortete ich, denn ich erinnerte mich daran, wie Andrew sie ausgezogen und Keiths Leiche auf den nackten Unterleib gelegt hatte.
»Zieh sie doch über deine Badehose an«, schlug Connie vor.
»Das ist mir zu warm.«
»Gut, dann nehme ich sie«, erklärte sich Kimberly bereit.
Sie klang nicht gerade begeistert, und auch mir gefiel dieser Vorschlag nicht. Ehrlich gesagt, mir wäre es am liebsten gewesen, wenn niemand die Hose angezogen hätte, aber bei den Frauen wäre es mir besonders unangenehm gewesen. »Okay«, sagte ich also. »Gib sie mir.«
Ich ließ mir von Billie die Shorts geben und wollte sie anziehen.
»Halt«, sagte Billie. »Zieh erst deine Badehose aus. Wenn du beides trägst, kommst du um vor Hitze. Und außerdem sieht deine Badehose schlimm aus.«
Das fand ich nun wieder nicht. Schlimm war etwas anderes. Das meiste Blut hatte ich in der Nacht herausgewaschen.
Ich suchte nach einem Ort zum Umziehen.
»Mach es doch gleich hier«, sagte Kimberly und klang dabei ziemlich nüchtern.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich gehe hinüber zu den Felsen.«
»Nun sei doch nicht albern«, sagte Billie. »Tu’s hier, wir schauen dir schon nichts weg.«
»Wer würde denn so was wollen?«, fragte Connie mit einem hämischen Grinsen.
Ich seufzte. Und dann sagte ich: »Okay, von mir aus.«
Nachdem sich die Frauen umgedreht hatten, zog ich mir die Badehose aus. Es fühlte sich seltsam an, am helllichten Tag nackt an einem Strand zu stehen, und das auch noch so nahe an drei Frauen, dass ich sie fast hätte berühren können. Sie trugen selbst nicht allzu viel am Leib, aber immer noch mehr als ich.
Auf einmal bekam ich eine mächtige Erektion, und ich schlüpfte, so schnell ich konnte, in Andrews Shorts.
»Schon fertig?«, fragte Billie.
»Fast.«
Ich zwängte mich in die Hose und zog den Reißverschluss hoch. Die Shorts waren groß und weit und schlotterten mir um die Hüften, aber nachdem ich sie nach oben gezogen und den Gürtel zugemacht hatte, rutschten sie nicht mehr herunter.
»Okay?«, fragte Billie.
»Ja, so weit
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